Der sterbende Detektiv - Roman
reichten sich die Hände, Pranken, wie sie kaum ein anderer Mann besaß. Sie drückten fester, als eigentlich üblich war, und beendeten das Ganze schließlich, indem sie sich fast gleichzeitig brüderlich auf die rechte Schulter klopften.
»Falls ich was für dich tun kann, Bo«, sagte Evert, »dann lass unbedingt von dir hören. Ich gebe dir meine Handynummer, und du kannst mir deine geben.«
Dann unterhielten sie sich. Nicht über Verbrechen, nicht über Wald und Immobilien, sondern über Autos, ihr gemeinsames Interesse. Evert Johansson besaß neben seinen Wäldern, landwirtschaftlichen Nutzflächen und Immobilien auch ein paar größere Autohäuser in Västernorrland. Bo Jarnebring hatte zwar kein Geld, fuhr aber leidenschaftlich gern Auto und mit Vorliebe solche, die er sich eigentlich nicht leisten konnte.
»Ich habe genau das richtige Auto für dich, Bo«, sagte Evert. »Ich werde einem meiner Verkäufer sagen, dass er dich am Montag anrufen soll, dann werden wir uns sicher handelseinig. Ich kann dir versprechen, dass du nie wieder in deinem Leben so einen guten Preis bekommst.«
Vorsicht, Jarnis, dachte Johansson, sagte aber nichts.
Dann tauchte auch noch seine Frau Pia auf, lächelte Evert Johansson und Bo Jarnebring strahlend an, umarmte beide und wünschte sie zur Hölle.
Sie drückte es zwar nicht so aus, aber so war es gemeint, dachte ihr Mann Lars Martin Johansson.
»Wirklich schade, dass ihr schon gehen müsst«, sagte sie. »Ich schlage vor, dass ihr jetzt ein nettes Lokal aufsucht, eine herzhafte Männermahlzeit zu euch nehmt, euch im Armdrücken messt und euch wirklich umeinander kümmert. Du, Evert, kannst die Zeche übernehmen, und ich habe die Möglichkeit, mich in aller Ruhe mit meinem Mann zu unterhalten. «
»Ich kenne ein richtig gutes Lokal in der Regeringsgatan«, meinte Jarnebring, noch ehe sie das Zimmer verlassen hatten.
»Solide schwedische Hausmannskost, recht ruhig und sehr akzeptable Preise. Das Lokal gehört zwei Jugos. Ich habe sie kennengelernt, als ich noch bei der Fahndung in Stockholm arbeitete. Aber jetzt sind sie etwas ruhiger geworden. Sie kochen wahnsinnig gut.«
»Worauf warten wir noch?«, sagte Evert. »Richtige Männer brauchen was Richtiges zu essen.«
»Sie fehlen dir jetzt schon«, meinte Pia, als sich die Tür hinter ihnen geschlossen hatte.
»Keineswegs«, erwiderte Johansson und streckte beide Arme nach ihr aus, um sie so zu umarmen, wie er sie immer umarmt hatte, bevor er ein anderer geworden war.
29
Montag, 19. Juli 2010
Er war zwar ein Mensch, aber in erster Linie ein Patient und damit gewissen Abläufen unterworfen, die er nicht selbst bestimmen konnte. Erst kam die Krankengymnastin. Den alten Rekord im Gummiball-Drücken hatte er nicht brechen können. Sein rechter Arm verhielt sich wie beim letzten Mal. Weder besser noch schlechter. Vielleicht hatte das Kribbeln etwas zugenommen. Stiche, Kribbeln wie von Ameisen, inzwischen auch ein starker Juckreiz.
»Sie befinden sich in einer Plateauphase«, erklärte sein durchtrainierter, weiblicher Quälgeist. »Das ist vollkommen normal und nichts, worüber Sie sich den Kopf zerbrechen sollten. Ihre Genesung erfolgt gewissermaßen etappenweise. Ihr Arm wird ganz wiederhergestellt sein, aber das dauert einige Zeit.«
Wieso glaube ich dir das nicht?, dachte er. Plötzlich fühlte er sich müde und verstimmt.
»Wieso glaube ich Ihnen das nicht?«, fragte er.
»Machen Sie sich keine Gedanken«, sagte sie. »Dann dauert es nur länger. Es wird alles wieder gut, Ihr Arm wird sein wie früher. Daran müssen Sie glauben.«
Das ist offenbar die medizinische Variante von Das-Bestedraus-Machen, dachte er.
»Bei der Polizei sagen wir immer, man muss das Beste draus machen«, sagte Johansson.
»Genau«, sagte sie, »ganz genau.«
Nicht so leicht, wenn es um einen selbst geht, dachte er. Als er in sein Zimmer zurückkehrte, rief Jarnebring an. Er musste ihr Treffen verschieben. Seine Tochter hatte in ihrer Küche einen Wasserschaden, und ihr handwerklich begabter Papa musste die Klempnerarbeiten erledigen.
»Diese verdammten Handwerker haben ja nie Zeit«, sagte Jarnebring aus irgendeinem Grund. »Aber wir sehen uns, sobald ich damit fertig bin.«
»Du bist ja ein Ass, was solche Sachen betrifft«, sagte Johansson. »Du biegst das schon hin. Ich habe ohnehin eine Menge zu tun. Ich schlage vor, dass wir uns stattdessen morgen sehen. Vorausgesetzt, dass du dann kannst.«
»Natürlich kann ich«,
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