Der sterbende Detektiv - Roman
Geschäftspartner sei. Diskretion sei Ehrensache, um es einmal so auszudrücken«, meinte Alf und räusperte sich vorsichtig.
»Ausgezeichnet«, sagte Johansson. »Wo und wann?«
»Ich schlage heute um eins in der Stora Sällskapet vor«, meinte Alf. »Denn dann ist der schlimmste Trubel vorbei, und wir haben unsere Ruhe.«
Als Johansson Punkt eins durch die Flügeltüren des Speisesaals der Stora Sällskapet auf Blasieholmen in Stockholm trat, war ganz offensichtlich der schlimmste Trubel vorbei. In der einen Ecke des großen Saals saß ein alter Herr in Anzug mit Weste und stocherte in seinem eingelegten Hering herum, las Dagens Industri und nippte an einem Glas, das vermutlich einmal einen großen Schnaps enthalten hatte. Am entgegengesetzten Ende des Saals saß Johanssons Tischgesellschaft, sein Schwager Alf mit einem einige Jahre älteren Mann, der Alf auffallend ähnlich sah. Groß, mager, etwas gebeugt, glatzköpfig und mit kleidsamer Sonnenbräune. Blaues Jackett mit dem Wappen der Königlichen Segelgesellschaft, graue Leinenhosen und polierte braune Schuhe. Im Übrigen war das Lokal, abgesehen von einem älteren Kellner, der vor der Tür zur Küche in Wartestellung verharrte, vollkommen leer.
»Es ist mir eine Freude, Sie endlich kennenzulernen, Lars Martin«, sagte sein neuer Informant und lächelte mit seinen Augen und seinen ordentlich weißen Zähnen. Gleichzeitig hielt er ihm seine sehnige, braungebrannte Hand hin. »Meine Frau hat eine Patentochter, die Polizistin ist und mit einem ihrer ehemaligen Mitarbeiter zusammenlebt. Schon allerhand, was ich so für Geschichten im Laufe der Jahre über Sie gehört habe. Ich heiße übrigens Carl, meine Freunde nennen
mich Calle, Calle mit C. Es ist mir ein Vergnügen, Sie zum Mittagessen einladen zu dürfen.«
Aha, dachte Johansson. Das erklärt die Sache. Er schielte zu Alf hinüber, der jedoch in Gedanken woanders zu sein schien.
»Danke, Calle«, sagte Lars Martin Johansson und tätschelte ihm freundschaftlich den Arm, da seine rechte Hand immer noch zu nichts zu gebrauchen war und sein pedantischer Schwager sicher bereits erzählt hatte, was geschehen war. »Meine Freunde nennen mich Lars«, sagte er. Und nennst du mich Lasse, dann schlag ich dich tot, dachte er.
»Ihre Patentochter«, meinte Johansson, während er mit einiger Mühe Platz nahm, die Krücke an den Stuhl lehnte und gleichzeitig aus den Augenwinkeln sah, wie der Kellner auf sie zueilte, um ihm beizustehen. »Ihre Patentochter, wie heißt die denn?«
»Sie ist eine Ihrer jungen Kolleginnen«, sagte sein neuer Freund. »Susanne Söderhjelm. Sie arbeitete bei Ihnen, als Sie Chef des Reichskriminalamts waren. Sie ist mit einem Ihrer nächsten Leute von damals, Polizeiintendent Wiklander, liiert, aber das wussten Sie vielleicht bereits?«
Sind sie endlich ein Paar? Höchste Zeit, dachte Johansson. Kleine Welt. Ich muss Wiklander anrufen. Seit ich aufgehört habe, haben wir kaum noch miteinander geredet, dachte er.
»Zwei hervorragende Mitarbeiter«, bestätigte Johansson. »Sehr kompetent«, versicherte er. Nimm dich zusammen, dachte er.
»Mit einem solchen Mentor und Chef, wie hätte das auch anders enden sollen«, meinte Carl und lächelte erneut. »Alf und ich haben gerade Bier bestellt, es ist ja noch Sommer, aber wenn es etwas anderes gibt, was Ihnen mehr zusagt. Ich selbst hatte gedacht, dass ich mir zum Mittagessen einen Dry Martini gönnen könnte.«
»Klingt gut«, meinte Johansson und nickte dem Kellner zu, der so viel Anstand besaß, seine Krücke stehen zu lassen.
»Ausgezeichnet«, sagte sein Gastgeber. »Dann hätten wir gerne ein weiteres kaltes Bier und zwei richtig kalte Dry Martinis nach meinem eigenen Rezept. Seien Sie vorsichtig mit dem Martini, sehr vorsichtig. Es reicht, wenn Sie mit der Flasche am Glas vorbeigehen.«
»Natürlich, Direktor Blomquist«, erwiderte der Ober und verbeugte sich leicht. »Und die Herren geben Bescheid, wenn Sie so weit sind, das Essen zu bestellen.«
Kalle Blomkvist, dachte Johansson, aber mit C und sicher auch noch das eine oder andere Q und U. Ein Name, der verpflichtete, da er seine Berufswahl beeinflusst und so sein Leben geformt hatte, als er noch in kurzen Hosen herumgerannt war und sich zu Hause auf dem Hof in Norra Ådalen ständig die Knie aufgeschlagen hatte.
Eine halbe Stunde später waren die Dry Martinis geleert, und jeder hatte einen Teller mit eingelegtem Hering vor sich stehen. Johanssons neuer Freund kam zur
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