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Der Stolz der Flotte

Der Stolz der Flotte

Titel: Der Stolz der Flotte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
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durchströmte Bolitho ein Gefühl der Wärme; trotzdem war er sich der Tatsache bewußt, daß zwischen ihnen manches anders geworden war.
    »Hier, Adam, setz dich zu mir.« Er deutete zur Tafel, die Trute mit besonderer Sorgfalt gedeckt hatte. »Das Essen ist nicht aufregend, aber zweifellos auch nicht schlechter, als du es gewohnt bist.«
    Er mühte sich einhändig mit einer Karaffe ab, und die ganze Zeit hingen die Augen des Jungen an ihm. Wie er sich verändert hatte! Er war größer und selbstsicherer geworden, und doch war er immer noch so lebhaft und unruhig wie ein schwarzes Fohlen, wie damals vor zwei Jahren, als sie sich getrennt hatten.
    Der Junge nahm das Glas entgegen und sagte nur: »Auf diesen Augenblick habe ich gewartet.« Dann lächelte er, und das erinnerte Bolitho wiederum an die Porträts in Falmouth. »Als Captain Herrick mir sagte, du wärest verwundet…«
    Bolitho hob sein Glas. »Reden wir nicht davon. Wie ist es dir ergangen?« Er trat mit ihm an den Tisch; wie immer fühlte er unbestimmt das gleichmäßige Vibrieren des Decks, das regelmäßige Rollen des Schiffes, das befehlsgemäß der
Coquett
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folgte.
    Er zog eine dampfende Schüssel Fleisch heran. Es kam aus dem Faß und war vermutlich zäh. Doch in dem warmen Lampenschein und auf dem besten zinnernen Geschirr serviert, sah es beinahe delikat aus. Bolitho zögerte; es irritierte ihn, daß er das Messer nicht richtig gebrauchen konnte. Und dabei sollte heute abend alles aufs beste sein, er brauchte nicht an Deck und hatte sogar fast gar keine Schmerzen. Pascoe reichte über den Tisch und nahm ihm das Messer aus der Hand. Eine Sekunde lang sahen sie sich in die Augen. »Laß mich das machen, Onkel«, sagte er leise. Und dann lächelte er wieder. »Captain Herrick hat mir alles mögliche beigebracht.«
    Er beugte sich über die Platte, und Bolitho sah ihm zu, wie er an dem zähen Fleisch herumsäbelte. Das Haar, schwarz wie sein eigenes, fiel ihm rebellisch in die Stirn.
    »Danke, Adam.« Er mußte lächeln. Siebzehn Jahre. Er konnte sich unschwer daran erinnern, wie es ihm als jungem Midshipman ergangen war. Auch Adam machte der Dienst offensichtlich Spaß. Weder Selbstmitleid noch falscher Optimismus klangen mit, als er angeregt über die Rolle der
Impulsive

bei der Meuterei, über Herrick und über die vielen Dinge plauderte, die aus dem Knaben ein getreues Abbild seines Vaters und Bolithos gemacht hatten.
    Bolitho machte sich nicht viel aus dem Fleisch, obwohl Adam es ihm kleingeschnitten hatte – es war wirklich nicht mehr frisch. Doch Adam kannte keine solchen Hemmungen; er griff immer wieder zu.
    »Wie kannst du dich so vollstopfen und doch dünn wie ein Stock bleiben?« fragte Bolitho kopfschüttelnd.
    Ernsthaft sah der Junge ihn an. »Ein Midshipman hat’s schwer.« Beide lachten, und Bolitho sagte: »Nun, vielleicht sind deine Tage im Logis gezählt. Wenn wir eine Prüfungskommission zusammenkriegen, sehe ich keinen Grund, weswegen du nicht dein Leutnantsexamen machen solltest.«
    Der Junge schlug die Augen nieder. »Ich werde versuchen, dieses Vertrauen nicht zu enttäuschen.«
    Bolitho musterte ihn sekundenlang. Nie würde dieser Junge jemanden enttäuschen.
Er

war es, dem man unrecht getan hatte. Wieder hatte er das drängende Gefühl, daß er etwas für Adam tun mußte, und zwar unverzüglich. Die Wunde in der Schulter war ihm eine Warnung. Die nächste schon konnte tödlich sein.
    Mühsam begann er: »Da ist ein Rechtsanwalt in Falmouth, Quince heißt er.« Er hielt inne und versuchte, einigermaßen nüchtern und geschäftlich weiterzusprechen. »Wenn wir nach Hause kommen, wollen wir beide zu ihm gehen.«
    Pascoe schob seinen Teller zurück und wischte sich den Mund.
    »Warum, Onkel?«
    Warum? Ein kleines Wort nur, aber eine riesengroße Frage. Er stand auf und ging durch die schwankende Kajüte zu den Fenstern. Unten glänzte das schäumende Kielwasser im Licht der Hecklaterne wie Schnee, und er glaubte, die
Valorou
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zu sehen, die ihnen in respektvollem Abstand durch die Finsternis folgte. In der dicken Fensterscheibe sah er Pascoes Spiegelbild, der, das Kinn in die Hände gestützt, am Tisch saß. Wie ein Kind genoß er diese private, von Zuneigung erfüllte Stunde, die schnell genug vergehen würde.
    »Ich will sicher sein, Adam, daß du das Haus und das Gut bekommst, wenn ich tot bin«, sagte Bolitho. Er hörte, daß der Junge erschrocken auffuhr, und war wütend über seine unverblümten Worte.
    »Ich weiß«,

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