Der Sternenwald
öffnen.
Im Isolationszimmer blickte sie zur geschlossenen Tür, blinzelte, öffnete ihr Selbst und nahm Eindrücke auf. Es fiel ihr leicht, eine Person zu spüren, die an der Tür stand und darauf wartete, von ihr wahrgenommen zu werden.
»Der Erste ist da«, sagte Osira’h laut. Sie wusste, dass man sie beobachtete. »Er ist stark und… pflichtbewusst.« Sie atmete tief durch und ließ sich von den Impressionen durchströmen. »Er führt Befehle aus, ohne Fragen zu stellen. Er kennt seinen Platz und strebt keine bessere Position an… weil er glaubt, bereits das Beste für sich erreicht zu haben.« Sie lächelte, als ihr die Antwort einfiel. »Er ist ein Wächter.«
Die Tür glitt auf und gewährte ihr Blick auf den kräftig gebauten Ildiraner des Soldaten-Geschlechts, der im Korridor stand. Die Tür glitt wieder zu und Osira’h wusste, dass der Wächter jetzt fortging.
Sie sah zur Decke hoch. »Das war überhaupt keine Herausforderung. Soldaten sind ganz deutlich zu erkennen.«
Niemand antwortete, aber Osira’h zweifelte nicht daran, dass man sie hörte. Sie hörten immer zu. Und Osira’h versuchte immer, sie zu beeindrucken.
Erneut konzentrierte sie ihre Aufmerksamkeit auf die Tür und spürte, wie sich eine andere Präsenz näherte, zurückwich, erneut näher kam… Jemand schien unschlüssig zu sein. Oder vielleicht waren es mehrere Personen. Osira’h gewann einen Eindruck von wirren, hektischen Gedankenmustern.
Sie spürte eine tiefe Sehnsucht, den innigen Wunsch zu helfen, zu pflegen und zu verhätscheln. »Natürlich.« Osira’h lachte leise. Ildiraner des Bediensteten-Geschlechts waren nie allein, traten immer in Gruppen auf und hasteten hin und her, wenn sie Anweisungen ausführten. Notwendige Arbeit zu leisten und dafür gelobt zu werden – für sie bedeutete das reinste Ekstase.
»Mal sehen. Bedienstete, aber wie viele? Sie unterscheiden sich kaum voneinander, denken alle die gleichen seichten Gedanken, aber ich höre… drei, nein, vier klare Echos. Es sind vier Ildiraner des Bediensteten-Geschlechts.«
Wieder öffnete sich die Tür und Osira’hs Blick fiel auf ein Quartett kleiner, zwergenhafter Ildiraner. Sie sahen sie aus ihren großen Augen an, als wollten sie in den Raum eilen und ihr irgendwie helfen. Doch die Tür schloss sich wieder, bevor sie das Isolationszimmer betreten konnten.
Osira’h lehnte sich zurück und fragte sich, ob die Tester wussten, wie leicht ihr dies fiel. Ihr Ziel bestand darin, die verschiedenen Bedürfnisse einer Person zu erkennen und zu verstehen, was eine Lebenskraft antrieb. Es ging darum, die beste Möglichkeit für eine echte Kommunikation zu finden.
Die Hydroger waren unglaublich fremdartig und würden sehr viel schwerer zu deuten sein als irgendwelche Ildiraner. Außerdem durfte Osira’h keine Kooperationsbereitschaft von ihnen erwarten.
Manchmal versuchte der Dobro-Designierte, sie durcheinander zu bringen, indem er menschliche Gefangene bei den Tests verwendete, aber auch sie waren leicht zu erkennen. Ihrem Bewusstsein mangelte es an Strukturierung und Bildung, dadurch wirkte es hungrig, voller Fragen und ohne Antworten. Bei den Menschen gab es keine Kategorien wie bei den Ildiranern; sie waren alle Individuen.
Wieder näherte sich ein Testobjekt der geschlossenen Tür. Erneut konzentrierte sie sich in dem Bemühen, die Person zu identifizieren.
Diesmal nahm sie eine Fülle widerstreitender Emotionen und intensiver Gedanken wahr. Dieses Selbst schien stark genug zu sein, sie zu verwirren und ihren Sondierungen auszuweichen. »Ah, endlich eine echte Herausforderung«, sagte Osira’h.
»Ich fühle Kraft und Entschlossenheit, außerdem… viele Geheimnisse. Diese Person versteht es meisterhaft, ihre Gedanken für sich zu behalten. In ihren Motivationen gibt es nicht den geringsten Zweifel. Diese Person kennt die Wahrheit und weiß, was getan werden muss, auch wenn ihr andere nicht beipflichten. Sie weiß tief in ihrem Herzen, dass sie Recht hat.«
Osira’h lächelte, als sie Kraft und ein unerschütterliches Pflichtbewusstsein spürte. Diese Person war sich ihrer selbst ebenso sicher wie ein Soldat und fest entschlossen, das Ildiranische Reich zu retten.
Das Mädchen lachte erneut. »Du lernst, mich zu täuschen, Designierter.«
Einmal mehr öffnete sich die Tür und Udru’h stand mit verschränkten Armen da, sah Osira’h voller Stolz an. »Du wirst mit jedem Tag besser. Ich war sicher, meine Gedanken vor dir verbergen zu
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