Der Stern von Yucatan
widersprach er schroff. Genau das wollte er vermeiden. “Nicht”, wiederholte er.
“Aber du musst es wissen”, beharrte sie und drückte ihn fester an sich.
“Nein.”
“Aber …”
Er packte sie an den Oberarmen und schüttelte sie. “Nein!”
Lorraine wurde still, ließ den Kopf sinken. Ihr Haar fiel nach vorn und verbarg ihr Gesicht. “Das ist nicht das Ende”, versprach sie mit brüchiger Stimme.
Es musste das Ende sein. Er würde nicht zulassen, dass es weiterging. Sie hatte einen Ehemann, der sie liebte und ihr vertraute. Und er wollte nicht der Grund sein, dass sie dieses Vertrauen missbrauchte.
Er ließ sie los, wandte sich ab und ging hinaus. Sobald er die Tür geschlossen hatte, eilte er zum Lift.
Er war schon einen halben Block vom Hotel entfernt, als Lorraine hinter ihm hergelaufen kam. “Jack, warte!”
Er gab vor, sie nicht zu hören. Der Verkehr war chaotisch, die Straßen völlig verstopft. Autos hupten, Menschen schrien, Busse gaben Wolken stinkender Abgase ab.
“Jack! Bitte!” Ihr eindringliches Flehen verfolgte ihn.
Jack ging schneller.
“Es ist nicht vorbei!”, rief sie. “Ich brauche nur ein wenig Zeit. Ich komme zurück. Schon nächste Woche. Ich komme zurück. Bitte hör mir zu, ich komme zurück! Hörst du?”
Er drehte sich nicht um und ging so schnell er konnte weiter.
Lorraine stand mitten im Gewühl des Gehsteigs und sah Jack in der Menge verschwinden. Es drängte sie, ihm nachzulaufen, damit er sich die Wahrheit anhörte.
Er liebte sie. Es musste so sein, andernfalls hätte er die Chance genutzt und wäre mit ihr ins Bett gegangen. Einerseits war sie frustriert, doch andererseits zeigte ihr sein Verhalten, was für ein Mensch er war.
Jack handelte richtig, indem er ging. Aus Fairness gegenüber Gary musste sie ihn gehen lassen.
Sie brauchte ein paar Minuten, ihre Fassung zurückzugewinnen, ehe sie wieder die Hotellobby betrat.
Zuerst eine Dusche und dann ins Bett. Ausgelaugt stieg sie in den Lift.
Auf der Fahrt in die obere Etage ließ sie sich eine Liste von Dingen durch den Kopf gehen, die sie erledigen musste. Gary machte sich inzwischen sicher große Sorgen. Ihren Vater würde sie später anrufen, entschied sie und zog den Zettel mit der Nachricht heraus. Es standen lediglich sein Name und die Zeit seines Anrufes heute Morgen darauf, 9:45 Uhr. Doch Jack würde … sie hielt inne und untersagte sich Gedanken an ihn. Sie waren nur für kurze Zeit getrennt. In wenigen Tagen würde sie zurückkommen.
Müde rieb sie sich die Augen und schob den Schlüssel ins Sicherheitsschloss. Sie stutzte und blickte über die Schulter, erstaunt, dass der Sicherheitsbeamte nirgends zu sehen war. So viel zum versprochenen Schutz.
Die Tür ging auf, und sie trat ein.
“Wird aber auch Zeit, dass du kommst.”
Jason Applebee saß im Wohnraum und naschte Trauben aus einem wunderbaren Obstkorb.
Der Schlüssel fiel ihr aus der Hand und landete lautlos auf dem dicken Teppich.
“Ich hoffe, du hast nichts dagegen, aber ich habe mich bedient. Ein sehr schönes Geschenk von deiner Freundin Catherina übrigens. Du wolltest doch nicht das ganze Obst essen, oder?”
“Was tun Sie hier?”
Ihre Frage brachte ihn zum Lachen, und er schüttelte langsam den Kopf. “Komm schon, du bist doch klug, Lorraine. Was glaubst du wohl, warum ich hier bin?”
14. KAPITEL
D er Schock, in ihrer Hotelsuite plötzlich Jason Applebee gegenüberzustehen, saß tief. Lorraine brauchte einen Moment, sich davon zu erholen. “Woher wussten Sie, wo ich bin?”, fragte sie mit unnatürlicher Ruhe. Das war vermutlich eine der weniger drängenden Fragen, doch die erste, die ihr in ihrer Verwirrung einfiel. “Was ist mit …” Sie schluckte ihre Frage nach dem Wachmann herunter, falls Jason noch gar nicht bemerkt haben sollte, dass es einen gab. Sie hoffte von Herzen, der Wachmann sei sich ein Sandwich holen gegangen und tauche jede Minute wieder auf. Jason hatte schon mindestens einmal getötet, und sie war sicher, dass er nicht zögerte, es wieder zu tun.
“Dein Vater ist ziemlich mitteilsam”, erzählte er, ehe er sich eine weitere Traube in den Mund warf.
“Mein Vater würde nie mit Ihnen reden.”
Jason grinste spöttisch. “Tut er schon, wenn er mich für deinen lieben Verlobten Gary Franklin hält, der so schrecklich besorgt ist, weil er nichts von dir gehört hat.” Er imitierte einen Südstaatenakzent. “Wir hatten ein paar nette Unterhaltungen. Er erzählte mir, dass Jack Keller
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