Der stille Krieg - McAuley, P: Der stille Krieg - The quiet war
teilte ihr Sekretär ihr mit, dass Loc Ifrahim bereits eingetroffen sei. Er wartete auf sie in der dunklen Aussichtsblase; eine schattenhafte Gestalt, die auf den See hinabblickte, der im dämmrigen Schimmern der Lüster schwarz und silbern funkelte. Als sie hereinkam, drehte er sich zu ihr um und sagte ihr, dass er ein paar Neuigkeiten hätte.
»Ich habe Verbindung mit meiner Bekannten im Raumhafen aufgenommen«, sagte er. »Sie hat mit den Piloten sämtlicher Schiffe geredet, die dort in der vergangenen Woche gelandet sind. Offenbar ist Avernus vor sechs Stunden eingetroffen, auf einem Schlepper, der eine Fracht aus Medikamenten und Luxus-Nahrungsmitteln von Europa beförderte. Der Schlepper gehört der Familie seines Piloten, Vlad Izumi. Er ist achtundzwanzig, besitzt keine Lebenspartnerin und keine Kinder und lebt auf Minos, Europa …«
»Sie ist allein gekommen? Ohne ihr Team?«
»Es gab nur noch einen weiteren Passagier. Ein junges Mädchen, höchstwahrscheinlich Avernus’ Tochter.«
»Yuli. Ihr Name ist Yuli. Wo sind sie jetzt? In der Stadt?«
»Sie sind in ein Raupenkettenfahrzeug eingestiegen, das in Richtung Norden gefahren ist. Wenn Sie mir etwas mehr Zeit geben, könnte ich vielleicht herausfinden, wohin sie gegangen sind.«
»Ich muss es so schnell wie möglich wissen. Und warum hat Mr. Peixoto vor mir davon erfahren? Wie konnte sie hier eintreffen, ohne dass jemand in der Stadt etwas davon wusste?«
»Die Botschaft hat natürlich sämtliche Schiffe überwacht, die im Raumhafen von Rainbow Bridge eingetroffen oder von dort abgeflogen sind. Das kann jeder tun. Die Informationen sind offen zugänglich im Netz. Aber Vlad Izumi, der Pilot des Schleppers, ist nicht als Mitarbeiter von Avernus bekannt, und sie und ihre Tochter waren nicht als Passagiere registriert. Höchstwahrscheinlich sind sie einfach per Anhalter mitgeflogen. Das passiert ständig. Hier gibt es keine Grenzkontrollen oder Zollämter. Ich nehme an, dass niemand sie erkannt hat, als sie ausgestiegen sind, und sie haben weder das Telefonsystem noch das Netz benutzt, sondern den Raumhafen schnurstracks verlassen. Was Mr. Izumi betrifft; er befindet sich bereits auf dem Rückflug nach Europa, aber er war gerne bereit, ein wenig über seine Passagiere zu plaudern. Offenbar war mein Kontakt nicht die erste Person, die ihn dazu befragt hat. Speller Twain ist ihr zuvorgekommen.«
»Ich dachte, Sie wären mit Mr. Twain gut befreundet.«
»Ich habe nie behauptet, dass er mein Freund ist«, sagte Loc Ifrahim. »Gibt es sonst noch etwas, das Sie gerne in Erfahrung bringen möchten? Wie Sie sehen, bin ich nur zu gern bereit, Ihnen zu helfen.«
Er schenkte ihr ein gewinnendes, falsches Lächeln, das im schwachen Licht der Lüster zwar kaum zu sehen war, aber dennoch sehr gekonnt wirkte.
»Eine Sache noch«, sagte Sri.
Es war das vorher vereinbarte Signal an ihren Sekretär, der der ganzen Unterredung gelauscht hatte. Als Yamil Cho die Blase betrat, geschmeidig und adrett in seinem schwarzen Pullover und den Leggins, veränderte sich Loc Ifrahims
Lächeln nicht, aber er konnte die Beunruhigung in seiner Stimme nicht ganz verbergen. »Ich bin hierhergekommen, um Ihnen zu helfen, Ma’am. Und ich kann Ihnen immer noch nützlich sein. Zum Beispiel in der Sache, über die wir vorhin gesprochen haben.«
»Sie meinen, Speller Twain umzubringen?«
»Umzubringen?« Loc Ifrahim tat so, als sei er erschüttert. »Ich glaube, Sie haben mich falsch verstanden, als ich sagte, ich könnte Ihnen helfen, den Schaden zu beheben, den er Ihrem Projekt verursacht hat.«
»Und habe ich Sie auch falsch verstanden, als Sie mir sagten, er hätte Ursula Freye ermordet?«
Yamil Cho trat einen Schritt auf Loc Ifrahim zu, und der Diplomat schlurfte rückwärts, bis er gegen die durchsichtige Wand der Blase stieß. Dann sagte er: »Natürlich hat er das getan. Schließlich hat er es Mr. Peixoto gegenüber zugegeben.«
»Ach ja. Das hatten Sie vergessen zu erwähnen. Und weil ich mich frage, was Sie sonst noch vergessen haben, mir zu sagen, werde ich Sie für eine Weile hierbehalten müssen. Auf jeden Fall so lange, bis die Erweckungszeremonie vorbei ist.«
Loc Ifrahims Blick wanderte zwischen Sri und Yamil Cho hin und her. »Mein diplomatischer Status …«
»Wir werden sagen, dass Sie sich bereiterklärt haben, mir bei meinen Ermittlungen zu helfen. Oder ich zeige dem Botschafter die Aufzeichnungen unserer Gespräche, damit er sich selbst ein Bild machen kann.
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