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Der Sternengarten: Historischer Roman (German Edition)

Der Sternengarten: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Der Sternengarten: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katrin Burseg
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taufen lassen, wir könnten heiraten. Du könntest all die schrecklichen Erinnerungen hinter dir lassen, wir wären eine Familie.«
    Sophie schwieg. Sie sah ihn lange an und in diesem Blick lag so viel Leid und so viel Dunkelheit, dass er erschrocken zusammenzuckte.

ZWEI
    Sie hatten wie die Hunde gehaust. Und doch war das Leben im Wald nicht viel härter als der Alltag auf der Breitenburg gewesen. Nach dem Kampf gegen Ritter Rantzau hatten sie sich tief in die undurchdringlichen Teile des Waldes zurückgezogen. Mit der Zeit lernten sie, ihre Spuren zu verwischen und sich lautlos wie Wild durchs Unterholz zu bewegen. Sie lebten von der Jagd – gegen die Kälte schützten sie sich mit Fellen. Einmal hatten sie wollene Jacken und Umhänge von einem Bauernmarkt gestohlen. Im Davonreiten hatte Oss den Herrn um Vergebung gebeten. Er hatte gedacht, dass Gott ihnen verzieh, wenn es ihnen gelänge, Christian Rantzau der weltlichen und göttlichen Gerichtsbarkeit zu überstellen.
    »Wir sind frei«, spornte Oss seine Männer an, wenn diese sich an den düsteren, beißendkalten Winterabenden um ein winziges Feuer drängten. »Und wir werden über Ritter Rantzau siegen.«
    Seine Leute murrten nicht, doch die Kälte und die bis auf die Haut dringende Feuchtigkeit zermürbten alle. Sie wussten, dass sie mit Fußfäule, rasselndem Husten und Auszehrung für ihre Freiheit zahlten. Und gegen Ende des Winters erschien ihnen der Gedanke an eine Hütte und an ein trockenes Lager auf Rantzaus Grund und Boden so verlockend wie das irdische Paradies.
    Als sich zu Beginn des Frühjahrs die Bäume mit einem Hauch von Grün überzogen und die Vögel die winterliche Stille mit hellen, klaren Tönen durchbrachen, atmete Oss auf. Die steigenden Temperaturen stärkten seine Zuversicht. Nach Norden, so dachte er, während der Wald und seine Leute aus der Winterstarre erwachten. Zurück auf die Heide, dorthin, wo alles begonnen hatte.
    »Was sollen wir dort?«, fragten seine Männer harsch, als er ihnen befahl, das Lager abzubrechen. Aus Reisig und Tannenzweigen hatten sie einfache Hütten und Unterstände in das Unterholz hinein geflochten, sie waren ein kümmerlicher Schutz gegen Schnee und Frost gewesen. »Ritter Rantzau sitzt auf der Breitenburg. Was ist, wenn die Überfälle im Frühjahr von Neuem beginnen?«
    Oss nickte, er hatte mit Widerstand gerechnet. »Rantzau wird weiter nach uns suchen.« Aus seiner Jacke zog er einen der Steckbriefe hervor, die immer noch in den Herzogtümern kursierten. »Er weiß, dass ich eine Gefahr für ihn bin.« Dann erzählte er von dem Sporn, den er einst auf der Heide versteckt hatte. »Ich muss den Schmuck wiederfinden. Er ist Beweis genug, dass Ritter Rantzau an den Überfällen beteiligt war. Und ihr seid meine Zeugen, wenn wir nach Gottorf reiten und vor den Herzog treten. Wir werden Ritter Rantzau dem Gericht überstellen.«
    »Wir sind vogelfrei, wer wird uns glauben? Unser Wort steht gegen das Wort eines Herrn und Ritters.« Die Männer lachten höhnisch auf. Sie misstrauten den hohen Herren und ihrem eigenwilligen Sinn für Gerechtigkeit. War das Leben eines Unfreien nicht von Geburt an den Launen der Fortuna unterworfen?
    »Man wird uns hängen!«
    »Wir haben den Winter überstanden und jetzt reiten wir in unser Verderben?«
    Die Stimmen der Männer überschlugen sich. Oss breitete die Arme aus, er streckte sich, machte sich groß. Er verstand die Ängste seiner Männer, doch er musste sie überzeugen.
    »Rantzau wird mich auf der Heide suchen«, begann er, als die anderen schwiegen. »Er weiß, dass ich den Sporn dort suchen werde. Er ist schlau, er meint, meinen Plan zu kennen.«
    Die Männer stöhnten auf. Er sah das Unverständnis in ihren Blicken, ratlos hoben sie die Schultern und schüttelten die Köpfe. Sie wirkten wie eine Schar zerlumpter, störrischer Maultiere.
    »Du führst uns ins Verderben …«
    Oss schüttelte den Kopf. »Ich weiß, was Rantzau weiß. Er wird uns dort nicht überraschen können. Er muss handeln, sein Leben, seine gesamte Existenz sind in Gefahr, wenn ich den Sporn finde und dem Herzog bringe. Und wenn es auf der Heide zum Kampf kommt …«
    »Wir kommen gar nicht erst nach Schleswig.«
    Wieder rief einer dazwischen, die anderen wackelten zustimmend mit den Köpfen. Oss sah, dass seine Männer immer noch zweifelten.
    »Dein Gesicht ist überall bekannt, alle Welt hat die Steckbriefe doch gesehen.«
    Oss schloss die Augen.
    Das eigene Gesicht – überall im Lande.

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