Der sterbende Detektiv - Roman
meinte Jarnebring. »Für wen hältst du mich eigentlich? Pass auf dich auf.«
Dann tauchte seine Ärztin Ulrika Stenholm auf. Sie hatte ein schlechtes Gewissen, weil sie auch am Wochenende nicht dazugekommen war, die Papiere ihres Vaters durchzusehen. Alles Mögliche war ihr dazwischengekommen.
»Ich hätte meine Kinder früher bekommen sollen«, sagte sie. »In meinem Alter und bei meiner Arbeit sollte man keine Drei- und Fünfjährigen haben.«
»Ist ja nicht so schlimm«, meinte Johansson.
»Doch, das ist es«, sagte Ulrika Stenholm. »Aber heute Abend, das verspreche ich Ihnen, werde ich mich endlich dransetzen. Die Kinder besuchen ihren Vater. Ich habe aber auch eine gute Nachricht.«
Ich bekomme einen neuen Arm, dachte Johansson. So einen mit einem Haken. Aber das sagte er natürlich nicht.
Johansson durfte nach Hause. Er durfte die Klinik verlassen. Wurde der Nachsorge und regelmäßigen Kontrollen überlassen. Jedoch nicht schon morgen, sondern erst am Mittwoch, da sie noch die Ergebnisse einiger Blutproben abwarten wollte, ehe sie ihn entließ. Natürlich nur unter der Voraussetzung, dass nichts Unvorhergesehenes geschah.
»Aber das sollte nicht der Fall sein«, sagte Frau Dr. Stenholm und lächelte fröhlich und geschäftsmäßig. »Ich finde, Sie haben sich wacker gehalten. Ich habe Sie für einen Kontrollbesuch in einer Woche eingetragen, nächsten Montag. Alles Übrige bespreche ich mit Pia.«
Pia, dachte Johansson. Sie duzen sich also schon. Für mich ist sie immer noch Frau Dr. Stenholm, Ulrika Stenholm oder meine Ärztin, dachte er.
»Sie sind meine Ärztin, Sie müssen es am besten wissen«, sagte Johansson. »Ich will nach Hause«, meinte er plötzlich.
»Das kann ich gut verstehen«, sagte Ulrika Stenholm, lächelte und nickte mit leicht zur Seite geneigtem Kopf.
Nach dem Mittagessen, wieder eine Mahlzeit, die so schmeckte wie alle anderen, obwohl die Bezeichnungen wechselten. Dieses Mal unternahm er einen ernsthaften Versuch, seine Lethargie abzuschütteln.
»Kann man hier vielleicht auch mal eine Tasse Kaffee bekommen? «, brummte Johansson, als die Schwester das Tablett abräumte.
»Mit einem Vergrößerungsglas dazu?« Sie lächelte ihn fröhlich an.
»Nur einen Kaffee«, sagte Johansson. »Schwarz.«
Schwarz, um einen klaren Kopf zu bekommen, dachte er und streckte die Hand nach einem der Ordner aus. Jetzt komm mal in die Gänge, mach das Beste draus, schließlich geht es nicht um dich.
Unter den vielen Papieren in den Ordnern fand sich ein Gutachten vom Staatlichen Kriminaltechnischen Labor in Linköping, das seinerseits ein weiteres Gutachten von einem Professor der Biologie der Universität Stockholm zur Folge gehabt hatte.
Professor Sjöberg hatte die Daune, die Yasmine im Hals stecken geblieben war, vorsichtig entfernt, und ebenso vorsichtig die beiden weißen Fäden zwischen den Zähnen hervorgezogen. Diese Dinge hatte er in je eine Tüte gelegt, die nötigen Formulare ausgefüllt und sie zur kriminaltechnischen Abteilung der Kriminalpolizei Stockholm geschickt.
Dort hatte ein Kriminaltechniker sie sich angesehen. Zwei weiße Fäden und eine Daune, die gut zwei Zentimeter lang und einen Zentimeter breit war. Mehr konnte er nicht sagen, da er weder über die Kenntnisse noch über die nötigen Apparate verfügte. Als pflichtbewusster und pedantischer Beamter hatte er sie daraufhin in zwei neue Umschläge gelegt, einige weitere Formulare ausgefüllt und alles mit zwei Fragen ans SKL in Linköping geschickt: Um was für einen Faden es sich handele und ob sich über die Daunenfeder noch mehr sagen ließe?
Der zuständige Biologe vom SKL hatte mit der ersten Frage keine Schwierigkeiten gehabt. Er verfügte über die Kenntnisse und die nötigen Geräte. Es handelte sich um zwei Fäden des Gewächses Linum usitatissimum , Lein oder auch Flachs genannt.
Leinfasern höchster Güte, genauer gesagt eine Variante der Leinsorten, die zur Herstellung von Textilien verwendet wurden. Leinenstoff bester Qualität. Dass die Fasern von einem Kopfkissen herrührten, wie der Kollege von der Spurensicherung in Stockholm geschrieben habe, sei im Hinblick auf die
Umstände sehr wahrscheinlich. Wahrscheinlicher, als dass sie von einem Laken, einem Bettbezug oder einem Taschentuch desselben Materials stammten.
Dass es sich beispielsweise um ein Tischtuch, einen Tischläufer, ein Geschirrtuch oder eine Serviette aus Leinen gehandelt haben könnte, sei hingegen sehr
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