Der Stolz der Flotte
Geschwader in dieselben Gewässer geführt, die es gerade verlassen hatte. Sie befanden sich knapp achtzig Seemeilen nordöstlich von Djafou.
Keverne dachte, jetzt sei der richtige Moment, den Kommandanten anzusprechen. »Guten Morgen, Sir.« Er lächelte. »Wieder einmal.«
Hinter Keverne, weit draußen in Lee, standen die vollen Bramsegel der
Impulsive
.
Broughton hatte angeordnet, daß sie als einziges Schiff die Flanke des Geschwaders sichern sollte. Sie war schneller als die anderen, und da Broughton keine weitere Fregatte zur Verfügung hatte, sondern nur die kleine
Restl
e
s
s
weit draußen an der Kimm, blieb ihm kaum eine andere Möglichkeit als diese Marschordnung.
»Signalisieren Sie bitte der
Tanais
,
sie soll mehr Segel setzen«, sagte Bolitho. »Sie ist schon wieder zurückgefallen.«
Stirnrunzelnd faßte Keverne an den Hut. »Aye, Sir.«
Bolitho ging nach Luv und nahm dort seinen Morgenspaziergang auf. Die
Tanai
s
lag zwar ein wenig in Lee der Formation, aber kaum so sehr, daß unter diesen besonderen Umständen ein solches Signal gerechtfertig gewesen wäre. Jedes Schiff tat sein Bestes, und das Geschwader hatte seit der letzten Kursänderung ständig sieben Knoten geloggt. Keverne dachte vielleicht, er hätte es nur befohlen, um ihn an die seinerzeitige Kollision zu erinnern. Vielleicht glaubte er auch, Bolitho hätte einfach das Bedürfnis, etwas zu tadeln.
Seine Gedanken überstürzten sich, und automatisch schritt er schneller aus. Keverne mochte glauben, was er wollte. An diesem Morgen stand mehr auf dem Spiel als Kevernes Seelenfrieden. Auf den ersten Blick schien Broughtons Hartnäckigkeit durchaus gerechtfertigt. Entweder war die Fregatte, obwohl die
Coquett
e
und die
Restless
vor der spanischen Küste standen, irgendwie durchgeschlüpft; oder aber, was ebenso möglich war, sie hatte die spanische Küste nicht erreichen können, ohne ihren Vorsprung einzubüßen; dann konnte es sein, daß man sie noch erwischte. Der herrschende Nordwestwind, der für Broughton so günstig war, mußte den Vorteil der
Auriga
rasch zunichte machen.
Doch Bolitho runzelte die Stirn, denn damit kam er nicht weiter. So war es allenfalls gestern gewesen, als noch wirkliche Hoffnung bestand, die
Aurig
a
zu fassen. Aber ihr Kommandant hatte vielleicht gar nicht die Absicht, sich nach Spanien oder Frankreich zu wenden. Vielleicht wollte er in irgendeiner geheimen Mission nach Mallorca oder Port Mahon oder sogar noch weiter ostwärts, immer weiter, mit aller Geschwindigkeit, die seine Segel hergaben.
Wäre er nicht so in seine persönlichen Angelegenheiten vertieft gewesen, in seine Wiedersehensfreude, dann hätte er Broughton vielleicht früher darauf angesprochen. Ärgerlich zog er die Brauen noch stärker zusammen. Immer dieses »Vielleicht« und »Möglicherweise«!
»Guten Morgen, Sir.«
Er blieb stehen. Vom Steuerborddecksgang blickte Pascoe auf ihn hinunter.
Bolitho lockerte sich etwas. »Na? Schon eingelebt?«
Der Junge nickte freudig. »Ich habe mir das ganze Schiff angesehen, Sir.« Dann sah er auf einmal sehr ernst drein. »Man kann sich nur schwer vorstellen, daß sich hier die Franzosen ergeben haben.« Er ging ein paar Schritte nach achtern und starrte auf die feuchten Planken. »Ich dachte an Mr. Selby, den Steuermannsmaat, der starb, um mich zu retten. Ich denke oft an ihn.«
Bolitho preßte die Hände auf dem Rücken zusammen. Würde das nie aufhören? Immer schien Hugh, den Adam nur unter dem Namen »Selby« kannte, ihm über die Schulter zu blicken, voller Spott über seine Anstrengungen, die Vergangenheit zu vergessen.
Er merkte, daß Adam ihn besorgt ansah. »Ist irgend etwas nicht in Ordnung, Sir? Ihre Wunde?«
Bolitho schüttelte den Kopf. »Ich bin heute ein schlechter Gesellschafter. Aber ich freue mich, daß du noch an Mr. Selby denkst. Auch ich kann mich nur schwer an den Gedanken gewöhnen, daß die
Eur
y
a
l
u
s
dasselbe Schiff ist, das uns damals so teuer zu stehen gekommen ist«, entgegnete er.
»Der Admiral kommt, Sir«, sagte Pascoe und entfernte sich rasch. Broughton trat an Deck und starrte mißmutig auf die Kimm.
Bolitho machte seine gewohnte Meldung und sagte dann: »Ich denke, wir sollten abdrehen, Sir.«
Broughton tat, als hätte er nichts gehört.
»Vielleicht wird Gillmor sie stellen können, aber
wi
r
haben nicht viel davon, wenn wir so weitermachen, finde ich.«
Broughton wandte den Kopf und sah ihn starr an. »So – finden Sie?«
»Jawohl, Sir.
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