Der Stierkampf
ihnen Zeichen mit der Hand. Tsugami spürte eine bedrückende Unruhe in sich, als würde er von unsichtbaren Fäden zusammengeschnürt. Er war über Tashiros Unverschämtheit so sehr verärgert, wie er dies bisher kaum erlebt hatte, und er sann nach, was er wohl sonst noch von diesem Mann gewärtigen müsse. Das Problem der Verpflegung für die Stiere konnte er aber unmöglich beiseite schieben, und so sagte er schließlich:
»Schön, ich werde mit Okabe verhandeln …« Dann verabschiedete er sich und ging zu dem Transport hin. Dort fand er einige Angestellte seiner Zeitung vor, die mit dem Stierkampf zu tun hatten, und es ging sehr lebhaf bei ihnen zu. Ein paar Leute aus der Photo-Abteilung versuchten, während sie flink hin und her sprangen, die Tiere möglichst günstig in ihre Linse zu bringen. Um sieben Uhr begann man den Stadtumzug der Stiere vorzubereiten. Gerade als diesen prachtvolle Zeremonialtücher auf den Rücken gelegt wurden, erschien Tashiro, der inzwischen seine langen Hosen mit Knickerbocker vertauscht, den Ledermantel ausgezogen hatte und bis zu den Hüfen einen Halbmantel sowie auf dem Kopf einen Jägerhut trug. Er sollte auf einem Lastwagen hinter dem Zug herfahren und ihn leiten. Dann stand plötzlich der Journalist Y vor Tsugami. Er habe, beklagte er sich, schon überall verzweifelt nach ihm gesucht. Könnte man den Umzug nicht eine Stunde früher beginnen lassen, es sei sonst fraglich, ob sie bis Redaktionsschluß mit den Bildern fertig wären. Tsugami antwortete ihm, er möge sich an Tashiro wenden, er selber habe nichts dagegen, und da meinte Y lachend: »Ich fürchte, die Kollegen, die heute die Zeitung zusammenstellen, werden in Klagegeschrei ausbrechen!«, und führt fort:
»Zu den Hauptartikeln über den Generalstreik vom . Februar und die Jikoson-Sekte sollen sie noch den Daimyo-Umzug der Stiere dazunehmen, und da ist schließlich auch noch der Bericht des Spezialkorrespondeten ›Unterwegs mit den Stieren‹!«
»Tja«, erwiderte Tsugami, »ein paar Tage müssen wir wohl noch Geduld haben, gewissermaßen mit geschlossenen Augen weitergehen …«
So häufen sich also für die an sich schon in ihrem Raum beschränkte Zeitung die unverzichtbaren Nachrichten. Eine andere, größere Zeitung hätte sich auf den Generalstreik vom . Februar konzentrieren müssen, er wäre der unbestrittene Mittelpunkt der Ausgabe geworden, aber Tsugami rückte mit einer in der Tat blinden Entschlossenheit den Stierkampf rücksichtslos in das Zentrum der Spalten.
Y sah auf seine Uhr.
»Oh, es ist schon sieben? Ich habe heute noch entsetzlich viel zu tun!«
Er zündete sich eine Zigarette an, stieß hastig
ihren Rauch mit weißem Atemdunst zusammen aus und ging mit kleinen Schritten schnell auf Tashiro zu.
Der Zug der Stiere brach tatsächlich früher als geplant auf. Vor jedem der zweiundzwanzig Tiere wurde eine an einem Stock befestigte Flagge hergetragen, auf der der Name des Stiers gepinselt war, rechts und links von jedem befand sich ein Treiber, und so verließen die Stiere, mit einem Abstand von jeweils etwa zwei Metern schließlich das Gelände. Bereits an der Straße, die an den Holzzaun des Bahnhofs grenzte, standen die Neugierigen dicht gedrängt beieinander. Während Tsugami dem Zug eben nachsah, sprang Tashiro, der mit ein paar Zeitungsleuten, die ein Mikrofon und Zeitungsfähnchen in den Händen hielten, und den Züchtern der Stiere auf einem hinterherfahrenden Lastwagen gestanden hatte, in einem prachtvollen Schwung herunter, kaum daß sich der Wagen in Bewegung gesetzt hatte, und rannte zu Tsugami hin. Als sei ihm unerwartet etwas Wichtiges eingefallen, rief er ihm lachend zu: »Beschaffen Sie 00 000 Yen! Bis morgen mittag um zwei Uhr genügt’s!«
Man hätte meinen können, es sei dies die einfachste Sache der Welt. Dann setzte er hinzu: »Die Tagesgelder der Treiber sind eigentlich erst nach der Veranstaltung von Ihrer Zeitung zu bezahlen, aber die Leute fordern das Geld schon jetzt! Es tut mir leid, daß ich Sie damit belästigen muß, aber ich bitte Sie dringend!«
Tsugami wurde es ein wenig schwach in den Knien. Die Stierkämpfe begannen erst am übernächsten Tag, und so wäre es ihm peinlich gewesen, offen zuzugeben, daß seine Zeitung über eine Summe von dieser Höhe nicht verfügte. Während er noch verlegen über eine Antwort nachsann, sagte Tashiro unbewegt:
»Na – also das wäre es eigentlich, was ich Ihnen sagen wollte …«
Er schien noch kurz über
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