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Der stille Schrei der Toten

Der stille Schrei der Toten

Titel: Der stille Schrei der Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Ladd
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mir dann, vom Dienst freigestellt, bis er meine Sicht der Dinge kennt. Sieht nicht so schlecht aus. Er stellt mich wieder ein. Wo blieb jetzt meine weibliche forsche Art? Jetzt, da ich sie dringend gebraucht hätte. Ich stand auf und ging zu meiner Tasche an der Bar, holte mein Abzeichen heraus und warf es ihm vor die Füße.
    »Oh Mann, ich fühl mich so was von beschissen«, sagte er, als ich meinen beigefarbenen Leinenblazer aufknöpfte, die Glock aus dem Schulterhalfter hervorholte und sie ihm übergab. Ohne meine Waffe fühlte ich mich wie nackt. Ich war, seit ich Kalifornien damals den Rücken gekehrt hatte, nie mehr unbewaffnet außer Haus gegangen.
    »Es wird sich alles in Wohlgefallen auflösen«, sagte er. »Du kennst Charlie ja. Er wird schnell wütend, kriegt sich aber ebenso schnell wieder ein. Sobald er gehört hat, wie du die Sache siehst, ändert er seine Meinung.«
    »Okay, sag mir, wenn er sich beruhigt hat. Dann komm ich vorbei und erklär ihm alles.«
    Bud nickte und wartete noch einen Moment, aber da es so gut wie nichts mehr zu sagen gab, ging er. Ich hätte den Teufel getan und geweint. Das hatte ich mir schon lange abgewöhnt.
    Auch Gefühle leistete ich mir schon seit Langem keine mehr,
    aber nun waren sie plötzlich da.
    »Bud hat mir alles erzählt, Claire. Es tut mir so leid.«
    Black war zurückgekommen, stand in der Tür und beobachtete mich. Überhaupt beobachtete er mich ständig, als wäre ich eine tickende Zeitbombe, verdammt noch mal. Wobei er dieses Mal sogar recht haben könnte. Plötzlich überkam mich das Bedürfnis, mich in seine Arme zu werfen, ich besann mich aber eines Besseren. Das würde mir jetzt gerade noch fehlen. »Alles okay. Ich hab schon Schlimmeres mitgemacht. Im Vergleich dazu ist das gar nichts.«
    »Ist mir schon klar. Du hast bewiesen, wie stark du bist.«
    Ich wartete darauf, dass er mich fragen würde, ob ich darüber sprechen wollte. Ich wusste, es war nur eine Frage der Zeit, und er würde Doktor mit mir spielen. Vielleicht wollte ich, dass er darauf bestand; vielleicht wollte ich ja analysiert werden. Vielleicht wusste ich nicht, was ich tun, sagen oder fühlen sollte. Vielleicht war ich verrückt.
    »Solltest du was brauchen, lass es mich wissen«, sagte er nach einigen Momenten angespannten Schweigens. »Ich bin unten in meinem Büro.«
    Leben ohne Vater
    Einmal wäre Blage auf dem Highway entlang dem Golf von Mexiko, gleich außerhalb von Gulfport, Mississippi, beinahe von einer Polizeistreife gestoppt worden. Aber der braune Ford Crown Victoria nahm dann die Verfolgung eines schwarzen Cadillacs auf, der sie mit gut achtzig Meilen überholt hatte. Blage überschritt das Tempolimit niemals; die neue Frau und die Mutter hassten diese Raserei. Einmal übernahm Blage einen Job in einem Beerdigungsunternehmen, wo er beim Einbalsamieren half. Sein Chef war erstaunt darüber, wie erfahren Blage in so jungen Jahren schon war, und zahlte ihm ein gutes Gehalt, obgleich die drei eigentlich das Geld gar nicht brauchten. Es machte Spaß, wieder unter Toten in Kühlräumen zu sein, wie ein Familientreffen, und einmal stahl Blage eine schwarze Lady aus ihrem Sarg, kurz bevor dieser zur Beerdigung verschlossen werden sollte. Die Mutter und die blonde Frau freuten sich sehr über diese neue Freundin.
    Schließlich entdeckte Blage die nächste Person, die er suchte. Es war an einem großen See, und der junge Mann trug ein weißes T-Shirt und eine Badehose und fischte am Ufer. Blage war ihm von seinem Haus her gefolgt und lag im Dickicht und schlug nach Mücken. Als der junge Mann sein T-Shirt auszog und ins Wasser sprang, folgte ihm Blage unbemerkt. Der junge Mann war ein recht guter Schwimmer, aber Blage war auch kräftig. Das Wasser fühlte sich kalt an auf Blages nackter Haut, und das Hackmesser war schwer, als er sich von hinten dem todgeweihten Jüngling näherte.
    Der junge Mann bemerkte Blage nicht, da er den Kopf beim Schwimmen unter Wasser hielt. Es war ein Leichtes für Blage, von hinten an ihn heranzuschwimmen und mit dem Hackmesser mit solcher Wucht auf den nackten Rücken einzuschlagen, dass das Rückenmark durchtrennt wurde. Der Körper zappelte und zuckte und blutete, aber Blage zog ihn ans Ufer, wo er ihn zerhackte und die Teile in einem blauen Rollkoffer verstaute, den er tags zuvor gekauft hatte. An diesem Tag erkannte Blage, dass es angenehmer war, im Wasser zu morden, weil man danach nicht sauber machen musste. Die flüssige Hitze verschwand, und

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