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Der stille Ozean

Der stille Ozean

Titel: Der stille Ozean Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerhard Roth
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kurze Zeit frisches Fleisch gegeben. Jetzt sei das Schlachten alltäglich geworden, nur die alten Menschen empfänden noch ein festliches Gefühl dabei. Es hatte zu schneien aufgehört, und der Schlächter zerlegte den Schlachtschußapparat und erklärte Ascher, wie er funktionierte. Er hatte sich gewaschen, die Schürze zusammengelegt und in seinem Rucksack verstaut und eine Wollmütze aufgesetzt.
    Am Nachmittag fuhr ein roter Traktor vor das Haus. Die Kinder und der Nachbar saßen mit ernsten Gesichtern auf den Holzscheiten, als sei Ascher nicht am selben Tag bei ihnen gewesen. Sie nahmen ihn, nachdem sie das Holz in den Schweinestall geräumt hatten, ein Stück auf dem Anhänger mit. Das kleine Mädchen hatte beim Verladen des Holzes die langgedehnten Zischlaute ausgestoßen und saß nun wieder ruhig da.
     
    Das letzte Stück nach St. Ulrich ging er zu Fuß, bevor er jedoch die Ortstafel erreichte, begegnete er Zeiners Auto mit zwei fremden Männern, die anhielten, das Seitenfenster hinunterkurbelten und ihn fragten, ob er in den Kofferraum blicken wolle. Der Motor des Autos lief noch immer, und einer der fremden Männer, der einen Jägeranzug und einen grünen Hut trug, war ausgestiegen und hatte den Kofferraumdeckel geöffnet. Auf einer Zeltplane lagen erschossene Füchse, sie waren achtlos aufeinandergeworfen und bluteten noch.
    »Was sagen Sie?« rief Zeiner aus dem Auto. »Wir haben die Spuren bis zu einem Bau verfolgt, dann haben wir einen geschossen und weiter gewartet, schließlich haben wir den ganzen Bau ausgeräumt.«
    »Das kommt nicht jeden Tag vor«, ergänzte der fremde Jäger. Ascher trat zurück, und der Jäger nahm die Füchse heraus und legte sie auf die Straße.
    »Ihr Freund hat gemeint, wir sollten sie Ihnen zeigen«, sagte er.
    Ein gelbes Personenauto kam vorbei, fuhr langsamer, hielt an, und der Fahrer öffnete die Tür und machte eine Bemerkung.
    »Wo habt ihr sie geschossen?« fragte er. »Im Unterhaag«, sagte der Jäger.
    Er legte die Füchse wieder in den Kofferraum und warf den Deckel zu.
    »Sie schauen gesund aus«, stellte er fest. Der Schneider wohnte in einem gemauerten Haus mit einem Balkon, von dem man direkt auf die Kirche und einen Weingarten sehen konnte. Er war ein mittelgroßer Mann mit grauem, vollem Haar und einem weichen, heiteren Gesicht. Ascher spürte seine Zurückhaltung, die so lange anhielt, bis er ihm zu verstehen gab, daß er einige Bewohner des Dorfes und der Gemeinde kannte. Er arbeitete in einem kleinen Zimmer im ersten Stock seines Hauses, dessen Tür auf den Balkon führte. In einer Ecke standen ein eiserner, weißgestrichener Waschtisch mit braunem Wasser und eine hölzerne Schneiderpuppe, in der anderen ein Tisch und eine Truhe. Der Spiegel war an der Innenseite der Tür befestigt. Während der Schneider mit einem gelben Leinenband Maß nahm, hörte Ascher ihn atmen.
    Er klappte ein großes Buch auf und zeigte ihm die rechteckigen, kleinen Stoffmuster, die auf Pappdeckeln klebten: schwarze Samtstücke mit blauen, roten und gelben Blümchen aus Zwirn, rote Seidenstoffe mit orientalisch aussehenden Mustern in Silber und Violett, grünglänzende, die mit goldenen Pflanzenornamenten bestickt waren. An seinem Handgelenk trug er ein Nadelkissen, das mit einem Metallband befestigt war.
    Ascher suchte einen Samtstoff aus und ging dann wieder. Von den Dächern der Häuser hingen Eiszapfen, und ein Kind mit einem Fahrrad zog auf der Straße eine schwarze Spur hinter sich her.
    In einer Hütte am Dorfausgang sah er eine Frau, den Hebel einer Apfelpresse schiebend, sich im Kreis bewegen. Die Frau war stehengeblieben, hatte sich aufgerichtet und in die entgegengesetzte Richtung weitergedreht. Währenddessen hatte Ascher einen Burschen auf dem Abflußbrett entdeckt. Er war groß und blond und trug einen Pullover und dunkle Hosen. Ein breiter Lichtstrahl war zwischen den Ritzen der Hütte auf ihn gefallen und hatte ihn in zwei Hälften geteilt. Der Bursche hatte sich ruhig von Ascher betrachten lassen. Dann hatte er sich umgedreht, die Äpfel in einen Behälter gefüllt und zugesehen, wie der gepreßte Saft unter seinen Füßen über das Holz lief. Ascher hörte das Ächzen der Presse und die Schritte der Frau. Es war nicht weit zum Kaufhaus, er überquerte die Straße, kaufte eine Schachtel Zigaretten und Zündhölzer und kam wieder zurück. Der Bursche schaufelte gerade Äpfel nach, die Frau stützte sich auf den Hebel. Sie antwortete auf seine Frage, sie presse schon

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