Der sterbende Detektiv - Roman
uns doch noch letztes Frühjahr bei uns …«
»Sie haben die falsche Nummer«, wiederholte Staffan Nilsson. »Ich heiße Staffan Leander Nilsson, und ich fürchte, wir sind uns nie begegnet«, sagte Nilsson in einem Tonfall, der nahelegte, dass er Larry Jönsson für einen großen Idioten hielt.
»Das ist ja vollkommen unglaublich«, sagte Larry. »Aber hören Sie mal, ich …«
»Jetzt müssen Sie mich wirklich entschuldigen«, unterbrach ihn Staffan Nilsson. »Ich bin in Eile. Ich bin mit einer Bekannten zum Abendessen verabredet.«
Dann legte er auf.
»Schick«, meinte Max grinsend.
»Larry ist ein Klassiker«, meinte Jarnebring. »Als Lars und ich in den 70ern die Freudenhäuser ausspähten, hat Larry immer die Mädels angerufen und nach den Preisen und verschiedenen Dienstleistungen befragt.«
»Und das hat funktioniert?«, erwiderte Max kopfschüttelnd.
»Damals wie heute«, meinte Jarnebring und deutete die Straße hinunter auf Staffan Nilsson, der gerade aus dem Haus trat und auf ein nahegelegenes Restaurant zusteuerte.
»Gelogen hat er auch nicht«, stellte Jarnebring fest, als
Nilsson eine halbe Minute später in seinem Stammlokal verschwand, den Besitzer begrüßte und auf einem Hocker an der Bar Platz nahm.
»Jedenfalls nicht dieses Mal«, sagte Johansson. »Aber seine Bekannte scheint noch nicht gekommen zu sein.«
»Was machen wir jetzt?«, fragte Max und schaltete den Motor aus.
»Jetzt warten wir«, sagte Jarnebring. »Fahndung besteht überwiegend aus Rumsitzen und Warten«, erklärte er.
Wie die Jagd, dachte Johansson. Jagen ist warten. Darauf warten, dass das, was fast nie passiert, dann doch passiert.
»Genau wie Jagen«, sagte Max.
Kaum zu glauben, dachte Johansson. Das kann er wirklich nicht im Kinderheim gelernt haben.
»Woher wissen Sie das?«, fragte er. »Hat Ihnen Evert das beigebracht?«
»Das habe ich im Blut«, sagte Max und zuckte mit den Achseln. »Aber Evert nimmt mich immer mit, falls wir jetzt von der Jagd auf Elche und Hasen und so reden. Waldvögel.«
So was auch, dachte Johansson.
»Und? Können Sie das? Jagen, meine ich?«
»Ich bin jedenfalls noch nie jemandem begegnet, der es besser könnte«, meinte Max und zuckte mit den Achseln. Zurückgelehnt, die riesigen Hände im Schoß.
Sie saßen im Auto und warteten fast anderthalb Stunden. Der reglose Max betrachtete unablässig den Mann an der Bar der Pizzeria fünfzig Meter von ihrem Auto entfernt. Er sagte die ganze Zeit über kein Wort, beantwortete auch keine Fragen. Wachsame, tiefliegende graue Augen, wie schmale Schießscharten, verschanzt hinter dem knochig-wulstigen Jochbein, kein Blinzeln, nicht die geringste Regung seines verschlossenen Gesichts, während er die Beute betrachtete.
Staffan Nilsson schaute immer öfter auf die Uhr, griff nach fünf Minuten zu seinem Handy und steckte es eine halbe Minute später wieder weg, trank ein Glas Rotwein, ließ sich ein weiteres Glas bringen, unternahm nach weiteren fünf Minuten nochmals einen Versuch mit dem Handy und sprach dabei offenbar eine Nachricht aufs Band, ehe er sein Handy wieder in die Tasche seines Jacketts steckte. Wirkte jetzt etwas angespannt. Unruhig, ungeduldig. Dann erhob er sich, sagte etwas zum Mann hinter dem Tresen, trank sein zweites Glas aus, ließ sich ein drittes Glas und eine Speisekarte geben und nahm an einem kleinen Ecktisch Platz, von dem aus er den Eingang der kleinen Pizzeria im Blick hatte.
»Ein wachsamer Bursche«, stellte Johansson fest. Diesen Tisch hätte ich auch gewählt, dachte er.
»Irgendwas muss seiner Bekannten dazwischengekommen sein«, stellte Jarnebring fest.
»Könnte ich ein belegtes Brot bekommen und einen Kaffee? «, fragte Johansson.
»Coming right up, Chef«, antwortete Jarnebring und klang genauso munter wie früher, wenn sie ähnliche Aufträge ausgeführt hatten. »Was meinst du, Lars? Soll ich reingehen und versuchen, mir sein Glas zu krallen?«
»Lieber nicht«, meinte Johansson. »In der Pizzeria sind nur fünf Gäste. Wir müssen warten, bis es etwas voller geworden ist.«
Dann aß Nilsson und trank ein viertes Glas Rotwein. Er telefonierte noch zwei weitere Male, vergeblich. Nach einer halben Stunde gab er dem Kellner ein Zeichen, und dieser räumte seinen Teller und sein leeres Glas ab. Wenig später kehrte er mit einer Tasse Kaffee und einem fünften Glas Rotwein zurück.
»Der Typ trinkt ja so einiges«, meinte Johansson missvergnügt,
während er sein drittes Butterbrot aus
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