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Der stille Krieg - McAuley, P: Der stille Krieg - The quiet war

Der stille Krieg - McAuley, P: Der stille Krieg - The quiet war

Titel: Der stille Krieg - McAuley, P: Der stille Krieg - The quiet war Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul McAuley
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sämtliche psychotropen Substanzen verboten, die stärker sind als Koffein und Theobromin. Können Sie sich das vorstellen? Ich wollte doch bloß ein paar Bürgern ein bisschen mehr Spaß im Leben verschaffen. Sie haben mich erwischt und mich zu zehn Tagen Strafe verurteilt. Aber das ist nichts weiter. Nada. Das schaffe ich sogar noch, wenn ich dabei Kopfstand mache – trotz der hohen Schwerkraft, die sie hier haben. Wussten Sie, dass die Schwerkraft auf Ganymed fünfmal so stark ist wie auf Dione? Auf Dione können die Menschen fliegen. Wirklich! Bevor ich zu meiner Reise aufgebrochen bin, musste ich erst einmal mit etwas Wachstumsbeschleuniger und einem strikten Übungsplan Muskeln aufbauen. Aber warum sind Sie hier? Sie sind berühmt – die Heldin, die irgendwelche finsteren Machenschaften in Rainbow Bridge beendet hat. Das habe ich jedenfalls gehört. Sie müssen etwas ziemlich Schlimmes ausgefressen haben, um die Stadtbewohner zu verärgern. Haben Sie jemanden umgebracht? Oder Plastik in den Glasrecycler getan? Ruhm und Ehre angehäuft? Oder eine Blume abgepflückt?«
    »Ich habe mich geweigert, mich zu entschuldigen.«
    »Das genügt auch schon. Und weswegen wollten Sie sich nicht entschuldigen?«

    »Ich habe jemanden geschlagen.«
    »Ich wette, derjenige hatte es verdient.«
    Macy konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen. »Sagen wir einmal so: Hinterher habe ich mich bedeutend besser gefühlt.«
    »Wenn Sie nicht darüber reden wollen, müssen Sie das nicht.«
    »Es ist nur so, dass ich jeden Tag in den Gruppensitzungen darüber reden muss.«
    »Heute Morgen musste ich in einer dieser Sitzungen aufstehen und allen erklären, was ich getan habe«, sagte Newt Jones. »Jemand hat mich gefragt, ob ich bereit sei, aus meinen Fehlern zu lernen, und ich habe gesagt: ›Klar, wenn es bedeutet, mich beim nächsten Mal nicht erwischen zu lassen.‹«
    Er fragte Macy, wie es sie nach East of Eden verschlagen hatte und ob es ihr etwas ausmachen würde, ihm zu erzählen, wie sie in die Morde und Sabotageversuche verwickelt gewesen war, die der Beteiligung Großbrasiliens an dem Biomprojekt in Rainbow Bridge ein jähes Ende gesetzt hatten. Sie war halb mit der Geschichte durch, als die Glocke läutete. Die Zeit des zwanglosen Beisammenseins war vorbei.
    »Wir können uns morgen weiter unterhalten«, sagte Newt, als er und Macy die Reste ihres Abendessens in den Recyclingcontainer kratzten. »Schließlich haben wir sonst nicht viel zu tun.«
    Macy stellte fest, dass sie sich den gesamten nächsten Tag auf das Abendessen freute. Am Ende ihrer Schicht auf den Feldern mit den Vakuumorganismen saßen sie wieder zusammen in der Kantine, und sie beendete ihre Geschichte. Newt stellte ihr alle möglichen Fragen darüber und auch über das Leben auf der Erde. Die üblichen Fragen, die sie
inzwischen bereits im Schlaf beantworten konnte: Wie die Menschen auf der Erde lebten und warum sie sich nicht frei bewegen konnten. Wie es um die Rückgewinnungsprojekte und die gewaltigen verwüsteten Flächen stand, die noch saniert werden mussten. Aber er stellte auch ungewöhnliche Fragen, die sie überraschend trafen und ein wenig aus der Bahn warfen. Wie schmeckte die Luft auf der Erde? Gab es dort Orte ohne Sauerstoff? Tat der Regen weh? Stimmte es, dass das Wetter die Gedanken beeinflusste? Wie war es, unter den Sternen zu schlafen, ohne ein Dach über dem Kopf zu haben?
    »Ich habe das einmal versucht«, sagte Newt. »In einer Kunststoffblase, die ich außerhalb meines Schiffes aufgeblasen hatte. Offen gestanden hatte ich ein ziemlich mulmiges Gefühl dabei.«
    »Wahrscheinlich ist es hilfreich, einen Horizont zu haben«, sagte Macy.
    Sie erinnerte sich an ihre Frühzeit beim Abrisskorps, als sie ihre Nächte inmitten von Ruinen verbracht hatte. Der Geruch der Lagerfeuer und das Geräusch des Windes, der sich in Bäumen verfing oder um zerbrochene Mauern herumheulte; die kühle Nachtluft in ihrem Gesicht und auf den nackten Armen; die Sterne, die langsam am Himmel im Kreis wanderten; die hellen Punkte von Satelliten und Schiffen, die sich zwischen den feststehenden Sternbildern bewegten. Sich mit Newt zu unterhalten, weckte alle möglichen Erinnerungen in ihr, und damit kehrten auch Gefühle und Empfindungen zurück, die sie beinahe vergessen hatte. Manchmal litt sie unter Heimweh – nicht so heftig wie während der ersten Tage ihres Exils, aber hin und wieder wurde sie dennoch von einer tiefen Sehnsucht erfasst.
    Fünf Tage lang

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