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Der stille Krieg - McAuley, P: Der stille Krieg - The quiet war

Der stille Krieg - McAuley, P: Der stille Krieg - The quiet war

Titel: Der stille Krieg - McAuley, P: Der stille Krieg - The quiet war Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul McAuley
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Yamil Cho so viel Verachtung an den Tag legen wie eine beleidigte Katze.
    »Aber das bedeutet nicht, dass wir mit leeren Händen zu dem Treffen gehen werden«, sagte Sri. »Das ist Avernus’ Reich, einer ihrer geheimen Gärten. Wir müssen auf unangenehme Überraschungen gefasst sein. Also werden wir Pistolen tragen, aber unauffällig. Und wenn es zum Äußersten kommt, Mr. Cho, geben Sie bitte keine tödlichen Schüsse ab. Ich bin nicht hierhergekommen, um Avernus umzubringen. Versuchen Sie, sie in den Arm oder ins Bein zu schießen, um sie außer Gefecht zu setzen. Die Kugeln werden natürlich ihren Druckanzug durchschlagen, aber wenn es sein muss, kann ich auch eine Feldamputation durchführen.«
    »Jawohl, Ma’am.«
    Sri folgte Yamil Cho durch die Luke der Luftschleuse und stapfte hinter ihm her über das blasse Rechteck des Landefeldes zu einem Weg, der über eine schmale Terrasse hinwegführte. Abgesehen von dem orangefarbenen Himmel erinnerte sie dieser trostlose Ort zwischen den nackten Felsen über einem dunklen, brütenden Wald, der einen steilen Abhang hinunterführte, an ihr kleines Königreich in der Antarktis.
Sie dachte an ihre Söhne. Alder, der ihre Forschungseinrichtung leitete, und Berry, der unschuldig in seinem Kältesarg an Bord der Gaias Ruhm lag und von den Geschehnissen nichts mitbekam. Wenn sie doch nur hier wären, um Zeugen ihres Triumphes zu werden! Nun, sie würde ihnen die Geschichte schon bald erzählen können.
    Als sie sich der durchsichtigen Kuppel näherten, gingen im Innern die Lichter an. Yamil Cho bestand darauf, die Kuppel zu betreten. Während er das Innere durchsuchte, Duschen und Schlafkabinen überprüfte und Lagerspinde öffnete, ging Sri um die Flanke der Kuppel herum und fand eine Garage, in der Dreiräder mit breiten Maschendrahträdern standen, die an ringförmige Ladegeräte angeschlossen waren. Sie fuhr eines der Dreiräder rückwärts aus der Garage und kehrte damit um die Kuppel herum zu der Luftschleuse zurück. Dort erwartete sie Yamil Cho im Sattel sitzend.
    »Ich glaube, es wäre das Beste, wenn ich fahre, Ma’am«, sagte Yamil Cho.
    »Von mir aus.«
    Sri rutschte auf den Beifahrersitz. Yamil Cho stieg neben ihr auf und steuerte das Dreirad auf einen steilen Pfad zu, der in den Wald aus Vakuumorganismen hinabführte. Eigentlich waren es eher riesige Pilze als Bäume. Vier oder fünf Meter hohe schwarze Stiele, die in dünne schwarze Schirme ausliefen, die aus jeweils vier dreieckigen Blättern bestanden, deren überlappende Ränder miteinander verbunden waren. Die Schirme zitterten in einem stetigen Wind. Sri hielt sich am Sturzbügel des Dreirads fest, während Yamil Cho unter dem wogenden Dach dieses unirdischen Waldes den steilen Pfad hinabfuhr. Dann wurde der Abhang flacher, und sie rasten über den Eisboden der Caldera hinweg. Dabei wichen sie Felsvorsprüngen aus, die an schiefe Schachfiguren
erinnerten, und Schloten, aus denen Dunstwolken aufstiegen, die als weißer Schnee auf das schwarze Eisgestein herabrieselten. Sie hüpften über gefrorene Bodenwellen hinweg und hielten schließlich einige Dutzend Meter von dem zerklüfteten Felsgrat entfernt, der lang und niedrig über einem kleinen See aufragte. Der See erinnerte an eine Ader oder eine Polynja im Eis der Antarktis, dampfend und von mehreren Schichten Mineralablagerungen umgeben, inmitten eines Feldes aus hellem Schnee.
    Auf der Spitze des Felsgrats stand eine Gestalt in einem schwarzen Druckanzug auf einen langen Stab gestützt da und sah zu, wie Sri und Yamil Cho von dem Dreirad stiegen. Sri ging über den gewellten Untergrund zu dem Felsgrat hinüber. Sie war von dem klaren, kalten Wissen erfüllt, dass ihr ganzes Leben auf diesen Augenblick zugesteuert hatte und dass sie siegreich sein würde. Es konnte gar nicht anders sein. Yamil Cho entfernte sich zu ihrer Rechten, um sich ihrem Ziel von einer anderen Richtung aus zu nähern. Sollte er ruhig. Sie ging weiter, um einen niedrigen, knorrigen Schlot herum, aus dem weißer Dampf aufstieg, der als sandiges Pulver zu Boden sank, und konzentrierte sich darauf, keinen falschen Schritt zu tun. Der schmale, rauchende See am Fuß der Anhöhe war bis zum Rand mit etwas gefüllt, das wie Wasser aussah, aber höchstwahrscheinlich keines war. Wasser war hier geschmolzenes Eis. Lava. Zweifellos mit Ammoniak gesättigt, wodurch es bis zu einer Temperatur von -97 °C flüssig blieb. Die Umgebungstemperatur lag jedoch deutlich unter diesem Wert, es musste

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