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Der Sternengarten: Historischer Roman (German Edition)

Der Sternengarten: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Der Sternengarten: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katrin Burseg
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fauler Schimmel.
    Wie nah hatt uns doch da nicht gänzlich umgebracht
    Bei Tage Hitz und Durst, die Mücken bei der Nacht …«

    Seltsam, dachte Olearius, immer wenn er sich mit Farid, seinem persischen Zögling und Reisegefährten, über dessen Heimat unterhielt, stand ihm Paul Fleming vor Augen. Bisweilen überlagerte die Erinnerung an den einen das Bild des anderen und gerührt spürte Olearius die alte, mehr als freundschaftliche Zuneigung, die er für den jungen Dichter empfunden hatte, in Farids Gegenwart wieder aufwallen. Der Junge war ihm ans Herz gewachsen und auch seine Frau, die den Gast mit süßem Tee und Gebäck verwöhnte, freute sich über seine Besuche in ihrem Haus. Fast war es so, als bemutterte sie den Sohn, der ihnen selbst nicht vergönnt war. Mehr als vier Jahre waren sie inzwischen verheiratet, doch ein Kind – oder die vage Hoffnung darauf – hatte sich nie eingestellt. Monat für Monat blutete Catharina, zuverlässig wie ein Uhrwerk, und die Traurigkeit, die sie an diesen Tagen durchflutete, war schwer zu ertragen. Dann flüchtete Olearius sich noch intensiver in seine Arbeit, doch tief in seinem Inneren spürte er, dass er nicht vor ihrer Trauer, sondern vor seiner Sprachlosigkeit floh.
    Nachdenklich sah Olearius auf die schwarze Tinte, die von seiner Feder floss. Als es in seinem Rücken leise klopfte, drehte er sich überrascht zur Tür. Eigentlich erwartete er keinen Besuch.
    Es war Catharina, die sich verlegen auf der Schwelle zeigte. Hatte sie seine Gedanken gespürt?
    »Ich will dich nicht stören«, entschuldigte sie ihr Eindringen in sein heiliges Kabinett.
    Als er sie mit einem Nicken hereinbat, bahnte sie sich vorsichtig einen Weg durch die Bücherstapel und Instrumente. Vor dem Tisch mit seinen Zeichnungen blieb sie stehen. Er sah, wie ihr Blick die Sternenbahnen darauf erfasste und sich dann in den Staubflocken verlor, die sich wie Klumpen zerronnener Zeit auf die Skizzen gelegt hatten. Wie lange stockten die Pläne für den Riesenglobus schon? In dieser politisch und wirtschaftlich so unsicheren Zeit schien die Realisierbarkeit des Wunderwerks in weite Ferne gerückt. Selbst Herzog Friedrich hatte seinen Schwung in dieser Sache für den Augenblick verloren und der Kanzler, jüngst vom Kaiser in den Freiherrenstand erhoben und deshalb in seinem Gebaren noch selbstherrlicher, hielt seine Hand eisern über die herzogliche Schatulle.
    »Ich muss mit dir über Sophian sprechen.«
    Sophian? Es dauerte einen Moment bis vor seinem inneren Auge das feine Gesicht des Gartenjungen aufblitzte. Zuletzt hatte dieser sich wohl um die hundertjährige Aloe verdient gemacht. Catharina hatte ihm von Sophians Geduld und Hingabe erzählt, mit der er sich dieser speziellen Aufgabe gewidmet hatte. Der Knabe schien aus der Masse der Gartenjungen hervorzustechen, niemals hätte Meister Friedrichs irgendeinen Burschen mit dieser Aufgabe betraut.
    »Farids Freund, was ist mit ihm?«
    »Der Gartenmeister sagt, dass er eine Gartenlehre antreten könnte. Der Junge ist begabt, er versteht sich auf alles, was grünt und blüht. Und er ist freundlich, anstellig – harmlos im besten Sinne.«
    Worauf wollte seine Frau hinaus? Olearius nickte bedächtig, er bemerkte, dass Catharinas Wangen sich beim Sprechen gerötet hatten. Sie sah jung aus, jung und begehrenswert. So wie sie ihm das erste Mal in Reval begegnet war.
    »Sophian ist ein Waise, Adam.«
    Er begriff noch immer nicht. Lockend streckte er seine Hand nach Catharina aus.
    »Es gibt niemanden, der sein Lehrgeld und die Ausrüstung zahlen könnte.«
    Jetzt … Nun hatte er begriffen. Sie wollte sich seiner annehmen. Sanft legte sie ihre Hand in die seine und folgte seinem Drängen. Er zog sie zu sich auf seinen Schoß und roch an ihrem Haar. Catharina liebte die Spaziergänge in den herzoglichen Gärten, ihr Schopf duftete wie eine Blumenwiese.
    »Denk doch daran, wie man dir damals geholfen hat. Du wärest ein Schneider geworden, wie dein Vater. Keine Bücher, keine Reisen, keine Träume. Eine dunkle Werkstatt wäre dein Reich gewesen, Nadel und Schere deine Instrumente. Kein Blick in die Sterne und kein Gedanke an eine Welt jenseits des Horizonts.«
    »Ich hätte dich nie kennengelernt.« Er hob ihr Haar an und küsste jene warme, weiche Einkerbung in ihrem Nacken. Ein Muttermal saß dort und niemand hatte es vor ihm entdeckt. Er war ein Forschungsreisender auf der Landkarte ihres Körpers.
    »Du hättest den Fürsten nie kennengelernt. Du hättest

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