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Der stille Krieg - McAuley, P: Der stille Krieg - The quiet war

Der stille Krieg - McAuley, P: Der stille Krieg - The quiet war

Titel: Der stille Krieg - McAuley, P: Der stille Krieg - The quiet war Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul McAuley
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quer durch die Stadt verliefen. Es wäre einfach gewesen, sich zurückzuziehen und eine andere Route zu wählen. Stattdessen ging der Spion weiter, bis er sah, wie Ward Zunigas Gesicht sich erhellte, als dieser ihn erkannte. Er hörte, wie Zuniga zu der Wächterin sagte, dass sie ihn auf jeden Fall einsperren sollten.

    »Sie haben Recht«, sagte der Spion laut und trat so dicht an Ward Zuniga heran, dass er den schalen Alkoholgeruch im Atem des Mannes wahrnehmen konnte. Er hatte das Gefühl, als sei er zehn Meter groß und gänzlich unverwundbar. »Sie sollten mich tatsächlich einsperren. All das hier ist meine Schuld. Ich habe das getan.«
    Ward Zuniga blinzelte, während er diese Worte verdaute, und der Spion machte einen Satz nach vorn, riss dem Mann die Pistole aus dem Holster und trat wieder einen Schritt zurück. Das Ganze dauerte weniger als eine Sekunde. Verwirrt und von Panik erfüllt tastete Zuniga nach der Pistole, die nicht mehr da war, während er zu begreifen versuchte, was gerade geschehen war. Die Wächterin griff nach ihrem Schockstab, und der Spion schlug ihr mit dem Griff von Ward Zunigas Pistole hart gegen die Schläfe und schickte sie zu Boden.
    »Sie haben die ganze Zeit über Recht gehabt, was mich betrifft«, sagte der Spion zu Zuniga und richtete die Pistole auf sein Gesicht.
    Der Mann schloss die Augen. Er zitterte am ganzen Körper und hatte die Hände mit gespreizten Fingern halb erhoben, als wollte er etwas von sich stoßen, und der Spion konnte ihn nicht erschießen. Vielleicht wäre es anders gewesen, wenn er sich in der Turnhalle befunden hätte, wo er das Töten so oft auf so unterschiedliche Weise geübt hatte, oder wenn Ward Zuniga versucht hätte zu fliehen, wie Vater Solomon, oder wenn der Spion nicht so lange der langweilige, anständige Ken Shintaro gewesen wäre. Was auch immer der Grund war, er konnte den Mann nicht einfach kaltblütig umbringen. Er hielt die Pistole geradewegs auf Ward Zunigas Nasenrücken gerichtet, und sein Zeigefinger war um den Abzug gekrümmt. Er sagte sich, dass er es tun sollte, sofort, aber er konnte nicht.

    »Ich werde Ihr Leben verschonen, weil Sie sowieso sterben werden«, sagte er. »Im Augenblick Ihres Todes denken Sie daran, dass Sie das alles hätten verhindern können. Sie hätten die Stadt retten können. Stattdessen haben Sie mich gehen lassen.«
    »Bitte«, flüsterte Ward Zuniga. »Bitte.«
    Seine Augen waren immer noch fest geschlossen, als der Spion an ihm vorbeiging und auf der anderen Seite der Barrikade in Laufschritt verfiel. In gewaltigen Sätzen eilte er vorwärts, vorbei an zwei Männern, die sich nach ihm umdrehten und ihm hinterherblickten. Er hörte, wie einer der Männer etwas rief. Ein Schuss peitschte dicht an seinem Kopf vorbei, und er sah einen Wächter mitten auf einer Kreuzung stehen. Der Mann hielt mit beiden Händen den Griff einer Pistole umklammert und zielte auf ihn.
    Beim nächsten Schritt sprang der Spion hoch in die Luft, doch der Schuss des Wächters traf ihn in die linke Schulter und schickte ihn zu Boden. Er rappelte sich auf, seine linke Schulter und der Arm waren taub von der Wucht des Einschlags. Heißes Blut lief ihm den Arm hinab. Er hatte Ward Zunigas Pistole fallen gelassen, als er getroffen worden war. Sie lag in ein paar Metern Entfernung auf dem kurz geschnittenen Gras der Allee. Hinter ihm schrien Leute durcheinander und befahlen ihm, sich zu ergeben, während sie langsam und vorsichtig auf ihn zukamen. Menschen kauerten im Durchgang der Barrikade, drückten sich gegen die Mauern der Wohnhäuser zu beiden Seiten oder huschten von Schatten zu Schatten. Schüsse peitschten durch die Luft. Eine Salve riss eine lange Furche in die Grasnarbe nur wenige Zentimeter von den Füßen des Spions entfernt, und er lief los, hob die Pistole auf und rannte weiter.
    Das taube Gefühl in seiner Schulter ließ langsam nach, und an seiner Stelle breitete sich Feuer in den Nerven und
Adern seines Schultergelenks aus. Er bemerkte es kaum. Jede Zelle seines Körpers war von einer beschwingten Erregung erfüllt, einer kopflosen Freude. Vor ihm ragte eine weitere Barrikade auf, an der Stelle, wo sich die grasbewachsene Allee um den Sockel eines hoch aufragenden Stützpfeilers herum teilte. Er stieß sich beim Laufen mit aller Kraft vom Boden ab, sprang mit jedem Schritt höher und flog mit dem Kopf voran über die miteinander verwobenen Schlaufen des intelligenten Drahts hinweg. Der Draht entwirrte sich mit

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