Der sterbende Detektiv - Roman
die Mappe beiseite. »Erzähl lieber.«
Gunsan hatte alles so gemacht wie immer. Sie hatte Staffan Leander Nilsson in allen Registern gesucht, in denen jemand wie er zu vermuten war. Vom Tag seiner Geburt an bis zu dem Tag, an dem er Jarnebring, ohne es zu ahnen, zum ersten Mal begegnet war, als er sein Stammlokal verließ.
»Ich beginne mit den aktuellen Fakten«, sagte Jarnebring. »An seiner momentanen Adresse wohnt er, seit das Viertel vor fünfzehn Jahren errichtet wurde. Etwa zu diesem Zeitpunkt muss er aus Thailand nach Schweden zurückgekehrt sein. Es handelt sich übrigens um eine Eigentumswohnung, die ihm gehört. Er hat weder eine Ehefrau noch Kinder, aber Pass, Führerschein und ein Auto. Einen kleinen Renault, etwa zwei Jahre alt, gute Abgaswerte. Also keinen roten Golf mehr.«
»Hat er irgendwelche Vorstrafen?«, fragte Johansson.
»Er ist nie verurteilt, nie vor Gericht gestellt und nie offiziell einer Straftat bezichtigt worden. Aber es gibt einige Einträge. Fälle, die abgeschrieben wurden.«
»Und zwar?«
»Man hat das Gefühl, es mit einem Betrüger zu tun zu haben«, meinte Jarnebring. »Ende der 80er lag der Verdacht auf Steuerbetrug vor. Sogar auf schweren Steuerbetrug. Dieser Verdacht wurde jedoch einige Jahre später fallengelassen, eine Straftat ließ sich nicht nachweisen. Vermutlich war das damals, als er in Thailand untergetaucht war und die Kollegen vom Betrugsdezernat keine Lust mehr hatten, nach ihm zu suchen. Niemand wird wegen solcher Delikte ausgeliefert, selbst dann nicht, wenn der Wohnsitz des Beschuldigten bekannt ist und die ausländischen Kollegen ihn einfach nur abholen müssten.«
»Ich weiß«, unterbrach ihn Johansson. »Sonst noch etwas? «
»Noch ein paar Betrügereien. Ein Fall betraf eine untervermietete Wohnung, die er angeblich schwarz verkaufte, aber nie übergab. Die entsprechende Anzeige wurde zurückgenommen. Dann hatte jemand Geld in ein Hotelprojekt investiert und kam sich ebenfalls betrogen vor. Aber auch diese Ermittlung wurde eingestellt. Es ist nicht ganz klar, warum.«
»Und das ist alles?«, fragte Johansson.
»Nein«, sagte Jarnebring. »Es gibt noch einen Eintrag, und da fängt es an, interessant zu werden.«
»Und zwar?«
»Vor sechs Jahren, 2004, überprüften unsere Kollegen vom Reichskriminalamt, die sich mit Kinderpornographie befassen, das Internet und spürten eine große Anzahl pädophiler Männer auf, die sich Kinderpornographie auf ihren Computer runterluden und sie dann untereinander austauschten.
Einer derjenigen, die ins Netz gingen, war Staffan Leander Nilsson.«
»Was du nicht sagst«, meinte Johansson. »Und was wurde aus dieser Ermittlung?«
»Der Haupttäter kam für mehrere Jahre hinter Gitter. Fast alle kriegte man dran. Außer unseren kleinen Nilsson. Die Anzeige gegen ihn legte der Staatsanwalt nieder.«
»Warum? Hatte er ihm illegal eine Wohnung abgekauft?«
»Nein. Er kaufte ihm jedoch seine Geschichte ab. Die Kollegen aber nicht. Und um dir diese Frage zu ersparen: Ich habe nicht mit ihnen gesprochen. Ich habe die Akte und die Vernehmungsprotokolle mit Nilsson eingesehen. Er wurde in der Tat vier Mal vernommen, das letzte Mal in Anwesenheit des Staatsanwalts. Nach diesem Verhör wurde das Verfahren gegen ihn eingestellt, aber es bestand kein Zweifel daran, was unsere Leute davon hielten. Der Staatsanwalt nahm Nilsson seine Geschichte ab. Die Kollegen taten es nicht. Kein richtiger Polizist würde das tun.«
»Und worauf lief seine Geschichte hinaus?«
»Nilsson behauptete, er hätte ein Zimmer an einen Mann aus Marokko untervermietet, der laut Nilsson Ali Hussein hieß. Er habe ihn in einer Gay-Bar in der Altstadt kennengelernt. «
»Gay-Bar? Nilsson ist doch wohl nicht schwul? Behauptete er, dass er schwul sei?«
»Diese Frage wurde ihm in der Tat gestellt, also ob er homosexuell sei.«
»Und was sagte er?« »Dass er nicht verstehe, was das mit der Sache zu tun habe. Seine sexuellen Neigungen seien seine Privatsache.«
»Das kann doch nicht wahr sein«, meinte Johansson verächtlich. »Und was sagte er dann?«
»Laut Nilsson habe dieser Hussein also seinen Computer
dazu verwendet und sich ohne sein Wissen Pornographie im Internet angesehen. Er behauptete, das Passwort für seinen Computer stünde auf einem Zettel auf seinem Schreibtisch. Er sei traurig und wütend darüber; und außer sich, fände die ganze Sache schrecklich.«
»Das kann ich mir lebhaft vorstellen«, sagte Johansson. »Und was
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