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Der stille Herr Genardy

Der stille Herr Genardy

Titel: Der stille Herr Genardy Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hammesfahr Petra
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häufig, um nach dem Rechten zu sehen. Ihren Worten nach zu schließen, betreute sie das Kind ständig, würde es also immer mitbringen, und es ging mit Riesenschritten auf den Sommer zu. Da zog man den Kindern keine dicken Strumpfhosen mehr an, da ließ man auch einmal die Windeln weg. Da stellte man vielleicht ein Wasserbecken in den Garten und ließ so ein Kleines darin planschen. Noch am gleichen Abend begann er mit seinen Vorbereitungen, packte zusammen, was in seinen Schränken verstaut lag. Viel war es nicht, aber er vermißte ein sehr wertvolles Stück, die goldene Krawattennadel mit dem kleinen Diamanten. Er hatte sie schon vermißt, als er sich für den Antrittsbesuch zurechtmachte. Aber da hatte er noch gedacht, er habe sie nur verlegt. Das Kind hatte sich schon beim ersten Aufenthalt in seiner Wohnung für die Schmuckstücke interessiert. Zu sehr, und zu dem Zeitpunkt hatte er ihm noch nicht so recht getraut, hatte die Kostbarkeiten lieber in den Schrank gelegt, damit sie nicht so augenfällig herumlagen. Die Manschettenknöpfe hatte er auch dort gefunden. Und nicht mehr die Zeit gehabt, nach der Nadel zu suchen, weil er nicht zu spät kommen wollte. Jetzt suchte er lange, schaute in jeden Winkel, jede Ritze, mochte sich einfach nicht mit dem Gedanken abfinden, daß das Kind sie genommen hatte. Gelegenheit dazu hatte es sicherlich gehabt. Er hatte es häufiger für ein paar Minuten alleine im Zimmer gelassen, um etwas aus der Küche zu holen, ein Glas Limonade, ein paar Kekse, einen mit Nüssen gefüllten Schokoladenriegel. Kleines Biest, dachte er voller Wut, wer lügt, der stiehlt. Und angelogen hatte es ihn wahrscheinlich mehr als einmal. In der Nacht schlief er nicht gut. Die Stimme des Kindes geisterte ihm im Kopf herum, all die vielen Beteuerungen. Meiner Mutter sage ich nie etwas. Die Kinder in meiner Klasse sind mir alle zu blöd, mit denen rede ich gar nicht. Der Lehrer ist so komisch, wenn er mich ansieht, weiß ich gar nicht, was ich sagen soll. Die Nachbarn bei uns im Haus mögen auch keine Kinder. Der Himmel allein mochte wissen, was davon der Wahrheit entsprach und was nicht. Aber jetzt war es nicht mehr zu ändern, und jetzt ging es doch wieder bergauf. Er wollte sich von einem gestohlenen Schmuckstück nicht die gute Stimmung verderben und nicht die Ruhe nehmen lassen. Mochte es noch so kostbar gewesen sein, es gab Schöneres im Leben. 
    Gleich am nächsten Morgen gab er auf seiner Arbeitsstelle Bescheid, daß er in einer dringenden Familienangelegenheit für zwei Tage verreisen müsse. Mit dem Hausbesitzer wollte er am Nachmittag reden, so ein Gespräch von Mann zu Mann. Über die hochschwangere Tochter in Norddeutschland, in deren Ehe es kriselte. Die jetzt unbedingt seine Nähe und seinen Beistand brauchte, sofort und nicht erst in drei Monaten. Vielleicht, daß er noch etwas retten konnte, schon um der Enkelkinder willen. Nur die Kündigungsfrist für die Wohnung, die konnte er dann natürlich nicht einhalten. Er war sicher, daß der Hausbesitzer Verständnis für ihn aufbringen würde. Es würde auch nicht schwer sein, einen Nachfolger für ihn zu finden. Anschließend fuhr er in die Stadt und mietete einen geeigneten Wagen. Dann stand er da und betrachtete die Möbelstücke. Er konnte sie ohne Hilfe unmöglich alle aus diesem Haus hinaus und in das andere hinein schaffen. Aber er konnte den jungen Mann aus dem Dachgeschoß um Hilfe bitten, wenn der am Nachmittag daheim war. Bis dahin konnte er schon einmal die leichten Teile fortschaffen. Aus dem Wohnzimmer nahm er den Tisch und die beiden Sessel; die Couch und den Schrank ließ er stehen. Bis kurz vor Mittag war er damit beschäftigt, all das zu verladen, was er alleine die Treppen hinuntertragen konnte. Das Bett und eine Kommode, einen schmalen Schrank, der sich in Einzelteile zerlegen und leicht wieder zusammenbauen ließ, eine Anrichte und die Kartons mit seinen Kleidungsstücken, dem Geschirr und anderen notwendigen Dingen. Als er zum drittenmal hinunter wollte, tauchte die Alte von nebenan bei der Tür auf. Er hatte keine Lust auf ein längeres Gespräch und ausführliche Erklärungen. Am Ende lud sie ihn nur ein, um den Abschied zu feiern. Fragte vielleicht nach der neuen Adresse, um ihn einmal besuchen zu können. Er sagte nur beiläufig, daß er ein wenig alten Kram fortschaffen müsse, um Platz zu machen für Neues. Weil seine Tochter sich derzeit neu einrichte und er ein wenig von ihren Sachen übernehmen könne. Gute

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