Der stolze Orinoco
selbst hinzogen.
Noch immer war nichts Verdächtiges zu sehen.
Vielleicht hatten sich die Quivas an der Furt von Frascaes in den Hinterhalt gelegt?…
Gegen ein Uhr mittags wies Gomo nach einer wenige hundert Schritt entfernten Biegung des Rio hin, der sich da mehr nach Osten wandte und unter nackten Felsmassen verschwand.
»Dort ist es, sagte er.
– Dort?« wiederholte Jacques Helloch, der den Uebrigen ein Zeichen gab, stehen zu bleiben.
Er selbst ging etwas weiter vorwärts, um den Lauf des Rio Torrida übersehen zu können, und überzeugte sich, daß sein Bett an dieser Stelle von Steinen und Sandflächen halb angefüllt war, zwischen denen sich nur dünne, leicht zu überschreitende Wasserfäden hinzogen.
»Wollen Sie, daß ich vorausgehe und die Furt an beiden Ufern besichtige? fragte Valdez.
– Ja, thun Sie das, Valdez, doch wagen Sie sich aus Vorsicht nicht bis zum andern Ufer hinüber und kommen sogleich zurück, wenn Sie den Weg frei gefunden haben.«
Valdez ging sofort und war schon nach wenigen Minuten bei der Biegung des Torrida verschwunden.
Jacques Helloch, Jean, der Sergeant Martial, Gomo und die Träger blieben in dicht geschlossener Gruppe nahe dem Ufer stehen. Germain Paterne hatte sich niedergesetzt.
So sehr er sich sonst zu beherrschen verstand, konnte Jacques Helloch seine trüben Ahnungen jetzt doch nicht verbergen.
Da fragte Gomo:
»Warum gehen wir nicht weiter?
– Ja, warum? setzte Jean hinzu. Und warum ist Valdez jetzt vorausgegangen?«
Jacques Helloch gab keine Antwort. Er entfernte sich selbst von der Gruppe und ging einige Schritte nach dem Rio zu, um das andre Ufer genauer sehen zu können.
Fünf Minuten verstrichen… solche Minuten, die einem wie ebensoviele Stunden erscheinen.
»Dort ist es,« sagte der junge Indianer. (S. 358.)
Jeanne war zu Jacques Helloch gegangen.
»Warum kommt denn Valdez nicht zurück? fragte sie, indem sie in seinen Augen zu lesen versuchte.
– Er kann ja nicht mehr lange ausbleiben,« begnügte sich Jacques Helloch zu antworten.
Fünf Minuten, noch weitere fünf Minuten vergingen… niemand sprach ein Wort.
Valdez hätte nun zum Hin-und Rückwege gewiß Zeit genug gehabt, und doch erschien er nicht wieder.
Man hatte keinen Hilferuf vernommen, überhaupt nichts, was einen hätte erschrecken können.
Jacques Helloch gelang es, die Andern sich noch einmal fünf Minuten gedulden zu lassen. Gewiß bot es ja nicht mehr Gefahr, bis zur Furt von Frascaes zu gehen, als hier auf der Stelle zu verweilen oder ganz wieder umzukehren. Sollte die kleine Gesellschaft angegriffen werden, so war das stromaufwärts ebenso wie stromabwärts zu befürchten.
»Weiter, weiter!« sagte endlich Jacques Helloch.
Er setzte sich an die Spitze und seine Gefährten folgten ihm, ohne noch eine Frage an ihn zu richten. So gingen sie gegen dreihundert Schritt weit am steilen Ufer hin und gelangten damit an die Biegung des Rio Torrida wo sie nach der Furt von Frascaes hinuntersteigen sollten.
Fünf Schritte vor den Uebrigen ließ sich der junge Indianer hinabgleiten und betrat schon die ersten, vom Wasser benetzten Steine.
»Pater Esperante!…« rief der junge Indianer. (S. 373.)
Da erhob sich plötzlich ein entsetzliches Geschrei auf dem linken Ufer, nach dem Jacques Helloch und seine Gefährten eben hinübergehen wollten.
Etwa hundert Quivas liefen von allen Seiten herbei und stürzten sich, die Waffen schwingend und drohende Rufe ausstoßend, auf die Furt zu.
Jacques Helloch fand gar nicht die Zeit, sich durch Gewehrschüsse zu vertheidigen, und was hätte auch seine Flinte, sowie die Germain Paterne’s und des Sergeanten Martial, was hätten die Revolver der Bootsleute gegen hundert bewaffnete Feinde, die die Furt besetzt hielten und sie sperrten, auch auszurichten vermocht?
Urplötzlich von dem Raubgesindel umringt, gab es für Jacques Helloch und seine Gefährten gar keine Möglichkeit, diesen Angriff abzuwehren.
Im nämlichen Augenblick wurde Valdez unter einer Gruppe laut kreischender Quivas sichtbar.
»Valdez! rief ihm Jacques Helloch zu.
– Die Schurken haben mich in einer Vertiefung des Bodens gefangen, antwortete der Führer der »Gallinetta«.
– Mit wem haben wir’s eigentlich zu thun? fragte Germain Paterne.
– Mit der Rotte der Quivas, erwiderte Valdez.
– Und mit ihrem Anführer!« setzte eine drohende Stimme hinzu.
Dicht am Ufer stand jetzt ein Mann und neben ihm drei Individuen, die offenbar keinem
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