Der stille Schrei der Toten
lachte und lachte, bis Blage auch lachte. Es fühlte sich merkwürdig an, zu lachen. Blage konnte sich nicht erinnern, ob er überhaupt schon einmal gelacht hatte, aber der Vater war im Keller beschäftigt und passte nicht mehr so streng auf. Blage mochte das kleine Mädchen. Vielleicht könnten sie Freunde werden.
Sie schaukelten abwechselnd, bis eine Frauenstimme aus einiger Entfernung rief.
»Das ist meine Mama. Schau, da kommt sie.«
Blage drehte den Kopf und sah eine Frau mit schnellen Schritten herankommen. Sie trug ihre blonden Haare wie die Tochter zu Zöpfen geflochten und lächelte, ein strahlendes, unbeschwertes Lächeln. »Ach, hallo du«, sagte sie zu Blage. »Du musst das Kind sein, das in dem großen Haus wohnt. Ich arbeite jetzt für deinen Vater. Ich bin eure neue Köchin.«
Blage erinnerte sich, dass der Vater eine Köchin brauchte, und nickte.
»Wir wohnen in der alten Remise. Komm mit, dann essen wir alle Schokoladenplätzchen und trinken Milch.«
Blage nickte und ging mit. Er fand es sehr merkwürdig, mit anderen Leuten draußen im Freien zu sein, aber mit ihren langen blonden Haaren, wie Blages Mutter sie hatte, waren die beiden sehr hübsch, und es schien ihnen nichts auszumachen, dass nur sie alleine redeten. Das kleine Mädchen gab ihm ein paar Eicheln, und Blage verhielt sich ganz ruhig, bis ein braunes Eichhörnchen mit einem großen buschigen Schwanz auf die Verandabrüstung gelaufen kam und eine Eichel aus Blages Hand nahm. Das kleine Mädchen klatschte vor Freude in die Hände und sagte, dass Mr Twitchy Tail Blage gernhabe und dass Blage ihn füttern könne, wann immer er wolle.
Am Abend dieses Tages erzählte Blage seinen Freunden im Kühlraum von der Frau, dem kleinen Mädchen und Mr Twitchy Tail, und sie waren sehr angetan von Blages neuen Freunden. Als die Köchin die Plätzchen auf diesem hübschen gelben Teller herausgebracht hatte, hatte Blage fünf davon gestohlen, um sie seiner Mutter und ihren Freunden mitzubringen, aber an diesem Tag war ein neuer Toter in dem schwarzen Leichenwagen gekommen, ein spindeldürrer alter Opa mit runzeliger brauner Haut, die direkt auf seinem Knochenskelett zu kleben schien. Er sah so aus, als könnte er eher als Blage ein Plätzchen vertragen, weshalb Blage seines in der Mitte durchbrach und es mit dem armen alten Mann teilte, damit er nicht ausgeschlossen war. Der alte Mann wusste das zu schätzen und sagte, er habe fünf Enkel, alle Jungs, und dass sie es liebten, in seinem Teich hinter der Scheune zu fischen und in dem Bach zu schwimmen, in dem Kaulquappen herumschlängelten und auf dessen Oberfläche Libellen landeten. Blage mochte den alten Mann und wünschte, die Enkel würden mal zu Besuch kommen.
Von jenem Tag an war Blage oft mit dem kleinen Mädchen und der Köchin zusammen, ohne dass der Vater etwas davon mitbekommen hätte, und es war die schönste Zeit seines Lebens. Eines Tages dann, als Blage und das kleine Mädchen mit dem Gartenschlauch der Köchin duschen spielten, kam der Balsamierer um die Ecke und ging direkt auf die spielenden Kinder zu. Blages glückliches Lachen erstarrte und wandelte sich in den Ausdruck blanken Entsetzens, und der Vater sagte: »Du gehst auf der Stelle nach Hause, Blage, hörst du, sofort!«
Blage ließ den Schlauch fallen und gehorchte, aber die Köchin sagte: »Wie furchtbar, ein Kind so zu nennen.«
»Sie haben leicht reden. Sie wissen ja nicht, was er seiner Mutter angetan hat«, sagte der Balsamierer so zornig, wie er nur konnte.
Blage bekam Bauchweh, ging aber tapfer weiter über den nassen Rasen in Richtung Haupthaus. Aber dann drehte er sich um und sah, wie die Köchin dem Vater zuhörte, dann ihr kleines Mädchen schützend hinter sich nahm und Blage hinterherschaute, als wäre er ein kleines Monster.
Am Abend fand der Vater das Kind im Kühlraum, wo es sich versteckt hatte, und schleppte es nach oben ins Bett. Er sagte, er sei enttäuscht darüber, dass Blage das Haus verlassen und mit diesen Leuten aus der Remise gesprochen hatte. Leider habe er ihnen sagen müssen, Blage habe seine eigene Mutter die Treppe hinuntergestoßen und getötet. Darüber hinaus habe er der Köchin geraten, ihr Kind von Blage lieber fernzuhalten.
Blage führte ein schreckliches Brennen im Inneren, wie von einem glutheißen Feuerstrom, wartete aber, bis der Balsamierer schlief, ehe er sich aus dem Haus schlich und zur Remise rannte. Durch die gläserne Eingangstür sah er, dass die Köchin und das kleine
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