Der Stierkampf
irgend etwas nachdenken zu wollen, rief aber dann: »Also …«, hob leicht die Hand zum Gruß, und schon hatte er Tsugami den Rücken gekehrt. Während ihm der aus dem Mantelkragen quellende Schal vom Wind hochgezerrt wurde, rannte er, als würde sein kräftiger Körper nach vorne fallen, auf den Lastwagen zu.
Tsugami kehrte zur Redaktion nach Osaka allein zurück. Als er die Treppe hinaufstieg, meldete ihm ein von oben entgegenkommender Reporter, der gerade Dienst tat, es warte ein Besuch für ihn, und er nahm dessen Visitenkarte aus der Tasche. Als Tsugami sie las, handelte es sich um den Direktor der Ostasiatischen-Pharmazie-Firma, der Yoshinosuke Miura hieß und neuerdings nicht nur in Zeitungen und Wochenschrifen, sondern sogar in Straßenbahnen und Omnibussen für sein Munderfrischungsmittel Seiryō (»Rein und Frisch«) Reklame machte und dieses bereits mit beträchtlichen Erfolg verkaufe, obgleich er selber in der Geschäfswelt bisher völlig unbekannt gewesen war. Tsugami war ihm bisher noch nie begegnet, aber hatte über dessen energische und kecke Art, Reklame zu treiben, im Presseclub schon öfer erzählen hören.
»Ich sagte ihm, ich wüßte nicht, wann Sie wieder in die Redaktion kommen, aber er antwortete, bis Punkt zwölf wolle er in jedem Fall auf Sie warten!«
Als Tsugami den im ersten Stock gelegenen Empfangsraum betrat, saß Miura auf einem Stuhl, hatte »Time« oder irgendeine andere ausländische Zeitschrif auf den Knien liegen und strich hier und dort mit Rotstif etwas an; doch kaum hatte er Tsugami bemerkt, erhob er sich und sagte mit klarer Stimme: »Mein Name ist Miura …«
Es war ein junger Mann von etwa dreißig Jahren, – er trug langes Schläfenhaar, hatte sich lose und breit eine rote Krawatte umgebunden und wirkte auf den ersten Blick wie ein affektierter Regieassistent aus der Filmbranche, doch als er aufstand, hätte man glauben können, er wolle gegen jemanden zum Kampf antreten, so kräfig und energiegeladen wirkte er.
»Ich bin heute mit ein er Bitte zu Ihnen gekommen: könnten Sie nicht meiner Firma sämtliche Eintrittskarten für den Stierkampf mit einem Rabatt von zwanzig Prozent überlassen? Was meinen Sie?« Stehend und ohne sich setzen zu wollen, brachte Miura das Gespräch unverzüglich auf das, worauf es ihm ankam. Tsugami schien nicht recht zu begreifen, mit welcher Absicht dieser Mann erschienen war.
»Nun, nehmen Sie bitte Platz!«, sagte er höflich und musterte die Kleidung dieses jungen Herrn, der sich offenbar der heutzutage tonangebenden Klasse zurechnete und daher vor allem sein Geld wirken lassen wollte. Tsugami betrachtete ihn von dem reinlich weißen Kragen hinunter bis zu den Spitzen der blankgewichsten Schuhe, dann glitt sein Blick auf Miuras Gesicht, das von den etwas zu schroffen und einen außerordentlichen Willen verratenden Augen beherrscht war. Das Gesicht besaß die furchtlose Klarheit und Unmittelbarkeit, die wohlerzogenen Menschen eigen ist, doch aus diesen Augen leuchtete eine Energie, die nicht nur von seiner Jugend herrührte.
Als Tsugami mit der Antwort zögerte, holte Miura in entspannter Haltung, wie um seinem Partner etwas Zeit zum Überlegen zu gönnen, eine Zigarettendose aus der Tasche, zündete sich eine Zigarette an und stieß den violetten Rauch gemächlich aus. Dann sagte er in ruhigerem Tone als zuvor:
»Vielleicht finden Sie meinen Vorschlag sehr selbstsüchtig – ich bin aber dafür bereit, die ganze Summe im voraus zu zahlen. Für Ihre Zeitung bedeutet das Geschäf mit mir zwar eine Einbuße von zwanzig Prozent, doch kann Ihr Unternehmen auf gar keinen Fall mehr etwa durch Regen oder gar Erdbeben finanziell scheitern.« Er wechselte die Beine, die er übereinandergeschlagen hatte, und blickte Tsugami erwartungsvoll an, doch als er erkannte, daß jener noch immer in passives Schweigen versunken war, sagte er:
»Ich sprach eben davon, daß ich sämtliche Eintrittskarten kaufen wolle, doch wäre das nur eine interne Abmachung – nach außen hin könnte natürlich Ihre Zeitung die Karten vertreiben!« »Was bezwecken Sie eigentlich mit diesem – um zwanzig Prozent verbilligten – Aufauf der Karten?«, öffnete Tsugami nun zum ersten Mal den Mund.
»Ich möchte sie zur Reklame verwenden!« »Ah so …«
Tsugami spürte, wie sich die Muskeln seiner Wangen seltsam versteifen. Diese allzu selbstbewußte Haltung seines Gesprächspartners, der auf eine schnelle Antwort drängte, stimmte ihn ärgerlich, und er fühlte
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