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Der stille Schrei der Toten

Der stille Schrei der Toten

Titel: Der stille Schrei der Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Ladd
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pittoreske kleine Bogenbrücke, die zu einer umlaufenden Veranda führte. An den Seiten standen überall Terrakottagefäße mit rot blühenden Geranien. Das weitläufige, rustikale Holzhaus ragte auf die Wasseroberfläche des Sees hinaus, was in meinen Augen einer architektonischen Meisterleistung gleichkam. Es gab einige Fenster an der Vorderfront, aber ich hätte wetten können, dass es noch sehr viel mehr gab mit direktem Blick auf den See.
    In den Wäldern der Umgebung war es absolut still. Die Wellen plätscherten sanft gegen verwitterte Pfähle, und irgendwo weit oben in den Baumwipfeln trällerte sich ein Rotkehlchen die Seele aus dem Leib. Ich verstand jetzt, warum die Prominenten diese Wildnis aufsuchten, um zu sich selbst zu finden. In der Stille und Einsamkeit dieses friedlichen Ortes konnten sie wirklich allen Stress vergessen. Nur dass nun leider ein Mörder in die idyllische Abgeschiedenheit unserer Wälder eingebrochen war.

2
    Bud Davis stand in der Eingangstür und präsentierte sein breitestes Grinsen. Er sprach mit jenem schleppenden Georgia-Akzent, der den Mädchen schwache Knie und Ohnmachtsanfälle bescherte, außer mir natürlich; ich bin dagegen immun. Die meisten Ladys waren es aber nicht, und er setzte seinen Südstaatencharme ein wie ein Angler seinen Spinnköder.
    »Du solltest dir vielleicht mal einen Donutsvorrat im Auto zulegen. Ich bin immer vor dir am Tatort.« Bud sah für seine zweiunddreißig Jahre geradezu jungenhaft gut aus und trug sein dichtes, goldbraunes Haar stets so exakt geschnitten, dass jeder Schauspieler vor Neid erblasst wäre. Leider nur hatte er das Pech gehabt, dass ihn sein Vater nach seiner Lieblingsbiermarke, Budweiser, getauft hatte. Wie er sich je dazu herablassen konnte, in Atlanta das Böse zu bekämpfen, konnte ich nie nachvollziehen, obschon ich natürlich froh war, dass er von diesem Moloch von Stadt irgendwann die Schnauze voll gehabt hatte und hierher gezogen war, wo er bald sein Hobby gefunden hatte: Jagen und Wandern. Einmal wollte ich einen Beweis dafür sehen, dass auch nur ein Haar seiner Frisur jemals nicht richtig gesessen hätte, worauf er mit einem Foto ankam, das ihn als Undercover-Ermittler zeigte, in einem dreckigen Flanellhemd, mit fettigen langen Haaren und einem Nasenring. Für ihn musste es die Hölle gewesen sein, penibel wie er war, verlottert wie der letzte Penner durch die Gegend zu laufen. Tatsächlich hatte der Bursche einen solchen Horror vor Schweißflecken, dass er stets einen Stapel frisch gebügelter Oberhemden im Auto dabeihatte.
    Buds Augen waren graublau und hatten sich voller Abscheu an meinem zerknitterten T-Shirt festgesehen. Okay, ich hatte es also schon in der vorhergehenden Nacht getragen. Doch hier handelte es sich um einen Mord, und ich hatte es eilig gehabt. Wer mochte mir daraus einen Strick drehen? Ich kümmerte mich nun einmal wenig um Äußerlichkeiten wie Kleidung oder Frisur. Letztes Jahr zu Weihnachten hatte er mich schwer enttäuscht mit einem Geschenkabo für mehrere Besuche in einem schicken Salon namens »Lockenwunder«. Ich bin einmal dort aufgetaucht für eine stundenlange zermürbende Styling-Session bei einem Typen, der mich dauernd als seine Freundin bezeichnete, meine hohen Wangen und meine blauen Augen bewunderte und mir riet, ich solle mich als Model bewerben, weil ich so groß und schlank sei. Nach der Prozedur sah ich ziemlich bescheuert aus und gab den Gutschein dezenterweise an Dottie weiter, die begeistert war und genügend lange blonde Haare hatte, um die ganze Crew dieses Ladens in Begeisterung zu versetzen.
    Ich sagte: »Nun mach mal halblang, Bud. Es ist verdammt früh, sechs Uhr morgens. Was zum Teufel machst du denn? Springst im Morgengrauen aus dem Bett und wirfst dich in Schale, nur für den Fall, dass ein Anruf kommen könnte? Du bist doch ein normaler Mensch und kein heimliches GQ -Model.«
    Bud lachte. »Meine Mama sagte immer, Frauen stehen auf gepflegte Männer. Um gut auszusehen, muss man sich nur ein bisschen Zeit nehmen.«
    »Ja, genau, sechs bis zehn Stunden.« Ich drehte mich um und sah, wie der Van von den Fernsehfritzen die Zufahrt hinauffuhr und verschwand. »Wie hast du es geschafft, Hastings aus dem Haus zu halten?«
    »O’Hara hätte unter Umständen ihre Waffe gezogen. Ich habe ihr gesagt, sie kann sie abballern, wenn sie will.«
    »Hastings hat eben behauptet, das Opfer sei eine bekannte Schauspielerin. Sag, dass das nicht wahr ist, Bud, bitte.«
    Bud grinste.

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