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Der Sternengarten: Historischer Roman (German Edition)

Der Sternengarten: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Der Sternengarten: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katrin Burseg
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in die duftende Erde. Selbst Johanna war kein Kraut gegen ihr Problem bekannt, dachte sie.
    Auch wenn sie es zum Garteneleven geschafft hatte, ein junger Mann würde sie nie. Und auf Dauer, so hatte ihr die Freundin geraten, könnte sie nur Abstand vor der Neugier der anderen retten. » Lilium martagon , Primula pubescens , Ornithogalum umbellatum «, murmelte sie die lateinischen Namen der Pflanzen, die erst im kommenden Jahr blühen würden. Sie wollte die schwierigen Namen später in ihr Pflanzenbuch schreiben und eine Skizze mit dem Pflanzplan für das Beet hinzufügen. Catharina Olearius, der sie ihre Promotion wohl eigentlich verdankte, hatte ihr das Buch mit den vielen leeren Seiten vor einigen Tagen geschenkt. Sophian möge seine Gaben wertschätzen, hatte sie hinzugefügt und vom Schatz des Wissens gesprochen.
    Der Schatz des Wissens. Noch einmal murmelte Sophie die lateinischen Namen. Und dann, leiser noch, fügte sie ihre Namen hinzu: » Sophie Sophian .« Wie viel Zeit bliebe ihr noch, das Aufblühen ihres Körpers zu unterdrücken?

    »Allahu akbar.« Die Suren des Korans durchströmten ihn wie kaltes Wasser. Sie rissen seinen Körper, seinen Geist aus der Erschöpfung des langen Tages. Und doch fühlte er sich in ihrem Strom verloren. Es war nicht nur die Fremde, die ihn von seinem Gott trennte. Nicht der Wald, nicht die Bäume, deren Kronendach nur entfernt an den geschmückten Himmel der Moschee erinnerte.
    Farid öffnete die Augen und blickte zur Seite, träge und ohne Leidenschaft tröpfelten die Worte von seinen Lippen. »Subhanekel-lahumme ve bi-hamdike …«
    Etwas abseits und mit geschlossenen Augen saß Sophian im Gras und hielt sein Gesicht der Abendsonne entgegen. Farid genoss es, wenn der Freund ihn begleitete und sie diese Stunde gemeinsam verbrachten. Auch wenn sie beide in ihre eigenen Welten reisten und ihren Gott nicht teilten, einte sie doch die Stille und das Gebet. Die gemeinsame Zeit ließ sie einander noch näher sein.
    So war es gewesen – seitdem sie sich auf dem Hügel kennengelernt und ihr Lächeln ihnen einen Weg gewiesen hatte. Damals hatten sie etwas Gemeinsames gespürt, dass sie zueinander hinzog. Doch dann, plötzlich, irgendwann nach dem Winter, hatte Farid bemerkt, dass seine Gedanken sich nicht mehr auf das Gebet konzentrieren konnten. Immer wieder war sein Blick auf den Freund gefallen. Seine Augen hatte sich nicht von ihm lösen können. Wie Klettenkraut hafteten sie auf Sophians Antlitz, bis sein Blick über seinen Körper wanderte, um auf den schmalen Händen, die der Freund in seinem Schoß gefaltet hielt, zur Ruhe zu kommen. Ein Gefühl wie eine alles verschlingende Woge war über ihn gekommen und hatte ihn erzittern lassen. Plötzlich gab es da etwas, das sie trennte. Etwas Gefährliches, das er kaum zu denken wagte.
    Farid hatte sich gewünscht, dass der Freund in diesem Moment die Augen öffnen und seinem Staunen begegnen möge. Und dass er in diesem Blick eine Antwort auf seine Fragen lesen könnte. Denn Gott, sein Gott, antwortete nicht auf diese Fragen. Worte, die wie Schläge gegen seine Schläfen hämmerten und ihn von Tag zu Tag mehr quälten: Was war das nur? Was war das nur, dass er sich plötzlich in Sophians Gegenwart so hilflos fühlte?
    Was regte sich da in ihm, wenn er Sophian ansah? Wenn er auf seine Lippen blickte, das feine Lächeln, das sie kräuselte und das ihn selbst fröhlich stimmte. Wenn er die helle Stimme hörte, ihn laufen sah, ihn bei der Arbeit beobachtete – oder im Schlaf. Ja, dann waren seine Gefühle am quälendsten. Wenn sie nachts nah beieinander lagen und er den Atem des Freundes hörte. Wenn er sich so sehr sehnte – nach einer flüchtigen Berührung, einer Umarmung, einer Zärtlichkeit. Wenn da nichts war als Begehren.
    Nein, daran durfte er nicht denken. Und doch hatte er dem Freund im Schlaf schon sanft über die Wange gestrichen, an seinem Haar gerochen, seine Hände geküsst. Und dann lautlos heiße Tränen vergossen, wenn er nicht anders konnte, als sich selbst zu berühren. Wenn er sich kümmerlich Erleichterung verschaffte und diesen verletzlichen, heiligen Moment zwischen Wirklichkeit und Traum zerstörte.
    Scham und Sehnsucht zugleich, so empfand Farid in Sophians Gegenwart. Seine Gefühle verwirrten ihn und die Erkenntnis, dass er etwas so Verbotenes begehrte, ließ ihn hilflos zurück.
    Warum ließ Gott ihn leiden, fragte er sich. Warum führte er ihn in Versuchung? Warum hatte er keinen Trost für seinen Sohn

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