Der stille Schrei der Toten
sich hier am Arsch der Welt auf Blacks Tausend-Dollar-die-Stunde-Couch zu legen.«
»Er nimmt tausend Dollar für eine Stunde?«
»Hab ich gehört.« Bud schob die zweite Hälfte seines Kaugummis in den Mund, das Einzige, wonach er süchtig war, abgesehen von seidenen Armani-Anzügen. »Eins sag ich dir, dieser Black zockt hier ganz schön ab. O’Hara zufolge heißt die Lady Madeline Jane Cohen.«
»Wo ist sie denn im Moment?«
»Einen Bungalow weiter. Wartet darauf, dass wir kommen, um sie zu vernehmen.«
»Okay, wir hören, was sie zu sagen hat, sobald wir hier fertig sind.« Ich sah mir das Opfer noch einmal an, dieses Mal mit einem etwas neutraleren Blick. Ich hatte ja schon mit einigen Gewaltverbrechen zu tun gehabt, darunter sogar etliche, bei denen der Täter das Opfer in einer bestimmten Pose zurückließ, aber etwas derart Bizarres war mir noch nie begegnet.
»Ms Cohen hat einen ziemlichen Schock abbekommen. Sie schwamm direkt über das Opfer hinweg. Als sie dann erkannte, dass es ihre nette Nachbarin war, die da auf einen Stuhl gefesselt unter ihr im Wasser saß, geriet sie in Panik, schluckte den halben See und schaffte es gerade noch zurück ans Ufer.«
»Der Täter hat sich dieses Arrangement eine Wahnsinnsmühe kosten lassen. Ich nehme an, du weißt, was das bedeutet?«
»Dass er sich nicht allzu viele Sorgen darüber gemacht hat, ertappt zu werden«, sagte Bud und hielt mir einen Streifen Kaugummi hin.
»Genau. Du hättest Detektiv werden sollen.« Ich griff nach dem Kaugummi und wickelte es gedankenverloren aus. »Glaubst du, sie war schon tot, als sie ins Wasser kam?«
Bud zuckte mit den Schultern, setzte seine Pilotenbrille wieder auf und rückte sie zurecht. »Wer weiß, was so einen Verrückten antörnt? Wir werden die Todesursache ja bald von der Gerichtsmedizin erfahren.« Er schob die Manschette seines makellos gestärkten Hemds zurück und sah auf die Uhr. »Sie sollten jede Minute hier eintreffen. Ich habe Buckeye sofort verständigt.«
»Wie oft, glaubst du, ist er abgetaucht, um alles so hinzukriegen?«
»Keine Ahnung. Zigmal. Vielleicht ist er ja Schaufensterdekorateur bei einem piekfeinen Innenausstatter.«
Dieser Bud. Immer einen Scherz auf Lager.
»Hast du dich schon im Haus umgesehen?« Ich hielt Ausschau, ob sich nicht irgendwelche Touristenboote näherten. Niemand kam mir in die Nähe des Tatorts, nicht solange ich darüber wachte.
»Nein. Ich bin auch erst kurz vor dir hier angekommen. Die Leiche hat O’Hara mir gezeigt. Ihr zufolge wurde nichts angefasst, weder drinnen noch draußen.«
»Stand die Haustür offen?«
»Ja, Suze Eggers sagt, die Haustür und auch die Verandatür waren beide offen, als sie hier ankam.«
»Okay. Lass uns sehen, was wir drinnen finden, ehe die Spurensicherung eintrifft. Sie bleibt auf alle Fälle, wo sie ist, bis die Gerichtsmedizin eintrifft. Ich will, dass die Bergung auf Video aufgenommen wird.«
»Buckeye bringt sein gesamtes Team mit. Er sagt, Charlie hat ihn von Jeff City aus angerufen und die komplette Mannschaft hier herausbeordert, weil es sich um eine von Blacks privilegierten Luxuspatientinnen handelt.«
Mehr Sorgen machte ich mir wegen allzu neugieriger, mit Nikons bewaffneter Touristen. »Wie sieht’s mit Angehörigen aus? War Sylvie Border verheiratet?«
»Soweit ich weiß nicht.«
»Sie war als Einzelgast hier gemeldet?«
»Ja, laut Miki Tudor und der Kleinen an der Rezeption. War schon seit fast zwei Wochen hier zum Entspannen, einschließlich täglicher Therapiesitzungen bei unserem Guru hier vor Ort. Nach dem, was ich gehört habe, hat sie wohl eine Menge Zeit mit ihm verbracht.«
»Sehr interessant. Okay, dann wollen wir mal. Damit wir’s hinter uns bringen.«
3
Im Bungalow war alles tipptopp in Ordnung; auf Blacks Zimmerservice war nun mal Verlass. Trotzdem stimmte etwas nicht. Nicht dass ich mich in der Welt der Luxushotels besonders gut auskannte, aber mein Bauchgefühl sagte mir einfach, dass die Reichen und Schönen und besonders Filmstars nicht hinter sich herräumten. Sylvie war wahrscheinlich die typische Diva, verwöhnt und umhätschelt, und diese Leute hingen ihre Kleider nicht auf. Ich nahm mir vor, nachzufragen, wann die Mädchen hier zum letzten Mal sauber gemacht hatten und was sie von Sylvie hielten. Ich vermisste die herumliegenden Zeitschriften, die nassen Handtücher und die halbleeren Kaffeetassen. Wie ich es von mir zu Hause gewohnt war.
»Von einem Kampf ist hier weit und breit keine
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