Der Sternenwald
richten?«
Der exzentrische grüne Priester Rossia saß abseits der anderen am Stamm eines Weltbaums, umgeben von Farnen. »Die Bäume möchten natürlich, dass wir beim Kampf gegen die Hydroger helfen. Das Überleben des Weltwaldes und der grünen Priesterschaft steht auf dem Spiel.« Sein Lächeln wuchs in die Breite und zeigte grünes Zahnfleisch. »Sareins Bruder Beneto hat vor kurzer Zeit auf Corvus Landing eine wichtige Frage gestellt. Hat jemand von euch darauf geachtet? Vielleicht solltet ihr alle den Telkontakt nutzen, um die Antwort zu hören.« Er rutschte ein wenig zur Seite, um das zernarbte Bein zu entlasten. »Dann würdet ihr die Dinge vielleicht aus einer anderen Perspektive sehen.«
Sarein vertraute ihrem Instinkt. »Ja, stellen Sie einen Telkontakt her! Fragen Sie die Bäume! Ich finde mich mit ihrer Antwort ab.«
Yarrod und die widerstrebenden grünen Priester verteilten sich unter den Weltbäumen. Sie berührten die schuppige Rinde und schlossen die Augen.
Zwar hatte Sarein gelernt, geduldig und ruhig zu bleiben, aber Anspannung prickelte in ihr. Reynald richtete einen verwunderten Blick auf sie. Mit so etwas hatten sie beide nicht gerechnet, doch offenbar wusste der Weltwald mehr.
Schließlich unterbrach Yarrod den Telkontakt und drehte sich zu Sarein um. Tränen quollen ihm aus den Augen und rannen über die tätowierten Wangen. Grüne Priester sprachen erschüttert und bestürzt miteinander, wirkten wie gescholten.
»Rossia hat Recht«, sagte Yarrod. »Es gibt viele neue Informationen, die die Bäume vor uns zu verbergen versuchten, um uns zu schützen. Der Konflikt ist weitaus größer und älter; es geht um viel mehr als nur Vergeltung für den Einsatz der Klikiss-Fackel bei Oncier. Die Hydroger wollen die Menschheit vernichten, den Weltwald… alles.«
Die grünen Priester waren erschrocken und entsetzt. Yarrod hob den Kopf und sprach voller Ernst. »Ja, wir werden an dem Krieg teilnehmen.«
63 NIRA
Nira und die anderen menschlichen Arbeiter gingen vom umzäunten Zuchtbereich zu den felsigen Hügeln. Sonnenschein fiel auf Niras grüne Haut, gab ihr Kraft, erhielt sie am Leben.
In der Arbeitsgruppe sprach sie mit den Leuten in ihrer Nähe, beschrieb ihnen die majestätischen Bäume von Theroc, die wohltuende Präsenz des riesigen Waldes und die dösende Intelligenz einer uralten Entität. Die Nachfahren der Burton-Kolonisten hatten nie einen Baum gesehen, der größer war als das Gestrüpp auf den Hügeln. Die meisten von ihnen konnten sich solche Dinge nicht einmal vorstellen und viele glaubten, dass sich die seltsame Frau mit der grünen Haut das alles ausdachte.
Durch die Symbiose mit dem Wald war Nira Teil eines lebenden Netzwerks geworden. Sie konnte mit allen anderen grünen Priestern kommunizieren und die gewaltige Datenmenge anzapfen, die der Weltwald im Lauf der Zeit angesammelt hatte.
Aber hier auf Dobro war sie vom Weltwald abgeschnitten.
Im Osten bedeckte hohes braunes Gras die Vorberge. Dunkle, dornige Bäume wuchsen in geschützten Mulden und Nira richtete einen wehmütigen Blick auf die Blätter, sah in den Bäumen kleine Vettern des Weltwaldes. Aber sie gehörten nicht zu ihm.
Ildiranische Wächter und Arbeiter, gekleidet in die Uniformen der jeweiligen Geschlechter, begleiteten die Menschen zu den Ausgrabungsstätten. Diese speziellen Ildiraner waren für die Arbeit geboren und niemand von ihnen hielt es für möglich, dass die Gefangenen vielleicht nicht den Tag damit verbringen wollten, produktiv zu sein und dem Dobro-Designierten zu helfen.
»Manche besonders akrobatische junge Leute auf Theroc werden zu Baumtänzern ausgebildet«, sagte Nira sehnsüchtig, ohne ihre Worte an eine bestimmte Person zu richten. »Sie springen von Ast zu Ast, drehen dabei Pirouetten in der Luft.« Sie lächelte, als sie sich an die Darbietungen der Baumtänzer erinnerte, an ihre gewagten Sprünge und die atemberaubenden Drehungen. »Die Bäume unterstützen ihre Agilität. Nie stürzt jemand ab.«
Neben ihr fuhr eine Frau in mittleren Jahren unbeeindruckt damit fort, den Boden zu hacken und Steine zu lösen. Nira seufzte, sprach aber weiter. Die anderen Menschen in der Nähe schienen ihr keine Beachtung zu schenken, doch sie wusste, dass sie zuhörten. Ihre Geschichten waren eine willkommene Abwechslung für sie.
Die Aufseher führten die menschlichen Arbeiter in tiefe Erosionsschluchten, wo alte Gesteinsschichten mit wertvollen perlweißen Fossilien freilagen. Mit einem
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