Der stille Krieg - McAuley, P: Der stille Krieg - The quiet war

Freiwillige, die neue Siedlungen gründen wollten, in die entlegenen Gegenden des Sonnensystems zu befördern. Sie wurden jedoch von ihren Eltern, Großeltern und Urgroßeltern überstimmt, die ihnen zahlenmäßig überlegen waren. Da jeder im Außensystem Zugang zu medizinischen Behandlungen hatte, welche die durchschnittliche Lebenserwartung auf etwas über einhundertfünfzig Jahre verlängerten, waren die Demokratien der Städte und Siedlungen mit ihren Kollektiven und Kartellen im Grunde Gerontokratien, die vorsichtig und reaktionär waren und lieber über etwas diskutierten, als Entscheidungen zu treffen, lieber stritten, als zur Tat zu schreiten. Die älteren Generationen hatten die Kapitalmehrheit an den Schiffen wie auch an einem Großteil der Infrastruktur der Siedlungen des Außensystems. Sie waren der Ansicht, dass diese im Wesentlichen für Handel und Warenverkehr innerhalb und zwischen den Systemen von Jupiter und Saturn dienen sollten, und weigerten sich aufgrund der
hohen Kosten, den Bau neuer Schiffe zu genehmigen. Oasen und Schutzhütten wurden mit Hilfe von Robotern gebaut – die Roboter waren in den meisten Fällen vom Bau der Städte übrig geblieben, und es war billiger, sie einfach weiterarbeiten zu lassen, als sie außer Betrieb zu nehmen -, aber es gab keine Roboterfabriken für Raumschiffe. Jedes Schiff wurde mehr oder weniger von Hand gebaut. Und obwohl ihre Hüllen und Lebenserhaltungssysteme aus Diamant und Fullerenverbundstoffen gesponnen werden konnten, die aus kohlenstoffhaltigen Ablagerungen hergestellt wurden, die sich aus dem eisigen Regolith der meisten Monde problemlos abbauen oder extrahieren ließen, waren für die Anfertigung ihrer Fusionsantriebe und Steuerungssysteme seltene und teure Erden und Metalle erforderlich.
    Die potenziellen Forscher und Kolonisten gingen dieses Problem mit großem Eifer an. Sie hatten bereits Pläne für Roboterfabriken ausgearbeitet, die auf geeigneten Asteroiden installiert werden konnten und dort Erze abbauen und veredeln sollten, die dann mit Hilfe spezieller Katapulte zu Jupiter und Saturn befördert werden würden. Außerdem hatten sie Schiffe entworfen, die mit Lichtsegeln ausgestattet waren und von Laserstrahlen angetrieben wurden oder von Antrieben auf der Grundlage komplexer chemischer Reaktionen, die aus Keramik und Fullerenverbundstoffen bestanden. Diese langsamen Schiffe würden zwar ein Jahrzehnt oder länger brauchen, um ihr Ziel zu erreichen, doch ihre Passagiere würden die Reise im Kältesarg verbringen. Die jüngeren Außenweltler waren entschlossen, ihren Mangel an finanziellem und politischem Einfluss durch Energie, Erfindungsreichtum und Verbissenheit wettzumachen. Außerdem hatten sie natürlich die Zeit auf ihrer Seite. Trotz der gerontologischen Behandlungen und ausgeklügelten medizinischen Verfahren und Therapien war durch die Sterblichkeit
sichergestellt, dass die aufsteigende Generation früher oder später die Kontrolle über die Kartelle und Kollektive ihrer Familien gewinnen würde. Aber dann wären sie so alt wie ihre Großeltern heute, und sie waren viel zu ungeduldig und von ihrer Sache begeistert, um zu warten. Beinahe jedes soziopolitische Modell sagte voraus, dass es innerhalb eines Jahrzehnts zu einem gesellschaftlichen Umbruch kommen würde. Wenn die Erde nicht die Verbindungen mit den Stadtstaaten von Jupiter und Saturn festigen und ihnen helfen würde, ihre konservativen Regime aufrechtzuerhalten, würden sich die Außenweltler so rasch und in so viele unvorhersehbare Richtungen auseinanderentwickeln, dass es unmöglich wäre, einen Konsens mit ihnen zu finden. Dann wäre ein Krieg unvermeidlich.
    Aber die neue Generation hatte noch nicht völlig mit der Vergangenheit gebrochen. Mit beinahe religiöser Inbrunst bewunderten und verehrten sie die Arbeit, die Avernus und andere Genzauberer in der Frühzeit des Außensystems geleistet hatten: die neuen Entwürfe für Vakuumorganismen und geschlossene Ökosysteme, die die Errichtung dauerhafter Siedlungen auf den Jupiter- und Saturnmonden erst ermöglicht hatten. Avernus war ihre grüne Heilige, ihr Darwin, ihr Einstein – ein rätselhaftes Genie, das in Legenden und Gerüchte gehüllt war, eine wichtige Inspiration für ihre eigenen radikalen Ansichten und die ehrgeizigen Ziele und Sehnsüchte, die sie noch nicht gänzlich ausformuliert hatten. Sri fand es äußerst interessant, dass Alders neue Freunde ihre Entdeckung der Grotte vor den älteren Generationen