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Der Stolz der Flotte

Der Stolz der Flotte

Titel: Der Stolz der Flotte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
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Draffen wieder zu Gesicht. Er hatte an Bord der
Euryalu
s

und auf den anderen Schiffen so viel zu tun gehabt, daß ihm wenig Zeit zum Nachdenken über Draffens Abschiedsworte geblieben war.
    Die Tatsache, daß er Hugh gekannt hatte, verriet, daß Draffen in Westindien gelebt und gearbeitet hatte oder sogar in Amerika während der Revolution. Sonst wäre es wenig sinnvoll gewe sen, daß er so geheimnisvoll tat. Draffen war der typische Geschäftsmann, einer von denen, die Kolonien gründen halfen, um persönlichen Gewinn daraus zu ziehen. Ein gerissener Kaufmann, der auch, Bolithos Ansicht nach, ziemlich rücksichtslos sein konnte, wenn es sich so ergab.
    Vielleicht war Draffens Bemerkung nur ein Eröffnungszug gewesen, um mit Bolitho in persönlicheren Kontakt zu kommen. Wenn sie in den nächsten Wochen und Monaten harmonisch zusammenarbeiten sollten, war das ganz natürlich. Aber seit sein Bruder zum Feind übergelaufen war, hatte Bolitho eine regelrechte Mauer der Vorsicht in seinem Innern aufgebaut und reagierte auf die bloße Erwähnung von Hughs Namen mit krankhafter Empfindlichkeit.
    Es gab viel zu tun: Ergänzung der Verpflegungs- und Tr inkwasservorräte für die Reise und Übernahme aller Ersatzteile, die man von der Administration durch Bitten oder Bestechung ergattern konnte. War man erst einmal im Mittelmeer, so hatte man keine Basis mehr und war auf solche Lebensmittel angewiesen, die man erbeutete oder sonstwie beschaffte.
    Aus einem weiteren, noch dringlicheren Grunde war Selbstversorgung nötig. Zwei Tage nach dem Ankerwerfen hatte Bolitho eine Korvette in die Bucht kreuzen sehen, die, wie es hieß, Depeschen aus England brachte.
    Unverzüglich hatte Broughton ihn kommen lassen und ihm mit grimmigem Gesicht eröffnet: »Die Meuterei in der Nore hat sich ausgeweitet. Fast alle Schiffe sind in den Händen von
Delegierten
.« Er spie das Wort aus, als sei es Gift. »Sie blockieren die Themse und stellen der Regierung erpresserische Forderungen.«
    Broughton war aufgesprungen und ruhelos in der Kajüte umhergegangen wie ein wildes Tier im Käfig. »Und Admiral Duncan sollte Blockade vor der holländischen Küste fahren. Was kann er jetzt noch tun, wenn die meisten seiner Schiffe in den Händen von Aufrührern sind und festliegen?«
    »Ich werde die anderen Kommandanten informieren, Sir.«
    »Ja, sofort! Die Korvette segelt gleich wieder mit Depeschen nach England zurück; es ist also kaum zu befürchten, daß unsere Leute angesteckt werden.« Etwas langsamer fuhr er fort: »Ich habe in me inem Bericht auch den Verlust der
Auriga

mit allen Einzelheiten geschildert. Es könnte den Franzosen einfallen, sie zu Spionagezwecken zu benutzen; je eher also unsere Flotte über ihre neue Nationalität Bescheid weiß, um so besser. Wir wissen noch nicht, ob sie die Flagge tatsächlich auf Grund einer Meuterei gestrichen hat.« Dabei hatte er Bolitho nicht angesehen. »Vielleicht waren alle Offiziere schon gefallen oder kampfunfähig, als sie Bord an Bord lagen; so kann die führungslose Mannschaft überwältigt worden sein.«
    Aber offensichtlich glaubte er das ebensowenig wie Bolitho. Immerhin blieb genug Raum für Zweifel offen, daß Broughton diese Ausflüchte in seinem Bericht unterbringen konnte. Gerade jetzt konnte die Nachricht, daß ein britisches Schiff zum Feinde übergegangen war, noch mehr (und wenn möglich schlimmere) Unruhen in der Flotte auslösen.
    Broughton hatte sich nicht gescheut, immer mehr Arbeit auf Bolitho abzuwälzen, während das Geschwader seeklar gemacht wurde. Die Nachrichten von der Nore und der Verlust der
Auriga

hatten ihn merklich beeindruckt. Er zog sich sehr zurück und wirkte, wenn er mit Bolitho allein war, lange nicht so gelassen wie früher. Was er in Spithead mit seinem eigenen Flaggschiff erlebt hatte, schien eine tiefe Narbe in seinem Gemüt hinterlassen zu haben. Er verbrachte viel Zeit an Land, führte Besprechungen mit Draffen und dem Gouverneur, aber er fuhr immer allein und behielt seine Gedanken für sich.
    Leutnant Calvert schien außerstande zu sein, seinem Admiral irgend etwas recht zu machen; sein Leben wurde schnell zu einem Alptraum. Er mochte aus sehr guter Familie stammen, war aber anscheinend vollkommen unfähig, auch nur den routinemäßigen Signalverkehr innerhalb des Geschwaders zu begreifen, der offiziell in seinen Händen lag.
    Bolitho hatte den Verdacht, daß Broughton seinen Adjutanten als Blitzableiter für die eigene quälende Unsicherheit

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