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Der stille Sammler

Der stille Sammler

Titel: Der stille Sammler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Becky Masterman
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verschwinden konnte, bevor jemand etwas bemerkte.
    Ich fragte mich, ob Max inzwischen versuchte, das Handy orten zu lassen.
    »Niemand hat eine Schwester in Lynchs Zimmer gehen sehen, Brigid«, sagte Max. »Auch nicht der Beamte auf dem Gang.«
    »Wenn jemand es gesehen hat, gibt er es nicht zu, weil er seinen Hintern retten will, Max«, sagte ich. »Der Wachmann ist noch grün hinter den Ohren und hat Angst, seinen Job zu verlieren. Aber das ist nicht das Wichtige, Max. Lynch hat gestanden. Ein echtes Geständnis diesmal. Er hat die Route-66-Morde nicht begangen, doch er pflegte Kontakt mit dem Killer. Und je mehr Zeit vergeht, desto überzeugter bin ich, dass dieser Wahnsinnige Laura Coleman in seiner Gewalt hat.«
    »Warum sollte ich dir das alles glauben?«
    Ich atmete tief ein. Ich wusste, es war mein letztes Ass im Ärmel, das ich jetzt ausspielte. »Weil ich dir sage, dass ich Gerald Peasil getötet habe.«
    Er schwieg. Ich wusste, dass mir nur noch sehr wenig Zeit blieb, bis er meine Position gefunden hatte. »Warum?«, fragte er.
    »Du hattest recht mit deiner Vermutung. Er hat mich unten im Flussbett überfallen. Ich ließ mich von ihm in seinen Van zerren, weil ich herausfinden wollte, wie viele Frauen er bereits vergewaltigt und ermordet hatte. Fragen, für deren Beantwortung man bei einem Verhör Tage braucht, wenn man die Wahrheit überhaupt je erfährt. Es kam zum Kampf, und ich habe ihn versehentlich getötet. Dann fand ich heraus, dass er nicht einfach nur ein Serienkiller war. Er war auf mich angesetzt worden. Er sollte mich töten, Max.«
    »Warum erzählst du mir das alles jetzt?«
    »Du hörst mir nicht zu, Max. Es geht um Laura Coleman. Es ist schon viel zu viel Zeit vergangen, seit jemand sie gesehen hat. Ich habe dir die Wahrheit über Peasil erzählt, damit du endlich erkennst, wie ernst die Situation ist!«
    »Du musst dich stellen.«
    »Geht nicht, Max. Wenn ich das mache, stirbt Coleman möglicherweise. Falls sie nicht schon tot ist.«
    »Du erzählst uns, was du weißt, und wir starten eine Suchaktion.«
    »Ja, sicher. Du musst zuerst alles deinem Boss erklären und verbringst dann zehn Stunden damit, mich zu vernehmen. Max, wir haben keine Zeit mehr! Du musst die Suchaktion starten. Ich kümmere mich um meinen Teil der Arbeit. Und ich stelle mich, sobald ihr Laura Coleman gefunden habt.«
    Schweigen.
    »Wir haben eine Pattsituation, Brigid, nicht wahr? Ich habe keine Veranlassung, eine Suche nach Coleman zu starten, außer deiner Vermutung. Wenn du dich nicht stellst, bleibt mir nichts anderes übrig, als die Sache zu melden. Ich kann das nicht allein entscheiden.« Er klang nicht triumphierend, eher traurig.
    »Es tut mir leid, Max. Es tut mir wirklich leid, dass ich dich in diese Situation gebracht habe.«
    »Schon klar.«
    »Ehrlich. Hör zu, wenn du mir schon nicht helfen willst, Coleman zu finden, könntest du mir wenigstens den Gefallen tun, die Kettenhunde noch bis morgen früh zurückzuhalten. Ich verspreche dir, nicht wegzulaufen. Ehrenwort.«
    »Ich kann nicht, Brigid. Ich glaube dir nicht.«
    Ich hatte gehofft, es würde funktionieren, doch ich hatte auch einen Plan B in der Tasche. Ich verschwendete keine Zeit mehr mit dem Versuch, Max zu überzeugen. »Also schön«, sagte ich. »Ich gebe auf. Ich stelle mich.«
    Die nächste Straßenbahn war im Anmarsch. Ich legte auf, bevor Max Gelegenheit fand, seinem Unglauben weiteren Ausdruck zu verleihen, und lehnte das Handy auf der Rückseite der Mauer gegen den Sockel, wo es von Spaziergängern und Wanderern nicht gesehen werden konnte. Max würde es dort finden. Ich wusste, dass er mir nicht glauben würde. Statt auf mich zu warten, würde er das Handy orten lassen und mir hierher folgen.
    Sobald ich sicher war, dass er das Handy hatte, würde ich mich erneut bei ihm melden und ihn auffordern, nach gelöschten Nummern zu suchen. Falls mir etwas zustieß, würde er das möglicherweise sogar tun. Würde er das Telefon heimlich überwachen, oder würde er unsere Unterhaltung seinem Chef melden? Würden sie eine Fahndung nach mir herausgeben? Wahrscheinlich. Schon die achtzehn Stunden, um die ich ihn gebeten hatte, bedeuteten einen Verstoß gegen die Vorschriften, und bei Max war ich nicht mehr sicher, was er tun würde.
    Aber ich hatte genug Zeit, um zurück zu Colemans Haus zu fahren und herauszufinden, ob die sogenannte »Highwaynutte« einer Autopsie unterzogen worden war und ob ich meine Suche bei NamUs dadurch eingrenzen konnte.

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