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Der Sternenwald

Der Sternenwald

Titel: Der Sternenwald Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kevin J. Anderson
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erste Erfahrung mit diplomatischen Lügen und bestimmt würde es nicht die letzte sein.
    Sie wollte diese Routine möglichst schnell hinter sich bringen und hob einen kleinen Topf, in dem ein fedriger Schössling wuchs – ihr offizielles Geschenk. »Dieser kleine Baum ist für Sie als Vorsitzenden der Terranischen Hanse bestimmt. Möge er groß werden und so gut gedeihen wie die Hanse.«
    Dass man sie aufgefordert hatte, dieses Geschenk dem Vorsitzenden zu geben und nicht dem König, bot einen Hinweis auf die wahre Machtverteilung.
    »Danke, Estarra«, sagte Basil, nahm den Schössling aber nicht selbst entgegen. Er winkte einem blonden Bediensteten zu, der sofort nach dem Topf griff, sah dann wieder Estarra an und lächelte so, als wäre sie ein kleines Mädchen. »Lassen Sie uns jetzt zu König Peter gehen. Bestimmt haben Sie lang auf diesen Augenblick gewartet.«
    Zwar sollte Estarra den Rest ihres Lebens mit Peter verbringen, aber man gab ihr kaum die Möglichkeit, mit ihm zu sprechen. Ihre erste Begegnung fand bei einem inoffiziellen Mittagessen in einem Wintergarten statt, der zu einem der labyrinthenen Flügel des Flüsterpalastes gehörte und dessen Decke aus Glas bestand. Eine Parade aus Bediensteten bot Estarra Gebäck und Süßigkeiten an, aber sie war nicht hungrig.
    Der König saß am anderen Ende des glänzenden Tisches und trug eine gut sitzende, zweckdienliche graublaue Uniform, die die mageren Zeiten in der Hanse zu symbolisieren schien. Ein alter Lehrer-Kompi stand wie ein persönlicher Berater neben ihm und Basil Wenzeslas saß an der Ecke.
    Andere Repräsentanten und Funktionäre sprachen laut miteinander und das Brummen der Konversation umgab Estarra wie ein akustisches Dickicht. Dieser angeblich so zwanglose Empfang schien sorgfältig arrangiert zu sein, damit Peter und sie keine Gelegenheit bekamen, mehr als nur einige Höflichkeitsfloskeln zu wechseln.
    Der König war attraktiv, das musste sie zugeben. Sie hatte sein Bild in den Nachrichtenvideos gesehen und ihn immer für wohlerzogen gehalten. Das blonde Haar, die blauen Augen und die feinen Gesichtszüge brachten einen gewissen Magnetismus zum Ausdruck. Doch jedes Wort, das er in der Öffentlichkeit sprach, schien sorgfältig ausgewählt und einstudiert zu sein.
    Während sie sich gegenübersaßen, wechselten sie verstohlene Blicke, als versuchten sie, geistig miteinander zu kommunizieren. Peter musterte Estarra so wie sie ihn und versuchte, einen Eindruck von ihr zu gewinnen. Sie fragte sich, ob er eine ähnliche Unsicherheit spürte wie sie.
    Ein Teil der Steifheit verflüchtigte sich, als Estarra Mitleid mit dem jungen König empfand und begriff, dass sie beide im gleichen Dilemma steckten. Derzeit waren sie kaum mehr als von höheren Mächten bewegte Marionetten. Ihnen stand eine sehr schlechte Ehe bevor, wenn sie sich wie Feinde behandelten. Als sich erneut ihre Blicke trafen, schenkte sie ihm ein sanftes Lächeln. Peter schien erst überrascht und dann erfreut zu sein und erwiderte das Lächeln.
    Der Vorsitzende und Sarein hoben kleine Tassen, die Zimttee enthielten, angeblich das Lieblingsgetränk des Königs, obwohl er es mit nicht mehr Begeisterung als Estarra getrunken hatte. »Auf das königliche Paar«, sagte Basil Wenzeslas. »Möge ihre Liebe und dieses Bündnis die Hanse stärker werden lassen.«
    »Auf das königliche Paar!«, wiederholte Sarein.
    Estarra und Peter hoben ihre Tassen ebenfalls und sahen sich an, ohne miteinander reden zu können.

69 GENERAL KURT LANYAN
    Als die grünen Priester auf dem Mars eintrafen, empfing General Lanyan sie mit solchem Enthusiasmus, als hätte er eine neue Waffe bekommen, mit der er spielen konnte.
    Er wartete im großen Besprechungszimmer des Stützpunkts, als Transportkapseln andockten und die Passagiere ausstiegen. Der General wanderte unruhig umher und konnte es gar nicht abwarten, einen ersten Eindruck von den lang erwarteten Theronen zu gewinnen.
    Die grünen Priester kamen herein, wirkten desorientiert und verunsichert: neunzehn Männer und Frauen, unterschiedlich alt und unterschiedlich gebaut. Alle hatten grüne Haut – hier etwas heller, dort etwas dunkler – und waren vollkommen haarlos. Jeder Priester trug einen Topf mit einer Pflanze. Die Weltbäume waren einen knappen Meter groß und ihre fedrigen Blattwedel neigten sich nach unten.
    Tätowierungen im Gesicht und an den Armen wiesen auf ihren jeweiligen Rang und ihr Spezialgebiet in dieser mysteriösen Religion hin. Sie

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