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Der stolze Orinoco

Der stolze Orinoco

Titel: Der stolze Orinoco Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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geistige Wiedergeburt eines ganzen Indianerstammes gelungen, und jetzt hatten sie eine Bevölkerung um sich versammelt, die, unter Einrechnung der auf den benachbarten Ilanos siedelnden Eingebornen, gegen tausend Köpfe zählte.
    Fünfzig Kilometer im Nordosten von den Stromquellen und von der Mündung des Rio Torrida war es, wo der Missionär die Stelle für die zukünftige Ortschaft gewählt hatte: Eine höchst glückliche Wahl – mit einem Boden von erstaunlicher Fruchtbarkeit, wo die nützlichsten Baum-und Straucharten gediehen, unter andern Marimas, deren Rinde eine Art natürlichen Filz liefert; ferner Bananen, Platanen, Kaffeebäume und -stauden, die sich im Schatten größerer Bäume mit scharlachrothen Blüthen bedeckten, Bucares, Kautschuk-und Cacaobäume, und daneben sproßten und grünten Felder mit Zuckerrohr und Sassaparille oder mit Tabak, von dem man die »Cura nigra« für den einheimischen Verbrauch, und die mit Salpeter vermengte »Cura seca« für die Ausfuhr gewinnt, endlich Tonkabäume (Dypterix), deren Bohnen so gesucht sind, und Sarrapias, deren Schoten als Gewürz dienen. Nur einiger Arbeit bedurfte es, und die frisch umbrochenen, geeggten und besäeten Felder gaben reiche Ernten an Maniocwurzeln, Zuckerrohr und an dem unerschöpflichen Mais, der jährlich viermal zur Reise kommt und von dem aus einem einzigen Samenkorn fast vierhundert Stengel aufkeimen.
    Wenn der Erdboden dieser Gegend eine so überraschende Fruchtbarkeit aufwies, die durch verständige Culturmethoden noch gesteigert werden sollte, so kam das daher, daß er noch in ganz jungfräulichem Zustande war. Nichts hatte bisher seine vegetative Kraft erschöpft. Zahlreiche kleine Bäche plätscherten, sogar im Sommer, über ihn hin und ergossen sich schließlich in den Rio Torrida, der dem Bett des Orinoco im Winter eine beträchtliche Wassermenge zuführte.
    Am linken Ufer dieses aus den Abhängen des Roraima entspringenden Rios erheben sich die ersten Baulichkeiten der Mission, nicht einfache Strohhütten, sondern kleine Wohnstätten, die sich mit den besten bei den Banivas und den Mariquitarern mindestens messen konnten. La Urbana, Caïcara und San-Fernando de Atabapo hätten auf die festen und bequemen Häuschen mit Recht neidisch sein können.
    Das Dörfchen entstand am Fuße eines von der Sierra Parima getrennt aufragenden Cerro, dessen letzte Ausläufer gesunde und schöne Bauplätze darboten.
    Am Fuße einer Böschung und im kühlen Schatten einer großen Palme erhob sich das in einfachstem Style erbaute Kirchlein von Santa-Juana, zu dem die Steine aus der Sierra geholt worden waren. Heute genügte das kleine Gotteshaus kaum noch für die Menge der Gläubigen, die die Predigten des Pater Esperante und die sinneberückenden Ceremonien des katholischen Gottesdienstes herbeilockten, während die spanische Sprache allmählich auch an Stelle des Idioms der Guaharibos trat. Daneben hatten sich übrigens noch, vom Leiter der Mission hochwillkommen geheißen, etwa fünfzig Weiße von venezuolanischer Abkunft in dem aufblühenden Dorfe angesiedelt.
    Von Jahr zu Jahr war auf dem Orinoco Alles herbeigeschafft worden, was zur Gründung und Weiterentwicklung der kleinen Ortschaft gebraucht wurde, und so erklärt es sich, daß sie nach und nach bis nach San-Fernando, später auch bis Ciudad-Bolivar und Caracas vielfach genannt wurde. Dem Congreß des Staates lag es auch nahe, ein so hohe civilisatorische Zwecke verfolgendes Unternehmen zu unterstützen, das berufen schien, bisher werthlose, große Gebiete aufzuschließen und Volksstämme, deren Entartung und Elend ihre vollständige Vernichtung herbeizuführen drohten, auf eine höhere geistige Stufe zu heben.
    Wenn von dem die Bäume etwas überragenden kleinen Thurme die feierlichen Glockentöne erklangen, hätte gewiß jedermann den kirchlichen Eifer der blühenden und in anständiger Bekleidung herzuströmenden Eingebornen bewundert. Männer und Frauen, Kinder und Greise – Alles drängte sich um den Pater Esperante.
     

    Die Mission von Santa-Juana.
     
    Ja, bei dem von Natur lebhaften Ausdruck ihrer Dankbarkeit wären sie, wie vor der Kirche, am liebsten auch noch vor dem unter einer Palmengruppe errichteten Pfarrhause in die Knie gesunken. Sie fühlten sich glücklich, ihre Familien blühten auf, sie lebten ohne Noth und Sorge und vertauschten mit Vortheil ihre Bodenerzeugnisse gegen die Industrieproducte, die vom untern Orinoco heraufkamen – kurz, ihre Lage verbesserte sich

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