Der stille Krieg - McAuley, P: Der stille Krieg - The quiet war
dicht beieinanderstehenden Augen gezogen hatte, die Sri stets an einen Vertreter der Gattung Mustelidae erinnerten. Ein Wiesel oder ein Hermelin; ein hinterhältiges kleines Raubtier, das auf der Suche nach zarter Beute durchs Gestrüpp schlich.
»Ganz so sicher war das nicht«, sagte er. »Ich weiß, dass ihr Wissenschaftler immer erst einmal davon ausgehen müsst, dass etwas den Tatsachen entspricht, bevor ihr herausfinden könnt, ob es wirklich so ist. Ihr seid von Natur aus Optimisten. Aber hier geht es nicht um Wissenschaft, sondern um Politik. Und mein Vater hat stets gesagt, dass man in der Politik nie irgendetwas voraussetzen sollte, weil man sich sonst leicht zum Narren machen kann. Avernus übernimmt die Kosten für das Biom, sicher, aber sie hat nicht das geringste Interesse an den Entwürfen gezeigt und mit niemandem, der am Bau beteiligt war, jemals ein Wort gewechselt. Weder mit uns noch mit unseren Gastgebern hier in der Stadt. Wir wissen nicht einmal, ob ihr überhaupt gefällt, was hier in ihrem Namen geschaffen wird. Wenn Sie mich also gestern gefragt hätten, ob sie kommen würde, hätte ich noch gesagt: ›Ich würde nicht darauf wetten.‹ Aber ich hätte ganz sicher nicht gesagt: ›Natürlich wird sie kommen.‹«
»Es muss Sie enttäuschen, dass Sie sich geirrt haben.«
»Machen Sie sich keine allzu großen Hoffnungen, dass Sie ihr tatsächlich begegnen werden. Sie ist zwar auf Kallisto,
aber sie befindet sich nicht in der Stadt, und ich weiß nicht, ob sie zur Eröffnungszeremonie kommen wird. Ich weiß nicht einmal, wo sie untergebracht ist. Aber ich sage Ihnen, was ich machen werde«, fuhr Euclides Peixoto fort, und in seinen Augen unter dem Schirm seiner Kappe funkelte bösartiger Humor. »Wenn sie tatsächlich auftaucht, werde ich mich wahrscheinlich mit ihr über das Biom unterhalten müssen, obwohl unsere Arbeit hier sie nicht im Geringsten interessiert. Es kostet mich nichts, dabei Ihren Namen zu erwähnen, nur für den Fall, dass sie noch nicht von Ihnen gehört hat.«
»Danke, aber das wird nicht nötig sein.«
»Das ist ein ehrliches Angebot. Als Kind habe ich öfter verschiedene Arten von Ameisen in ein Glas getan, um zu sehen, wer von ihnen den Sieg davontragen würde. Ich muss zugeben, dass es mich interessieren würde, was geschieht, wenn zwei Genies wie Sie und Avernus aufeinandertreffen.«
»Hier geht es nicht um Sieg oder Niederlage oder darum, wer die großartigeren und besseren Ideen hat. Es geht darum, in einen Dialog zu treten. Zum Wohl der Familie.«
»Nun, halten Sie mich auf dem Laufenden darüber, wie es mit Ihren Plänen für ein Zusammentreffen vorangeht«, sagte Euclides Peixoto. »Wenn Sie Schwierigkeiten haben sollten, Kontakt herzustellen, und Ihre Leute ihre Arbeit nicht richtig machen, bin ich gerne bereit, ein gutes Wort für Sie einzulegen. Denn obwohl Sie keine Blutsverwandtschaft besitzen, nehme ich doch an, dass Sie meinem Onkel gegenüber loyal sind. Aber jetzt muss ich gehen und ein paar Hände schütteln und etwas Smalltalk betreiben. Und den einen oder anderen Drink zu mir nehmen, bevor ich meine Rede halte.«
Sri überprüfte den Datenmaulwurf, den sie eingesetzt hatte, um die Stadtforen im Auge zu behalten, aber außer
den üblichen Megabytes nutzloser Spekulation hatte er nichts zu berichten. Sie rief ihren Sekretär an und gab ihm Anweisung, sich umzuhören. Dann stellte sie eine Verbindung zu Alder her, der irgendwo in der dichten Menschenmenge des Empfangs verschollen war. Er sagte, dass er noch nichts gehört hätte, aber seine neuen Freunde dazu befragen würde. Schließlich rief sie noch die Friedensoffizierin der Stadt, Dee Fujita, an. Diese behauptete, noch nichts von Avernus’ Ankunft auf Kallisto erfahren zu haben, und teilte Sri außerdem mit, dass es nicht möglich sein würde, Speller Twain und Loc Ifrahim zu verhaften und für die Dauer der Eröffnungszeremonie festzuhalten. Nicht nur wegen Loc Ifrahims diplomatischer Immunität, sondern auch, weil es keine handfesten Beweise für eine Verschwörung gab.
»Wir können ihn nicht allein auf Grundlage eines Verdachts festnehmen«, sagte Dee Fujita. »Das können wir nicht einmal mit unseren eigenen Bürgern tun und schon gar nicht mit einem aus Ihrem Land.«
»Verdacht? Er hat bereits mindestens einen Menschen ermordet.«
»Wenn Sie keine eindeutigen Beweise dafür haben, dass Speller Twain oder Loc Ifrahim vorhaben, einen Anschlag auf Avernus zu verüben, besitze ich nicht
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