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Der sterbende Detektiv - Roman

Der sterbende Detektiv - Roman

Titel: Der sterbende Detektiv - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
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warf sich auf den Boden und versuchte dann dieser Alten aus Västerås die Augen auszukratzen. Das Personal schleppte sie raus und schloss sie im Büro ein. Die beiden aus Västerås nahmen
stattdessen ein anderes Kind mit, so eine Kleine, die nie einen Mucks tat. Dann war alles ruhig, und ich war wahnsinnig froh.
    Irgendwann bekam sie Haare zwischen den Beinen«, sagte Max, »und alles ging bergab.«
     
    Noch bevor Nadja zwölf Jahre alt wurde, kam sie in die Pubertät. Sie bekam einen Busen und Schamhaare. Genau wie alle anderen war sie zu ihrer ersten gynäkologischen Untersuchung beim Arzt des Heimes gelandet. Und wie alle anderen sich entwickelnden Frauen, die er ausreichend ansprechend gefunden hatte, hatte sie ihre ersten sexuellen Erfahrungen gemacht.
    »Er hat sie gefickt«, sagte Max, sein Blick in weiter Ferne. »Er hatte alle Mädchen des Heimes gefickt, sobald sie ein paar Haare zwischen den Beinen hatten. Alle Kinder wussten es. Die anderen Erwachsenen, die dort arbeiteten, wussten nichts davon. Das behaupteten sie zumindest, als die Bullen auftauchten. Nadja drehte vollkommen durch. Es war, als existierte ich nicht. Sie wollte nicht mehr mit mir sprechen. Sie nahm mich gar nicht mehr wahr. Sie lief rum wie ein Zombie.«
    »Und die Polizei?«, fragte Johansson. »Warum kam die Polizei?«
    »Nadja starb in jener Nacht«, sagte Max. »Das letzte Mal, als er sich an ihr verging. Er tat dies immer in seinem Behandlungszimmer. Er hatte ihr vorher eine Menge Schnaps eingeflößt. Damit sie nicht schreien würde, während er sie missbrauchte. Er hatte sicher selbst einen Liter getrunken. Wodka«, sagte Max. »Der Treibstoff, der Mutter Russland immer weitergebracht hat. Dann war er eingeschlafen. War einfach bewusstlos geworden. Nadja hatte er an diesen Stuhl gefesselt, in dem die Mädchen sitzen, wenn sie untersucht
werden. Sie war auch eingeschlafen. Oder bewusstlos geworden. Keine Ahnung.«
    »Woher wissen Sie das?«, fragte Johansson. Dass du auch nie den Mund halten kannst, dachte er noch im selben Augenblick, als er es ausgesprochen hatte.
    »Ich habe sie gefunden«, sagte Max und stand abrupt auf. Das magere, eckige Gesicht aschfahl, ausdruckslos. »Entschuldigen Sie, Chef«, sagte er, hielt sich seine Faust vor den Mund und verschwand nach draußen.
    »Okay«, sagte Max, als er zehn Minuten später zurückkehrte. »Wo waren wir?«
    »Sie sagten, Sie hätten sie gefunden«, meinte Johansson.
    »Ja«, sagte Max. »Ich wollte pinkeln. Mitten in der Nacht. Das Klo befand sich neben dem Behandlungszimmer des Doktors. Ich weiß nicht, aber plötzlich begriff ich alles. Die Tür war abgeschlossen, also nahm ich den Feuerlöscher, der daneben hing, und schlug sie ein.«
    Neun Jahre alt, dachte Johansson.
    »Nadja war bereits tot«, sagte Max. »Ich erkannte das allerdings nicht sofort, ich schüttelte sie noch und versuchte, sie aufzuwecken. Sie war offenbar an ihrem eigenen Erbrochenen erstickt. Der Onkel Doktor lag da und schlief, er lag auf dem Fußboden, vollkommen weggetreten. Ich ging wieder raus und holte den Feuerlöscher und schlug ihm damit auf den Kopf. Es gelang mir allerdings nur, ihm einen Schlag zu versetzen, bevor das Personal angelaufen kam und mich zu Boden warf. Dann kamen die Bullen.«
    »Was geschah dann?«
    »Er verlor seine Arbeit«, sagte Max. »Das war so ziemlich alles. Falls es Sie interessiert, Chef, er hieß Aleksander Konstantinov und arbeitete in mehreren Kinderheimen. Als ich das erste Mal in einem Erziehungsheim einsaß, in Schweden also, haute ich ab. Ich nahm die Fähre nach Finnland und
von dort die Fähre nach Sankt Petersburg. Ich hatte vor, das Ganze zu einem Ende zu bringen und ihm einen letzten Gruß von Nadja und mir zu überbringen.«
    »Wie alt waren Sie da?«, wollte Johansson wissen.
    »Sechzehn«, antwortete Max, »aber ich hatte bereits meine jetzige Konstitution, es war also alles kein Problem.«
    »Haben Sie ihn erwischt?«
    »Nein«, antwortete Max. »Ich stellte Nachforschungen an, so gut es ging, aber er war ein Jahr zuvor gestorben. Er war betrunken gewesen, in die Newa gefallen und ersoffen. Das war die größte Trauer meines Lebens.«
    »Ich verstehe«, sagte Johansson. Nach Nadja, dachte er.
    »Nein«, sagte Max. »Mit allem Respekt, den ich für Sie hege, Chef, aber Sie sind ein guter Mensch, Chef. Und ein guter Mensch begreift von all dem hier überhaupt nichts. Und Sie werden es auch nie begreifen, und darüber können Sie verdammt froh sein. Ich

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