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Der steinerne Kreis

Der steinerne Kreis

Titel: Der steinerne Kreis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean-Christophe Grangé
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hatte sich eine Strategie ausgedacht, um mit ihren Nachforschungen zu beginnen, eine ganz einfache, aber realistische Vorgehens weise. Zuerst bestellte sie ein Frühstück, dann setzte sie sich mit der französischen Botschaft in Verbindung und fragte nach dem wissenschaftlichen Attache – alle diplomatischen Vertretungen beschäftigen neben den traditionellen Kulturattaches einen Wissenschaftsbeauftragten. Bereits nach einer Minute tönte eine autoritäre Stimme aus dem Hörer. Diane nannte ihren – richtigen – Namen und stellte sich als Journalistin vor.
    »Im Auftrag welcher Zeitung?«, unterbrach sie die Stimme.
    »Äh … Ich bin freie Mitarbeiterin.«
    »Freie Mitarbeiterin bei welchem Blatt?«
    »Freie Mitarbeiterin bei mir selbst.«
    »Aha, von dieser Sorte«, knurrte der Mann.
    Diane wechselte den Ton. »Können Sie mir jetzt eine Auskunft geben oder nicht?«, fragte sie.
    »Ich höre.«
    »Ich brauche Informationen über Tokamaks. Das sind Kernfusionsre…«
    »Ich weiß sehr gut, was das ist.«
    »Na gut. Dann wissen Sie vielleicht, wo man die Archive dieser Labors finden kann? Es gibt doch sicher eine Akademie in Moskau, wo …«
    »Das Kurschatow-Institut. Dort werden sämtliche Unterlagen zur Forschung über kontrollierte Kernfusion aufbewahrt.«
    »Geben Sie mir die Adresse?«
    »Können Sie Russisch?«
    »Nein.«
    Der Wissenschaftsbeauftragte brach in Gelächter aus. »Was für Recherchen sollen das denn werden?«
    Diane bemühte sich, ruhig zu bleiben. In demütigem Ton fragte sie: »Wissen Sie vielleicht einen Dolmetscher für mich?«
    »Ich weiß noch was Besseres. Einen jungen Russen, Experten für Kernfusion. Kamil Goroschow. Er spricht perfekt Französisch. Er war auf mehreren Forschungsreisen in Frankreich.«
    »Und Sie meinen, er wäre bereit, mir zu helfen?«
    »Haben Sie Geld?«
    »Ein bisschen.«
    »Dollars?«
    »Ja, Dollars.«
    »Dann ist es kein Problem. Ich rufe ihn sofort an.«
    Diane bedankte sich und gab ihm ihre Telefonnummer und Adresse durch. In der nächsten Minute kam das Frühstück. Im Schneidersitz auf dem Bett verschlang sie altbackene Brötchen und genoss den Tee, der viel zu lange gezogen hatte. Er wurde in einem Glas mit einem Henkel aus ziseliertem Silber serviert:
    Allein dieses Detail wog für sie alle Croissants der Welt auf. Sie fühlte sich merkwürdig leicht und besänftigt – als hätte der nächtliche Flug eine unüberwindliche Schutzmauer zwischen ihr und den Ereignissen in Paris errichtet.
    Das Telefon läutete: Kamil Goroschow erwartete sie in der Eingangshalle.
    Die Halle des Ukrainia trug noch die Spuren stalinistischer Pracht. Die Sonne, die durch die hohen Fenster hereinschien, verwandelte die Gardinen in reinweiße Stalaktiten, während auf dem marmornen Fußboden irisierende Lichter schillerten. Diane entdeckte einen jungen Burschen in einem viel zu großen Anorak, der vor der Rezeption auf und ab marschierte. Er warf fortwährend Blicke nach rechts und nach links, wie ein Landstreicher auf der Flucht.
    »Kamil Goroschow?«
    Der Mann fuhr herum. Er hatte Katzenaugen und lange, schwarzseidene Haare. Statt einer Antwort fegte er sich nervös eine Haarsträhne aus der Stirn. Auf Französisch stellte Diane sich vor. Der Russe lauschte in einer Haltung, die halb argwöhnisch und halb angriffslustig war. Sie zögerte: Sie war sich gar nicht mehr sicher, dass sie die richtige Person angesprochen hatte. Doch der Katzenmensch fing unvermittelt zu sprechen an und fragte in einem energischen Französisch: »Sie interessieren sich für die Tokamaks?«
    »Für den TK 17«, präzisierte Diane.
    »Den Schlimmsten von allen.«
    »Was meinen Sie damit?«
    »Den Leistungsfähigsten. Er ist der einzige, der immerhin für ein paar tausendstel Sekunden die Fusionstemperatur der Sterne erreicht hat.«
    Er warf ihr ein beunruhigendes Grinsen unter seinem Kosakenschnurrbart zu, dann ließ er einen missbilligenden Blick durch die Hotelhalle schweifen, als riefe er die gesamte Lobby zum Zeugen, und Diane hatte den Eindruck, als nährte sich seine ganze eindrucksvolle Erscheinung ausschließlich von finsteren Gedanken.
    »Sie kennen die Sage von Prometheus?«, fragte er unvermittelt.
    Ein Russe, der in einer verstaubten Hotelhalle aus heiterem Himmel mit einer Unbekannten über griechische Mythologie plaudern will – mit allem hätte sie eher gerechnet als damit. Aber sie spielte mit: »Der Mann, der den Göttern das Feuer gestohlen hat?«
    Wieder ein Grinsen, wieder ein

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