Der stille Schrei der Toten
drückte zu, bis es in ihrem Hals knackte und sie die Augen zumachte und aufhörte, sich zu wehren. Blage sprang herunter, und der heiße Strom in seinem Bauch köchelte nur mehr leise, bis sie sich erneut bewegte und ihre Augenlider flatterten. Nun schlugen die Flammen hoch in ihm auf und gerieten außer Kontrolle, und Blage zerrte sie zu der kleinen Duschkabine im Wohnwagen, wo er sie zu Boden drückte. »Das Hackmesser, nimm das Hackmesser«, rief die Mutter vom Bett aus, und Blage gehorchte, woraufhin die Frau endlich reglos liegen blieb.
Am ganzen Leib zitternd stieg Blage in den Kombi und fuhr ohne Unterbrechung die ganze Nacht hindurch, während das Blut der Frau im Duschabfluss versickerte. Als sie einen großen Fluss erreichten, bog Blage in eine Seitenstraße ab und trennte den Kopf der Frau vom Rumpf und legte ihn auf das Kissen neben den der Mutter. Dann wickelte er den Körper der Frau in den Duschvorhang und zog ihn über Geröll hinweg auf einen Felsvorsprung über dem rauschenden Wasser. Nachdem er sie mit großen Steinen beschwert hatte, stieß Blage sie in die Tiefe und wartete, bis es platschte. Als er in den Wohnwagen zurückkam, ließen die Mutter und die Frau es sich richtig gut miteinander gehen, schwatzten und unterhielten sich wie alte Freunde.
»Ihr seid mir ja zwei schöne Plaudertaschen«, sagte Blage zu ihnen und grinste breit. »Wie soll ich denn schlafen heute Nacht bei dem dauernden Gequatsche und Gelächter, hm?« Aber seine Mutter hatte nun wenigstens jemanden, mit dem sie während der langen Fahrten reden konnte, und wenn die Mutter glücklich war, war Blage es auch.
Blage war fünfzehn Jahre alt.
22
Sylvies Kopf tauchte drei Tage später an einem neuen Körper in Los Angeles auf, und zwar just in dem Filmstudio, in dem Gil Serna Innenaufnahmen für den »Trojaner« drehte. Noch dazu war Gil Serna plötzlich verschwunden. Am selbigen Nachmittag traf ich auf dem Flughafen in Los Angeles ein. Mir wäre es lieber gewesen, wenn Bud sich der Sache angenommen hätte, aber er war voll damit beschäftigt, die zur Plage gewordene Pressemeute im Zaum zu halten. Vielleicht hatte ja diese jüngste Entwicklung zur Folge, dass sie Hals über Kopf zurück nach L. A. abhauten, wo sie auch hingehörten.
Am Flughafen holte mich Jim Tate ab, ein Typ, den ich von der Polizeiakademie her kannte. Ich freute mich sehr, ihn wieder zu sehen, vor allem weil ich wusste, dass ich ihm trauen konnte. Er hatte sich kaum verändert, war noch immer klein und stämmig und so stark muskelbepackt, dass er jederzeit einen Bullen gestemmt hätte. Seine Geheimratsecken waren deutlich ausgeprägt, und er trug, um davon abzulenken, einen blonden Stiftenkopf, der ihn wie einen pensionierten Militär aussehen ließ. Er war ein grundehrlicher und gewiefter Bursche. Die Wochenenden gehörten seinen drei Söhnen, mit denen er sich auf Sandpisten mitten in der Wüste mit offenen Kleinlastern Wettrennen lieferte. Ansonsten stand nach zwei geschiedenen Ehen nun die Arbeit im Mittelpunkt seines Lebens.
Tate hatte bereits die Erlaubnis seines Vorgesetzten in der Tasche, mir Zugang in das Studio zu verschaffen, das sich wenige Blocks vom Sunset Boulevard entfernt in der Nähe der Paramount Studios befand. Ermöglicht hatte das alles ein Anruf von Charlie Ramsay bei einem Freund, der zufällig auch der oberste Polizeichef von L.A. war. Ihm hatte ich es sicher auch zu verdanken, dass mir Tate wunschgemäß und problemlos als Begleiter zur Seite gestellt wurde. Noch hatte die Nachricht von dem grausigen Fund die Öffentlichkeit nicht erreicht, aber die Uhr tickte.
»Wir müssen sehen, dass du hier rein und auch wieder rauskommst, bevor die Medienschakale Lunte riechen und ausrasten.«
»Ganz meine Meinung.« Jim wusste wie kaum ein anderer darüber Bescheid, was mir und Harve passiert war. Er war an jenem Abend vor Ort gewesen. Er sah mich an. »Mal abgesehen von den blauen Flecken, siehst du ziemlich gut aus. Sonst alles in Ordnung, Kleines?«
»Es war wunderbar nett und ruhig da unten am See. So lange bis das passierte.«
»Harve geht’s auch gut, nehm’ ich mal an, oder?«
»Wir sehn uns fast täglich. Dann musste das plötzlich passieren, und seitdem ist der Teufel los.«
Er sagte: »Früher oder später erkennt dich einer von den Medienfritzen, garantiert.«
»Genau, darauf warte ich schon die ganze Zeit.«
»Andererseits, es ist drei Jahre her, und die Menschen vergessen so was auch. Vielleicht hast du ja
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