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Der stille Sammler

Der stille Sammler

Titel: Der stille Sammler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Becky Masterman
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Ich war gespannt, wohin diese Suche mich führte.

47.
    Die fünfzehnminütige Fahrt mit der Straßenbahn aus dem Canyon zum Parkplatz und der Heimweg über Nebenstraßen, um eine Entdeckung weniger wahrscheinlich zu machen, verschafften mir ein bisschen Zeit, um über die Dinge nachzudenken, die ich von Floyd Lynch erfahren hatte.
    Lynch hatte keinen Mord begangen.
    Er hatte den echten Killer in einem Chatroom kennengelernt. Wir alle wussten, dass das Internet zum Paradies für Pädophile und andere Perverse geworden war. Man muss nur nach »Serienkiller Chatroom« googeln und landet mehr als 800.000 Treffer. Ich weiß das, weil das FBI versucht hat, sie zu überwachen. Aber man kann nichts anfangen mit einer solchen Menge von Informationen, geschweige denn bei derart vielen Seiten den Unterschied zwischen Fantasie und Realität feststellen.
    Indem Coleman und ich das Geständnis von Lynch infrage gestellt hatten, waren wir auf etwas gestoßen, das den echten Killer bedrohte – in einem Ausmaß, das ihn veranlasst hatte, Gerald Peasil auf mich anzusetzen. Er hatte Peasil wahrscheinlich auf die gleiche Art und Weise kennengelernt wie Lynch, hatte ihm Informationen zukommen lassen und wusste, dass Peasil eine Vorliebe für ältere Frauen hatte.
    Als das nicht gelungen war, hatte er mir im Park aufgelauert und selbst versucht, mich umzubringen, und dann Laura Coleman entführt.
    Selbst wenn es mir gelang, Max zu überzeugen, dass Coleman entführt worden war, und selbst wenn das Sheriff’s Department und das FBI alle Kräfte zusammenwarfen, um Coleman zu finden, gab es keine Garantie, dass sie mehr erreichen würden als ich alleine. Die Suche würde den Killer im Gegenteil noch mehr verschrecken. Er schien zu wissen, was wir taten, und er würde sich nur noch tiefer verkriechen als jemals zuvor. Damit kannte er sich aus. Und falls er Laura Coleman nicht bereits umgebracht hatte, würde er es spätestens dann tun.
    Aber wer wusste von Colemans Analyse und unseren Ermittlungen? Nicht einmal Morrison war über alles im Bilde, was wir unternommen hatten. Auch nicht Royal Hughes. Ich hatte nicht die leiseste Ahnung, wer davon wusste, dass Coleman und ich ohne offizielle Genehmigung arbeiteten, geschweige denn, wer die Informationen an jemanden weitergegeben haben konnte, der uns schaden wollte.
    Wer konnte die Person sein, die irgendwie mit uns beiden in Verbindung stand, dazu mit Floyd Lynch und Gerald Peasil?
    Die einzige Antwort war keine richtige Antwort. Der Route-66-Killer.
    Die Gedanken drehten sich in meinem Kopf mit der Regelmäßigkeit der Kolben im Motor meines Wagens. Wir tanzen jetzt im Kreis herum, und alle tanzen mit, ein Schritt nach vorn, ein Schritt zurück, hatte Peasil gesungen, als wir uns in seinem Van umkreisten. Nur, dass wir nie damit aufgehört hatten, Peasil und ich. Das Rätsel hatte sich immer schneller im Kreis gedreht, bis Peasil plötzlich tot gewesen war.
    Der einzige Hinweis, dem ich jetzt noch nachgehen konnte, war die Andeutung, dass der erste Mord, der Mord an der »Highwaynutte«, »anders« gewesen war. Ein Strohhalm.
    Am frühen Nachmittag war ich zurück in Laura Colemans Haus. Ich nahm eine Schachtel Bioflocken aus dem Schrank und aß, während ich in ihren Ordnern nach dem Abschnitt über die Opfer suchte.
    Anfangs war ich der Verzweiflung nahe, weil das Material so umfangreich war und ich das Gefühl hatte, die Zeit würde mir davonlaufen. Ich wünschte, Sigmund wäre bei mir gewesen. Ich war eher praktisch veranlagt, während Sig zu erkennen vermochte, was bei einem Opfer »anders« war. Er konnte den fehlenden Puzzlestein eines Bildes entdecken. Er würde nicht in Panik geraten, sich sorgen oder auch nur nervös werden. Ich stellte mir vor, wie er irgendwo saß, auf die Seiten starrte und gelegentlich blinzelte. Mehr nicht.
    Ich blätterte die Seiten um, ohne zu lesen. Die Worte tanzten vor meinen Augen, und die Zeit verrann mir unter den Fingern, ohne dass ich etwas aufnehmen konnte. Erst als ich zu den Fotos kam, wurden die Dinge einfacher. Ich blätterte über Lynchs Mumie hinweg. Als ich zu den alten Tatortfotos kam, zwang ich mich, langsamer zu blättern, während ich darauf wartete, dass die Antwort von alleine zu mir kam, anstatt nach ihr zu jagen. Vielleicht entdeckte ich ein Muster von Ähnlichkeiten oder Unterschieden, was an der unbekannten Toten aus dem Autowrack oben am Pass so »anders« gewesen war.
    Trotz zahlreicher Differenzen beispielsweise bei der Haarfarbe

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