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Der sterbende König (German Edition)

Der sterbende König (German Edition)

Titel: Der sterbende König (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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Wespenstachel vor, fand die Lücke zwischen zwei gegnerischen Schilden, rammte die kurze Klinge durch ein Kettenhemd in Fleisch, ich schrie, beobachtete unausgesetzt die Blicke der Gegner, sah die Axt niederfahren, wusste, dass Cerdic sie hinter mir mit seinem Schild abfing, doch die Gewalt des Hiebes riss seinen Schild nach unten auf meinen Helm, und einen Moment lang war ich benommen und blind, stieß aber immer weiter mit Wespenstachel vor. Rollo neben mir hatte seine Axt in einen gegnerischen Schild eingehakt, und als sich mein Blick wieder klärte, entdeckte ich die Lücke und ließ Wespenstachel vorschnellen, sah die Spitze der Klinge in ein Auge eindringen und bohrte sie tief hinein. Dann traf ein schwerer Hieb meinen Schild und ließ ein Brett splittern.
    Cnut versuchte zu mir zu kommen und brüllte seinen Männern zu, ihm Platz zu machen, und das war töricht, denn es bedeutete, dass sie ihre Reihe öffnen mussten, um ihren Herrn in die Kampflinie zu lassen. Cnut und seine Männer waren in Raserei, wollten um jeden Preis unseren Schildwall aufbrechen, und ihre Schilde überlappten nicht mehr, und sie rutschten in den Graben, und zwei von meinen Männern trieben ihre Speere in die herankommenden Männer. Cnut stolperte über einen von ihnen und fiel in den Graben, und ich sah Rypere seine Axt auf Cnuts Helm schmettern, es war nur ein Streifhieb, doch so heftig, dass er Cnut betäubte, denn er stand nicht auf. «Sie sterben!», rief ich. «Jetzt töten wir die Bastarde!»
    Cnut war nicht tot, aber seine Männer schleppten ihn weg, und an seiner Stelle kam Sigurd Sigurdson, der Milchbart, der versprochen hatte, mich umzubringen, und er schrie mit wild rollenden Augen, als er die Böschung des Grabens heraufstürmte, kaum festen Halt unter den Füßen, und ich schwang meinen gesplitterten Schild nach außen, um ihm ein Ziel zu bieten, und wie ein Narr richtete er sich darauf aus, wollte mir sein Schwert Feuerdrache in den Bauch rammen, doch da ließ ich schon meinen Schild zurückschwingen, lenkte Feuerdrache zwischen mich und Rollo ab und drehte mich halb um, als ich ihm Wespenstachel in den Hals stieß. Er hatte vergessen, was man ihm beigebracht hatte, vergessen, sich mit dem Schild zu schützen, und die kurze Klinge fuhr unter sein Kinn, aufwärts durch seinen Mund, ließ Zähne splittern, durchbohrte seine Zunge, zerschmetterte die feinen Nasenknochen und traf so hart auf seine Schädeldecke, dass ich ihn einen Moment von den Füßen hob und sein Blut an meinem Arm herab in den Ärmel meines Kettenhemdes lief. Und dann schüttelte ich ihn von der Klinge und schwang sie nach einem Dänen, der zurückwich, fiel, und ich überließ es einem anderen ihn zu töten, weil Oscytel kam, brüllte, ich sei ein alter Mann, und da packte mich die Kampfeslust.
    Diese Lust. Diese Tollheit. So müssen sich die Götter an jedem Augenblick des Tages fühlen. Es ist, als würde die Welt ihren Lauf verlangsamen. Du siehst den Angreifer, du siehst ihn brüllen, aber du hörst nichts, und du weißt, was er tun wird, und all seine Bewegungen sind so langsam, und deine sind so schnell, und in diesem Moment kannst du nichts Falsches tun, und du wirst ewig leben, und dein Name wird als Wappenzeichen am Himmel stehen, umrahmt von weißem Feuer, denn du bist der Gott der Schlacht.
    Und Oscytel kam mit seinem Schwert, und mit ihm kam ein Mann, der meinen Schild mit seiner Axt herunterziehen wollte, doch im letzten Moment kippte ich die Oberkante meines Schildes zu mir, und die Axt fuhr an dem bemalten Holz herunter und schrammte über den Schildbuckel, und Oscytel wollte mir sein Schwert beidhändig in die Kehle rammen, aber mein Schild war noch da, und sein eisenbeschlagener Rand fing die Klinge auf, die Spitze blieb stecken, und ich drückte den Schild nach vorn, brachte ihn aus dem Gleichgewicht, und dann stieß ich mit Wespenstachel unter dem unteren Rand des Schildes vor, und meine ganze Altmännerkraft lag in diesem abscheulichen Hieb, der unterhalb des Schildes geführt wird, und ich spürte, wie die Spitze der Klinge einen Oberschenkelknochen hinauffuhr, Fleisch und Muskeln zerfetzte und in seinen Schritt fuhr, und dann hörte ich ihn. Ich hörte seinen Schrei den Himmel erfüllen, als ich mich in seine Leiste grub und sein Blut in den eisigen Graben spritzen ließ.
    Eohric sah seinen Vorkämpfer fallen, und bei diesem Anblick erstarrte er auf der anderen Seite des Grabens. Und seine Männer blieben zusammen mit ihm stehen.

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