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Der stille Krieg - McAuley, P: Der stille Krieg - The quiet war

Der stille Krieg - McAuley, P: Der stille Krieg - The quiet war

Titel: Der stille Krieg - McAuley, P: Der stille Krieg - The quiet war Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul McAuley
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umgebracht und dann versucht, sich selbst das Leben zu nehmen, indem er sich die Pulsadern aufschnitt. Mit seinem eigenen Blut und dem seines Opfers bedeckt, war er vom Tatort weggewankt und kurz darauf von seinen unmittelbaren Nachbarn und den Wächtern eines nahe gelegenen Kontrollpunktes überwältigt worden. Unter Tränen hatte er die Tat gestanden. Die Tatsachen waren ziemlich eindeutig, dennoch bildeten sich bald eine ganze Reihe von wilden Gerüchten, die sich rasch unter der wütenden Menge ausbreiteten. Die Frau war eine Spionin gewesen, die versucht hatte, den Mann zu verführen und umzubringen, und er hatte sie in Notwehr getötet. Der Mann war ein Auftragsmörder, und in seiner Wohnung waren Sprengstoffe gefunden worden. Jemand rief: »Verräter!«, und der Schrei wurde von der Menge aufgegriffen. Als Friedensoffiziere den Mann in Gewahrsam nehmen wollten, wurden sie von der Menge eingekreist und niedergeschlagen. Der
Mann wurde nackt ausgezogen, an einen Baumstamm in einem nahe gelegenen Park gebunden und mit Hilfe eines Seils erwürgt, das um seinen Hals geschlungen und von einem Dutzend Menschen festgezogen wurde. Noch mehr Friedensoffiziere trafen ein und versuchten, die Leiche von dem Baum loszuschneiden. Doch auch sie wurden von der Menge angegriffen und zogen sich rasch zurück.
    Eine Stunde später ging der Spion am Tatort vorbei. Die zerschlagene und blutige Leiche des Mannes war immer noch inmitten des zertrampelten Parks an dem Baum festgebunden, bewacht von einer Gruppe halbbetrunkener Männer und Frauen, die mit Stöcken und Küchenmessern bewaffnet waren. Der Anblick erschütterte ihn und versetzte ihn gleichzeitig in Aufregung. Die Atmosphäre grimmiger Hysterie war berauschend. Er wusste, dass es nun nicht mehr lange dauern würde. Die Gaias Ruhm würde in wenigen Stunden in den Orbit um Dione eintreten. Jeder in der Stadt wusste, dass der Krieg kurz bevorstand.
    Er war in der Stadt unterwegs gewesen und hatte die letzten Vorbereitungen getroffen. Alles war bereit. Seine kleinen Tricks und Überraschungen waren gut vorbereitet. Mit Hilfe der Wanze, die er in dem Gebäude versteckt hatte, in dem sich Avernus aufgehalten hatte, hatte er Dutzende Stunden von Gesprächen aufgezeichnet und jeden Tag in seine Spex hochgeladen, wenn er an dem Gelände vorbeigegangen war. Nun verschlüsselte er die Datei mit den Daten und schickte sie an ein blindes Konto, das von der brasilianischen Botschaft in Camelot, Mimas, unterhalten wurde. Danach konnte er nur noch abwarten und für einige weitere Stunden die Maske Ken Shintaros tragen. Er ging in seine Wohnung zurück, weil ihm das sicherer erschien, als in der vom Kriegsfieber erfassten Stadt umherzuspazieren. Ward Zuniga hatte Dienst an dem Kontrollpunkt, der vor dem Eingang seines
Wohngebäudes eingerichtet worden war. Er zwang Ken Shintaro, sich nackt auszuziehen. Rachsüchtig, mit Vorurteilen beladen und engstirnig, wie er war, schwelgte er in der Gelegenheit, seine neue Macht zu demonstrieren, um Leute, die er nicht leiden konnte, einzuschüchtern und zu schikanieren. Er machte Ken Shintaro deutlich, dass er sich im Gegensatz zu dem anständigen und ein wenig beschränkten Al Wilson nicht davon hatte täuschen lassen, dass der Spion Zi Lei verraten hatte.
    »Ich bin Ihnen auf der Spur«, sagte er, als er Ken Shintaro seine Kleider zuwarf. »Ich weiß, dass Sie etwas auf dem Kerbholz haben, Mister.«
    Ken Shintaro ließ die ganze Prozedur schweigend über sich ergehen, obwohl das Geheimnis gegen seine Kehle drückte und darauf drängte, enthüllt zu werden. Es würde nicht mehr lange dauern. Bei der Kundgebung an diesem Abend war die Menge wütend und ruhelos und von den gegensätzlichen Strömungen unterschiedlicher Gerüchte zerrissen. Videos, die über den dicht gedrängten Köpfen schwebten, zeigten wieder und wieder die Aufnahmen von dem Angriff auf Phoebe. Brasilianische Jäger hatten die Flugbahn des Eisbrockens umgelenkt und ihn mit einer kleinen Atombombe zerschmettert, aber ein paar Bruchstücke hatten dennoch ihr Ziel erreicht. Am Äquator des unförmigen Mondes flackerte unvermittelt eine Reihe von grellen Blitzen auf. Staubwolken wurden aufgewirbelt, die das trübe Leuchten der kleinen, neu gebildeten Krater rasch verdeckten. Die Menge jubelte jedes Mal, wenn der Einschlag gezeigt wurde, und spendete Marisa Bassi Beifall, als dieser ihnen mitteilte, der Angriff sei von Agenten organisiert worden, die im Auftrag der Stadt gehandelt

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