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Der stille Schrei der Toten

Der stille Schrei der Toten

Titel: Der stille Schrei der Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Ladd
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wütend und ärgerlich, aber im Moment stimmte mich alles wütend und ärgerlich.
    Ich zog das alberne rote Ding an und schlüpfte wieder ins Bett. Wo zum Teufel waren Blacks Beruhigungspillen? Nun hätte ich sie gebraucht. Ich ignorierte das große Silbertablett mit Obst, Käse und Brot, das jemand auf dem Nachttisch abgestellt hatte. Vermutlich dasselbe lautlose Phantom, das die Kleider gebracht hatte.
    Black war wirklich äußerst rücksichtsvoll, versorgte mich mit allem Nötigen, ließ mich aber ansonsten strikt in Ruhe, damit ich mich meinen Problemen widmen konnte. Das war mir nur recht, aber vielleicht wollte ich es auch nicht wirklich. Ich wusste nicht, was ich wollte, nur nachdenken wollte ich nicht mehr.
    Als die Zeiger der luxuriösen Uhr auf meinem Nachttisch gen Mitternacht rückten, ging ich nervös im Zimmer auf und ab. In einem Chaos von Gefühlen wandelte sich meine innere Taubheit in Wut, Wut auf alles und jeden.
    Ich kam zu dem Schluss, dass ich vielleicht lieber doch Gesellschaft hätte. Also machte ich mich kurzerhand auf den Weg über den langen Flur zu Blacks Büro. Durch die offene Tür drang ein gedämpfter Lichtschein von der Lampe auf dem Schreibtisch, an dem er saß und Zeitungsausschnitte sortierte. Artikel, die mich betrafen. Vielleicht wollte er ja sein ganz persönliches Album über mich anlegen, in dem für jedes schreckliche Ereignis aus meinem Leben ein paar Seiten reserviert waren. Ich sah rot und beschloss, meine Gefühle nicht für mich zu behalten.
    »Na lass mich mal raten. Sicher geht es bei dem ganzen Kram um meine Wenigkeit und mein trauriges Leben. Aber ich sag dir eins, du kannst es bleiben lassen, heimlich in meiner Vergangenheit herumzuschnüffeln. Ich steh jetzt persönlich da, in Fleisch und Blut, in diesem süßen Nachthemdchen, das du für mich ausgesucht hast.« Sehr nett war das nicht, aber irgendwie fühlte ich mich dadurch besser.
    Black schien erstaunt, mich hier zu sehen. Dann verwandelte sich sein Staunen in Vorsicht, und das aus gutem Grund. Vielleicht lag es an meinem finsteren Gesicht, in dem er las, dass ich ihn im nächsten Moment vielleicht umbringen könnte. Er ignorierte meinen Sarkasmus, denn er blieb völlig ruhig.
    »Ich hoffe, du fühlst dich etwas besser.«
    »Oh ja, viel besser. Im Moment fühlt es sich nur so an, als wäre ich gerade von einem Lastwagen überrollt worden. Wie geht’s dir denn so? Schlägt dir schon das Herz in professioneller Vorfreude, jetzt, da du weißt, was für ein hoffnungsloser Fall ich bin?«
    Er stand auf, runzelte besorgt die Stirn, was ihn aber nicht davon abhielt, seinen Blick an diesem Hauch von Nichts, das ich anhatte, nach unten wandern zu lassen. »Hast du schon was gegessen heute?« Vielleicht schaute er ja nur auf meinen leeren Magen.
    »Aus irgendeinem Grund hat es mir den Appetit verschlagen. Warum wohl? Du bist doch hier der Seelenklempner. Warum sagst du’s mir denn nicht?«
    »Du hast eine Menge durchgemacht. Du musst dringend was essen. Warum gehen wir nicht nach unten in die Küche, um zu sehen, was wir dort finden?«
    »Was, Doktorchen? Du willst meine Seele nicht sezieren?« Ich wartete kurz ab, um zu hören, wie er darauf reagierte. Er sagte nichts, was mich noch wütender machte, genau so wie seine vorsichtigen Blicke, als trüge ich eine Bombe unter dem verführerischen Negligé. Mir war klar, dass ich meinen Frust, meinen Schmerz und meine Wut an ihm abreagierte; ich wusste, dass das nicht fair war, aber ich konnte es nicht ändern. Ich musste auf jemanden eindreschen, und er war der Einzige, der sich gerade anbot. Und, verdammt, als Psychiater sollte er damit umgehen können. »Wo fangen wir denn nun an? Was soll ich zuerst machen? Mich auf die Couch legen? Oder soll ich mir vielleicht diese Tintenklecksereien ansehen, die du überall rumhängen hast, um deinen verrückten Patienten besser auf die Schliche zu kommen?«
    Ich wandte mich der Wand zu, an der die gerahmten Klecksbilder hingen, und betrachtete sie mit geneigtem Kopf und einen Zeigefinger unter das Kinn gestützt. Manchmal konnte ich so was von unausstehlich sein. »Wow, die sind schlichtweg faszinierend, Dr. Black.«
    Black sagte wieder nichts, was mich noch mehr verärgerte.
    Ich sagte: »Vielleicht sollten wir zu Ende bringen, was wir auf dem Steg begonnen haben. Ganz Amerika glaubt, wir hätten eine Affäre. Vielleicht sollten wir die Leute nicht enttäuschen.«
    »Willst du das wirklich?«, fragte er leise. Du meine Güte, jetzt

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