Der stille Krieg - McAuley, P: Der stille Krieg - The quiet war
die Befugnis, sie festnehmen zu lassen. Die einzige Alternative wäre, dass Sie die Sache dem Senat vorlegen, mit der Begründung, dass es sich um ein Sicherheitsproblem handelt. Sie könnten eine Abstimmung verlangen.«
»Können Sie garantieren, dass das etwas nützen würde?«
»Der Senat muss sich erst darüber einigen, ob abgestimmt werden soll. Und dann müsste Ihr Vorschlag noch die Abstimmung gewinnen.«
»Und dann würde die ganze Stadt davon wissen.«
»Ich vergesse immer wieder, dass Sie merkwürdige Vorstellungen davon haben, wie eine Regierung funktioniert«, sagte Dee Fujita.
»Und ich vergesse immer wieder, dass Sie Popularitätswettbewerbe dazu benutzen, um Entscheidungen zu treffen, die die Sicherheit Ihrer Stadt betreffen.« Sri war schwer enttäuscht und stand kurz davor, einen Wutanfall zu bekommen. Sie schloss die Augen und stellte sich den kalten weißen Himmel der Antarktis über einem von Eisschollen übersäten Ozean vor. Dann sagte sie: »Wenn ich eine Abstimmung verlange, ist das wie eine Kriegserklärung gegen Mr. Peixoto. Ich müsste vorher sicher sein, dass ich auf Ihre Unterstützung bauen kann.«
»Ich unterstütze Sie, indem ich Speller Twain und Loc Ifrahim weiter im Auge behalte. Lassen Sie mich wissen, wenn Sie irgendetwas Neues in Erfahrung bringen«, sagte Dee Fujita und unterbrach die Verbindung.
Sri konnte den Empfang erst verlassen, wenn die Reden vorbei waren, und musste noch eine Weile lang Smalltalk mit Leuten betreiben, die sie nicht kannte und die sie auch nicht weiter interessierten. Unterdessen dachte sie über die möglichen Folgen der Neuigkeiten nach, die Euclides Peixoto ihr überbracht hatte, und überlegte, wie sie in der kurzen Zeit, die bis zur Erweckungszeremonie noch verblieben war, am besten mit Avernus Kontakt aufnehmen konnte. Schließlich brachte sie der komplizierte Mechanismus der Menge mit Loc Ifrahim zusammen.
Er neigte den Kopf in einer angedeuteten Verbeugung und fragte sie, ob sie noch weiter über die Angelegenheit nachgedacht hätte, über die sie bei ihrem letzten Treffen gesprochen hatten.
»Sie haben versagt«, gab Sri zurück. »Avernus ist hier. Und ich musste es von Euclides Peixoto erfahren.«
Loc Ifrahims Überraschung wirkte echt. »Wenn das stimmt und es nicht nur ein weiteres Gerücht ist, dann weiß keiner meiner Kontakte etwas davon. Hat Ihnen Mr. Peixoto möglicherweise gesagt, wie er das herausgefunden hat?«
»Ich habe ihn nicht gefragt. Ich bin enttäuscht von Ihnen, Mr. Ifrahim. Schwer enttäuscht. Entweder reden Sie nicht mit den richtigen Leuten, oder diese sagen Ihnen nicht die Wahrheit. Avernus ist hier. Irgendwo auf Kallisto. Vielleicht in dieser Stadt, vielleicht auch woanders – zum Beispiel auf der Farm für Vakuumorganismen, wo sie einmal gearbeitet hat. Ich will wissen, wo sie ist, wo sie hergekommen ist, und wen sie mitgebracht hat. Vor allem möchte ich gern herausfinden, wie ich mit ihr in Kontakt treten kann. Wenn Sie irgendetwas Nützliches in Erfahrung bringen, vergebe ich Ihnen Ihr Versagen und sorge außerdem dafür, dass Sie großzügig belohnt werden.«
Wenn er irgendetwas wusste, es jedoch vor ihr geheim hielt, wollte Sri ihn in Zugzwang bringen. Ihn durch Bestechung oder Drohungen dazu bewegen, sein Wissen preiszugeben. Und wenn er nichts wusste, konnte er ihr immer noch nützlich sein, und sie konnte ihn dabei besser im Auge behalten.
Der junge Diplomat dachte einen Moment lang nach, dann sagte er: »Ich habe einen Kontakt im Raumhafen. Sobald diese kleine Party vorbei ist, werde ich mich mit der Frau in Verbindung setzen.«
»Warten Sie nicht, bis die Party vorbei ist. Ich muss es so schnell wie möglich wissen. Werden Sie mir nun helfen oder nicht? Ja oder nein?«
»Es könnte etwas dauern.«
»Kommen Sie in drei Stunden in mein Apartment«, sagte Sri. Damit kehrte sie ihm den Rücken zu und ließ sich von der langsamen Zirkulation der Menge davontragen.
Der Botschafter Großbrasiliens und der Bürgermeister von Rainbow Bridge hielten Reden, gefolgt von Euclides Peixoto. Seine Rede war kurz und enthielt nichts Neues, aber er sprach sehr überzeugend, betonte wichtige Passagen und wurde mit stürmischem Applaus belohnt, den er mit einem listigen Lächeln im Mundwinkel abwartete, als würde er im Geiste über einen Witz nachdenken. Schließlich gelang es Sri, sich vom Empfang davonzustehlen, ohne einen größeren diplomatischen Aufruhr zu verursachen. Als sie in ihrer Suite ankam,
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