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Der Sternenwald

Der Sternenwald

Titel: Der Sternenwald Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kevin J. Anderson
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sie neben Lotze auf der Hightech-Palette, die quälend langsam zum Rand der Klippe glitt und dann in die Tiefe sank. »Das Ding ist dazu bestimmt, große Container zu transportieren. Rennen kann man damit nicht gewinnen.«
    Rlinda steuerte die Palette unter den Überhang und landete im Zugang eines Tunnels. Staub hatte sich dort in den Ecken angesammelt. Die Luft war trocken und ihre Schritte verursachten leise, nach einem Flüstern klingende Geräusche.
    Davlin deutete auf Lampen und Kabel in den Tunneln, auf Markierungen an den Wänden und zurückgelassene Kennzeichnungen. »Aus Margarets Schilderungen geht hervor, dass sie sich hier wichtige Entdeckungen erhoffte.«
    Rlinda spähte in die Schatten und leuchtete mit ihrer Lampe. »Vielleicht hat stattdessen etwas sie entdeckt. Ich hätte eine Waffe mitnehmen sollen. Es befinden sich zwei an Bord, glaube ich.«
    Lotze konzentrierte sich auf die Umgebung und suchte mit allen seinen Sinnen nach Hinweisen. Tiefer in der Klippenstadt fanden sie die verstreuten Reste einer Barrikade, die den Eindruck erweckte, in aller Eile in der Tür eines großen Raums errichtet worden zu sein.
    Jemand oder etwas hatte sie von außen aufgerissen. Rlinda leuchtete in den Raum, sah Maschinen und große, flache Wände.
    Und auf dem Boden die Leiche eines alten Mannes.
    Lotze eilte durch die Lücke in der Barrikade und leuchtete mit seiner eigenen Lampe. Der Leichnam von Louis Colicos war besser erhalten als der des grünen Priesters, so gut, dass die Spuren seines gewaltsamen Todes deutlich sichtbar waren. Der zerschundene Körper wies viele tiefe Wunden auf. Rlinda sah sich misstrauisch um und warf auch einen argwöhnischen Blick über die Schulter, als rechnete sie damit, dass sich etwas aus dem Dunklen auf sie stürzte.
    An einer Wand zeigte sich eine trapezförmige leere Stelle, wie ein Fenster aus Stein – seltsamerweise fehlten dort Klikiss-Zeichen. Symbolplatten umgaben das steinerne Fenster. Die Wand wies rote Flecken und Streifen auf, blutige Abdrücke – in den letzten Momenten seines Lebens schien Louis Colicos gegen die Wand geschlagen zu haben, wie mit der Absicht, sie zu öffnen.
    Lotze runzelte die Stirn, als er die leere Wand mit den Blutflecken betrachtete. »Zwei Leichen und noch immer keine Erklärungen. Und wo ist Margaret Colicos?«
    Es lief Rlinda kalt über den Rücken und sie ahnte, dass sie tatsächlich lange auf Rheindic Co bleiben würden.

40 ANTON COLICOS
    »Ich habe eine Aktivität gewählt, die Ihnen gefallen wird, Erinnerer Anton«, sagte Vao’sh. »Mich faszinieren die traditionellen menschlichen Methoden des Geschichtenerzählens und ich möchte versuchen, sie zu rekonstruieren.«
    Der ildiranische Erinnerer brachte Anton zur Meeresküste und dort saßen sie allein auf einem Plateau, gut zehn Meter über dem Wasser einer abgeschirmten Bucht. Ein warmer Wind wehte und Anton nahm den säuerlichen Geruch von aquatischen Pflanzen wahr, von Ansammlungen großer orangefarbener Blumen, die wie eine Mischung aus Seerosen und langen Kelpbändern aussahen.
    Geschäftige, schnatternde Bedienstete waren vor ihnen eingetroffen, hatten Treibholz kegelförmig aufgeschichtet und an einigen Stellen trockenen Zunder hinzugefügt. Die kleinen Ildiraner zündeten den Stapel an und eilten fort.
    Die Historiker blieben allein zurück und setzten sich auf weiches, kissenartiges Moos. Die Flammen leckten höher, und ihr flackernder Schein fiel auf die Gesichter der beiden Männer.
    »Ist dies das korrekte Ambiente, Erinnerer Anton?«, fragte Vao’sh. »Erzählen sich Menschen Geschichten an einem Lagerfeuer am Meer?«
    Anton lächelte. »Ja. Allerdings fehlt ein wichtiges Element. Man erzählt die Geschichten am besten in der Dunkelheit, nicht im strahlenden Sonnenschein.«
    Vao’sh schauderte. »Daran würde kein Ildiraner Gefallen finden.«
    Anton beugte sich zum Feuer vor und rieb sich die Hände. »Es geht auch so.«
    Als Kind, so erinnerte er sich, war er im archäologischen Lager auf Pym manchmal bis spät abends aufgeblieben und hatte sich am Lagerfeuer die Geschichten seiner Eltern angehört. Kurze Trauer erfasste ihn und er hoffte, dass seine Mutter und sein Vater wohlauf waren. Hier auf Ildira würde er so bald nichts von ihnen hören.
    Er atmete tief durch. »Noch bevor unsere Zivilisation schriftliche Aufzeichnungen kannte, saßen Geschichtenerzähler an Lagerfeuern und wussten sich in Sicherheit, denn die gefährlichen Wölfe, Höhlenbären und Säbelzahntiger

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