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Der stille Krieg - McAuley, P: Der stille Krieg - The quiet war

Der stille Krieg - McAuley, P: Der stille Krieg - The quiet war

Titel: Der stille Krieg - McAuley, P: Der stille Krieg - The quiet war Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul McAuley
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ganz aus Pelz oder Federn bestanden, gerüschte oder aufwendig in Falten gelegte Hemden und abgeschnittene Kimonos, die wie Wasser oder Quecksilber schimmerten, Schottenröcke, weite Shorts, Strumpfhosen mit albernen Schamkapseln oder formlose Kleider …
    Einige von ihnen, die Macy erkannten und überrascht waren, sie an diesem Ort zu sehen, verstießen gegen die Regeln und starrten sie offen an. Sie erwiderte ihren Blick. Sie fühlte sich nicht im Geringsten eingeschüchtert. Verglichen mit dem rauen Klima, das in den Straßen von Pittsburgh herrschte, wirkte die Zone so künstlich und sicher wie ein Kinderspielplatz. Sie kam an Läden vorbei, in denen man seinen Körper umgestalten konnte, an Elektronikgeschäften,
Rauchercafés und Fleischmärkten, wo alle Arten von Sex angeboten wurden. Selbst auf der Hauptstraße bestanden mindestens die Hälfte der Läden nur aus zurückgesetzten Türen, die nichts darüber verrieten, was dahinter vor sich ging. Andere besaßen grelle und aufwendig gestaltete Schilder. Der goldene Palast der Sünde. Fight Club. Lügen GmbH. Es gab auch einfache Bars und Restaurants. Die nahm sich Macy als Erstes vor und fand Ursula Freye bereits in dem dritten Etablissement, das sie aufsuchte – eine Bar namens Jack Frost.
    Der Name leuchtete rot im Holo eines schmelzenden Eisbrockens, das sich über einem schmalen Eingang befand. Macy folgte zwei Männern in einen Gang, der voller Pelzmäntel hing. Sie mussten künstlich sein, entweder gezüchtet oder maschinell hergestellt, aber der Anblick, wie sie dort in dichten Reihen hingen, versetzte Macy dennoch einen kleinen Schreck. Sie musste gegen eine leichte Übelkeit ankämpfen, bevor sie dem Beispiel der Männer vor ihr folgen konnte, einen der weichen, schweren Pelzmäntel anzog und die trübe erleuchtete Höhle betrat, die an den Gang angrenzte.
    Im Innern herrschten frostige Temperaturen, und die Höhle war vollständig von Eis überzogen. Der Boden war eine Fläche aus rauem schwarzen Eis, während Séparées und Tische aus Eis gehauen waren, das in verschiedenen Rottönen gefärbt war. Die Wände bestanden aus geripptem Eis, und die niedrige Decke wurde von Säulen aus miteinander verschmolzenen riesigen Eiszapfen gestützt, in denen hier und dort Lichter leuchteten wie trübe, gefrorene Sterne. Klimpernde Musik hing in der Luft, zart wie Rauch. Roboter, die flachen Krabben glichen, krochen über die Decke und die Eiszapfen, nahmen Bestellungen auf und eilten davon, um mit Getränken und kleinen Tellern mit Essen zurückzukehren,
die sie mit ihren peitschenähnlichen Tentakeln auf den Tischen abstellten. Das Dekor und die trübe Beleuchtung verwischten den Übergang zwischen der Inneneinrichtung und den Videofenstern, die Ansichten der Mondlandschaft außerhalb der Stadt zeigten.
    Es war erst das zweite Mal, dass Macy die Oberfläche von Kallisto sah. Sie trat auf eines der Fenster zu und betrachtete die Aussicht auf eine von Kratern übersäte Ebene, die sich bis zu einem Horizont erstreckte, der sich klar und deutlich von dem schwarzen Himmel abhob. Darüber hing die von Bändern durchzogene Scheibe des Jupiter wie eine wunderbar gearbeitete Brosche. Sie bemerkte Ursula Freye erst, als diese durch den Lichtkegel der altmodischen Straßenlaterne, die unablässig von Schneeflocken umwirbelt in der Mitte der Bar stand, auf sie zukam. (Eine ähnliche Straßenlaterne hatte Macy einmal in dem noch erhaltenen Teil von Pittsburgh gesehen.)
     
    »Es war Mr. Twain, nicht wahr?«, sagte Ursula Freye.
    Macy nickte. Sie hatte beschlossen, so aufrichtig wie möglich zu sein, in der Hoffnung, dass Ursula es ebenfalls sein würde. »Er und Loc Ifrahim.«
    »Der Diplomat?«
    »Ja. Er hat geredet, und Speller Twain hing im Hintergrund herum und hat seine Muskeln spielen lassen.«
    Ursula Freye dachte einen Moment lang darüber nach. Sie und Macy saßen auf der mit Fell bedeckten Bank eines Séparées. Zwei von Ursulas Begleitern waren gegangen, ohne ein Wort zu sagen. Der dritte saß neben Ursula, in einen weißen Pelzmantel mit Kapuze gehüllt, der bis zum Boden reichte. Wie die beiden anderen, die gegangen waren, trug auch er eine Maske in Gestalt eines Fuchsgesichts mit spitzer Schnauze.

    Schließlich sagte Ursula: »Als er Sie gebeten hat, mit mir zu reden … Hatten Sie da das Gefühl, dass es sich um eine Regierungsangelegenheit handelt oder um etwas anderes?«
    »Das habe ich mich auch schon gefragt«, sagte Macy. »Er schien anzudeuten, dass

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