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Der Sternenschwarm

Der Sternenschwarm

Titel: Der Sternenschwarm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian W. Aldiss
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ihn über Chebarbars Schultern, weil sie trotz der Hitze wie vor Kälte zitterte. Dann steckte ich mir das Schwert in den Gürtel, hängte die Laterne daran und versetzte dem Bündel einen Tritt.
    Die Vögel im Krater lärmten nicht mehr. Überall herrschte bedrücktes Schweigen. Die Dunkelheit am Horizont breitete sich rasch über den ganzen Himmel aus. Das Licht der beiden Sonnen, die keineswegs untergegangen waren, wurde aufgesogen und wirkungslos gemacht.
    Nun war bereits der halbe Himmel dunkelgrau oder schwarz. Dann ging die Schwarze Sonne auf! Einen Augenblick lang sah ich sie im Licht der anderen Himmelskörper – eine rabenschwarze Kugel, die finsterste Nacht ausstrahlte. Ein eisiger Wind strich übers Land. Die beiden anderen Sonnen wurden rasch unsichtbar. Völlige Dunkelheit umgab uns.
    Als die Nacht endgültig herabgesunken war, nahm ich meine Laterne zur Hand und versuchte sie anzuzünden. Sie gab kein Licht. Nur die Tatsache, daß ich mir den Finger daran verbrannte, zeigte mir, daß sie überhaupt funktionierte. Die Strahlen der Schwarzen Sonne sogen ihren schwachen Lichtschein völlig auf. Ich hielt sie mir so dicht vors Gesicht, daß ich mir die Augenbrauen versengte, und sah trotzdem nichts.
    Aber vor uns leuchtete etwas.
    Ich hielt Chebarbars Hand und die Zügel unseres Tiger-Rhinos fest, als ich mich an den Kraterrand vorwagte.
    Der leichte Nebel, der vorher über dem Wasser gelegen hatte, war zu einer festen Schicht gefroren, die von innen heraus leuchtete.
    »Ein Weg zum Sexquie Oxin«, flüsterte Chebarbar. »Wie ich gesagt habe – sein Schloß ist nur zu erreichen, wenn die Schwarze Sonne am Himmel steht. Komm, ich habe keine Angst.«
    Das konnte ich von mir keineswegs behaupten. Das Schloß war schon unter normalen Umständen unheimlich genug; die geheimnisvolle Dunkelheit trug nicht gerade dazu bei, es verlockender zu machen. Zudem widerstrebte es mir, mich dieser schwankenden Brücke anzuvertrauen. Als wir sie betraten, ächzte sie vernehmlich.
    Wir ließen unser Tiger-Rhino am Kraterrand zurück und befahlen ihm, dort unsere Rückkehr zu erwarten. Dann wagten wir uns auf die Brücke hinaus. Zu meiner Überraschung trug sie uns beide wie fester Schnee; wir sanken bis zu den Knöcheln darin ein, aber nicht tiefer.
    Auf diese Weise erreichten wir die Insel und das Schloß, dessen Tor offenstand. Eine Quietschstimme rief einige Worte, die Chebarbar mit »Willkommen!« übersetzte. Wir betraten das Schloß, wobei Chebarbar darauf achtete, ihren Talisman deutlich sichtbar zu tragen, und stießen im einzigen Saal auf einen Kamin, in dem ein grünes Feuer lustig brannte. Davor stand der Sexquie Oxin.
    »Wir begrüßen dich!« sagte Chebarbar – oder jedenfalls etwas Ähnliches.
    Sie begrüßte etwas, das ich zunächst für einen großen Weihnachtsbaum hielt. Das Schloß schien nur aus einem Raum zu bestehen, und dieser Baum schien der einzige Einrichtungsgegenstand zu sein. Als ich ihn näher betrachten wollte, zerfiel er in ein halbes Dutzend stachelbewehrter Rohre, die sich ihrerseits teilten, so daß schließlich Dutzende von stachligen Röhrchen vor uns lagen.
    Die meisten Röhren waren damit zufrieden, in unserer Nähe zu liegen; eines stellte sich jedoch auf und hatte plötzlich Ohren und Lippen. Es unterhielt sich mit Chebarbar.
    Während die beiden miteinander sprachen, untersuchte mich eines der Röhrchen und rieb seine Stacheln an meinem Bein. Das Gefühl war mir so unbehaglich, daß ich ihm einen Tritt gab. Sämtliche Röhrchen zuckten daraufhin erschrocken zusammen; die vier oder fünf nächsten protestierten lautstark, nachdem sie zu diesem Zweck Lippen gebildet hatten.
    Nun wußte ich, daß der Sexquie eine Art lebendes Puzzlespiel war, dessen einzelne Teile ein größeres Ganzes ergaben. Das überraschte mich nicht. Nichts überraschte mich mehr. Ich dachte wieder an eine warme Koje an Bord eines Raumschiffs.
    Chebarbar hatte endlich ausgeredet.
    »Na, will er uns helfen?« fragte ich.
    »Er hat versprochen, uns nach Ongustura zu bringen, weil er den Talisman erkennt. Von dir scheint er nicht allzu viel zu halten; ich möchte dir raten, ihn nicht wieder zu belästigen.«
    Der Sexquie wollte sofort aufbrechen. Wir stimmten zu, überquerten die Brücke und fanden zu unserem Entzücken das Tiger-Rhino an der gleichen Stelle vor, an der wir es verlassen hatten. Chebarbar und ich begrüßten es freudig erregt; wir hatten das Gefühl, einen alten Bekannten wiederzusehen! Außerdem war

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