Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der stille Herr Genardy

Der stille Herr Genardy

Titel: Der stille Herr Genardy Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hammesfahr Petra
Vom Netzwerk:
handelt, nicht wahr?« Er schwieg, ließ sich durch den Kopf gehen, was er da eben gehört hatte. Ein Verdacht! Ein Verdacht gegen den jungen Mann aus dem Dachgeschoß. Er fragte sich, ob die Alte wohl so weit gegangen war, ihre Mutmaßungen der Polizei gegenüber zu äußern. Natürlich hatte sie, sie war geschwätzig. Nun, ihm konnte es nur recht sein. Er konnte vielleicht sogar noch ein wenig tun, um den Verdacht zu erhärten. Der junge Mann war noch nicht daheim. Jetzt waren die Beamten im zweiten Stock. Zu ihm kamen sie wenig später. Er hatte fest damit gerechnet, dennoch versetzten ihn der Anblick der beiden Uniformen, das Foto, das sie ihm entgegenstreckten, und die Fragen, die sie dazu stellten, in eine gelinde Panik. Noch nie zuvor hatte er mit der Polizei zu tun gehabt. Jetzt galt es, jedes Wort konnte ein Fehler sein. Er bat die Männer herein, führte sie in die Küche, dankte dem Schicksal, oder was immer es auch gewesen sein mochte, daß er sich nicht morgens daran gemacht hatte, die Schränke von den Wänden abzumontieren. Er hätte sie ohne weiteres alleine zum Wagen schaffen können, aber er hatte es nicht getan. Zum Glück, wie leicht hätte einer auf dumme Gedanken kommen können, hätten sie bemerkt, daß die Wohnung gut zur Hälfte geräumt war. Mit eisernem Willen hielt er die Hände unter Kontrolle und rief sich ins Gedächtnis, daß es in seiner Vergangenheit zwar die dunklen Punkte gab, doch die waren nie von Bedeutung gewesen, nicht für die Polizei. Sie kamen zu ihm, weil sie jetzt zwangsläufig jeden im Haus befragen mußten, wahrscheinlich auch noch jeden in den Nachbarhäusern. Es gehörte zu ihren Pflichten, war reine Routine. Der Gedanke gab ihm ein wenig Ruhe. Er sah davon ab, den Verdacht gegen den jungen Mann zu verstärken. Die beiden Polizisten waren freundlich, wenn auch sehr ernst. Er beantwortete ihre Fragen. 
    Da sie schon mit der Alten gesprochen hatten, beschränkte er sich auf den Hinweis, daß er das Kind ebenfalls kannte, flüchtig! Daß er es mehrfach hier vor dem Haus gesehen hatte, auch einmal auf den kalten Steinen vor der Tür sitzend, so im Februar müsse das gewesen sein. Da habe er sogar einmal mit dem Kind gesprochen. Das sei aber nicht gesund, auf den kalten Steinen zu sitzen, habe er gesagt. Und das Kind habe geantwortet, es warte hier nur auf einen Freund, der ihm bei Schularbeiten helfen solle. Wen es damit gemeint habe, könne er beim besten Willen nicht sagen. Er wisse nicht genau, ob es Kinder dieses Alters in der Nachbarschaft gäbe. Darum habe er sich nie gekümmert. Und in letzter Zeit habe er das Kind auch nicht mehr gesehen. Die Beamten bedankten sich und gingen wieder. Kaum hatte er die Tür hinter ihnen geschlossen, da fiel ihn das Zittern an wie ein wildes Tier. Er fragte sich, ob es richtig war, was er gesagt hatte. Richtig, sich darauf zu verlassen, daß die Alte eine falsche Spur gelegt hatte, die so falsch auch wieder nicht war. Ganz bestimmt hatte sie, sie hatte sich mehr als einmal darüber erregt, wie die jungen Dinger sich im Dachgeschoß die Türklinke in die Hand gaben, und über die laute Musik am Abend. Sollten sie nur nachforschen, gründlich und hartnäckig, wie es so ihre Art war. Dann würden sie zumindest auf die Nachmittage stoßen, die das Kind tatsächlich im Dachgeschoß verbracht hatte. Ob der Junge da oben sich dann noch aus der Klemme reden konnte, das ging ihn nichts mehr an. Es lagen noch ein paar Süßigkeiten in den Küchenschränken. Er schlang drei mit Nüssen gefüllte Schokoladenriegel in sich hinein. Das Zittern ließ ein wenig nach, auch der Kopf klärte sich. Die Gedanken schlugen nicht mehr übereinander. Schließlich gelangte er zu der Überzeugung, daß er sich genau richtig verhalten hatte. Er hatte der Polizei nicht zuviel gesagt und nicht zu wenig. Er hatte niemanden direkt beschuldigt, hatte sich höflich und distanziert gegeben, interessiert nur insoweit, als man sich eben als Außenstehender für solch eine Sache interessierte. Er fragte sich, wann man das Kind wohl finden würde. Solange man es nicht fand, konnte die Polizei nicht viel mehr unternehmen. Es war eine Zeitfrage. Vielleicht fand man es erst in ein paar Monaten, vielleicht nur durch einen Zufall. Er wußte genau, daß sich niemand um diesen Garten kümmerte. Dennoch überlegte er, ob es irgend eine Verbindung gab zwischen der Gartenlaube und ihm. Es gab keine, nur Zufälligkeiten. 
    Ein alter Mann, der ihm vor Jahren von seinem Garten

Weitere Kostenlose Bücher