Der sterbende Detektiv - Roman
noch Kontakt, bevor sich Vera Nilsson das Leben nahm?«
»Immer wieder. All die ganzen Jahre. Bei der Arbeit, aber auch privat. Alm hakte an diesem Punkt mehrmals nach. Und da erzählte sie, dass Vera Nilsson in der letzten Zeit mehr Sorgen gehabt zu haben schien als sonst. Sie hatte sie sogar darauf angesprochen, aber keine Antwort erhalten. Die Freundin sagte während der Vernehmung, dass sie mehr oder weniger davon ausgegangen sei, dass es um Veras Sohn gegangen sei. Laut der Freundin sei er immer ein Gauner und
ein Früchtchen gewesen. Eine Quelle ständigen Kummers für seine Mutter. Den letzten Kontakt mit Vera habe sie einige Wochen vor ihrem Tod gehabt, als sie mit ihr telefoniert habe.«
»Nun denn«, seufzte Johansson.
»Was tun wir jetzt?«, fragte Jarnebring.
»Ich muss nachdenken«, erwiderte Johansson.
»Mensch, Lars, reiß dich verdammt noch mal zusammen«, sagte Jarnebring.
»Hast du einen besseren Vorschlag?«
»Was hältst du von einem Frontalangriff? Wir besorgen uns eine DNA-Probe von diesem Schwein, und wenn wir einen Treffer erhalten, dann brauchen wir keine Zeile mehr zu lesen.«
»Ich versteh schon«, meinte Johansson. »Lass mich über das Wochenende darüber nachdenken, wie wir weiter vorgehen. «
»Klar«, meinte Jarnebring. »Solltest du dich vorher besinnen, brauchst du mich nur anzurufen. Dann begeben wir uns ins Feld, nutzen den Asphalt etwas ab und legen das Ohr auf die Gleise.«
Muss nachdenken, dachte Johansson. Wie auch immer man das mit einem Kopf bewerkstelligen will, der bei jedem Versuch gleich mörderisch weh tut.
70
Samstag, 7. August 2010
Nach dem Frühstück fuhr Pia mit ihrer besten Freundin zum Pilzepflücken aufs Land.
»Macht jetzt bloß keinen Unsinn, Jungs«, sagte Pia, küsste ihren Mann auf den Mund und nahm Max mütterlich in den Arm.
»Versprochen«, sagte Johansson, der bereits ein langes, altmodisches Mittagessen zusammen mit seinem Hilfsburschen ins Auge gefasst hatte. Vielleicht sollte ich ja auch noch Jarnebring anrufen, dachte er.
Jarnebring hielt das für eine ausgezeichnete Idee. Sogar so gut, dass ihn Max zu Hause abholen sollte. Zwei Stunden später saßen sie im Auto auf dem Weg zu dem Lokal, das Johansson als sein »ländliches Wirtshaus« zu bezeichnen pflegte, und das praktischerweise auf Djurgården in Stockholm lag.
»Du siehst fit aus, Lars«, sagte Jarnebring und klopfte Johansson auf die Schulter.
»Ich weiß«, erwiderte Johansson. Gerede, dachte er.
Johansson bestellte Vorspeise, Hauptspeise und Dessert. Hauptsächlich, um die anderen beiden zu ärgern. Max schien dies nervös zu machen, er besaß jedoch genug Taktgefühl,
um zu schweigen, Johanssons bester Freund ließ sich hingegen nicht bremsen.
»Man könnte fast glauben, du wolltest dir das Leben nehmen«, meinte Jarnebring und deutete mit einer Kopfbewegung auf die kleinen Teller mit Johanssons Vorspeise.
»Wie meinst du das?«, fragte Johansson mit unschuldiger Miene, während er eine größere Menge Mayonnaise auf seinem Toast mit gebeiztem Lachs verteilte.
»Der Lachs ist vermutlich okay, aber diese Mayonnaise ist für Leute wie dich der reine Todeskuss. Was ist verdammt noch mal mit deinem Kurzzeitgedächtnis los, Lars? Erst vor einem Monat hättest du fast den Löffel abgegeben, weil du dauernd so einen Fraß in dich hineinschiebst und dich nie bewegst.«
»Vor einem Monat war es allen egal, wie es mir ging und was ich gegessen habe«, meinte Johansson. »Jetzt höre ich nichts anderes mehr. Die Leute reden mit mir wie mit einem kleinen Kind.«
Dann biss er herzhaft in seinen Lachstoast, wischte sich mit dem Zeigefinger die Mayonnaise aus dem Mundwinkel, leckte den Finger sicherheitshalber noch ab, trank sein Schnapsglas halb leer und spülte mit einem Schluck Bier nach.
»Wo waren wir stehengeblieben?«, fragte Johansson. »Richtig«, sagte er und hob die Hand, noch ehe Jarnebring etwas sagen konnte. »Wenn die Herren mich nicht wie einen Erwachsenen behandeln können, dann schlage ich vor, dass ihr euren Salat und euer gegrilltes Steak nehmt und euch einen anderen Tisch sucht, damit ich in Ruhe essen kann.«
Max schien ganz mit seinem Salat beschäftigt zu sein und begnügte sich mit einem Nicken. Jarnebring zuckte mit den Achseln und beschloss dann, das Thema zu wechseln.
»Evert hat mir erzählt, dass Sie darüber nachdenken, Polizist zu werden, Max«, sagte er. »Wie alt sind Sie eigentlich?«
»Dreiundzwanzig«, antwortete Max.
»Dann ist es
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