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Der stolze Orinoco

Der stolze Orinoco

Titel: Der stolze Orinoco Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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Sachs berichtet. Man erzählt sich, versichert er, daß ein neben einer Lagune dieser Gegend lagerndes Reiterregiment sich vierzehn Tage lang ausschließlich von solchen Wildenten ernährt habe, ohne daß nur eine Abnahme der Schaaren dieser Vögel bemerkt worden wäre.
    Die Jäger von der »Gallinetta« und der »Maripare« verminderten ebensowenig wie das Reiterregiment die Legionen dieses Geflügels. Sie begnügten sich, davon einige Dutzend zu erlegen, die dann mittels der Curiares von der Wasserfläche aufgefischt wurden. Dem jungen Mann gelangen einige recht glückliche Schüsse, zur großen Genugthuung des Sergeanten Martial, und da dieser sich sagte, daß eine Höflichkeit eine andre werth sei, übersandte er Herrn Miguel und seinen Gefährten, die damit schon reichlich genug versehen waren, einen Theil der Jagdbeute. Er wollte gegen die andre Gesellschaft keine Verbindlichkeiten haben.
    Am nächsten Tage hatten die Führer der Piroguen öfters Gelegenheit, ihre Gewandtheit in der Vermeidung von Felsenvorsprüngen zu beweisen. Stießen sie gegen einen solchen an, so bedeutete das, bei dem infolge des Regens hohen Wasserstande, den Verlust des ganzen Fahrzeugs. Das Manöver erforderte nicht allein eine ganz sichere Handhabung der Pirogue am Hintertheile, sondern es galt daneben auch, auf abschwimmende Baumstämme zu achten und ihnen aus dem Wege zu gehen. Diese Bäume rührten alle von der Insel Zamuro her, deren stückweiser Zerfall schon vor einigen Jahren begonnen hatte. Die Insassen der Piroguen konnten sich durch den Augenschein überzeugen, daß die genannte, vielfach unterspülte Insel ihrer gänzlichen Zerstörung entgegenging.
    Die Falcas lagen die Nacht über an der stromaufwärts gerichteten Spitze der Insel Casimirito fest. Sie fanden hier hinreichenden Schutz gegen einzelne Windstöße, die sich mit ungeheurer Gewalt entfesselten. Einige leere, gewöhnlich von Schildkrötensängern benützte Hütten dienten den Passagieren als sichrerer Schutz, als ihn das Deckhäuschen bot. Hier ist aber nur von den Passagieren der »Maripare« die Rede, denn die von der »Gallinetta« gingen trotz erhaltener Aufforderung nicht mit ans Land.
    Uebrigens war es vielleicht nicht einmal klug, die Insel Casimirito zu betreten, die außer von vielen Affen auch von Pumas und Jaguaren bevölkert ist. Zum Glück nöthigte der Sturm die Raubthiere, sich in ihre Schlupfwinkel zu verkriechen, wenigstens wurde das nächtliche Lager nicht angegriffen. Wenn es in der Luft einmal ruhiger war, vernahm man wohl dann und wann ein wildes Brüllen und lärmendes Geschrei einer Affenart, die den Namen Heulaffen, den ihnen die Naturforscher gegeben haben, gründlich verdient.
    Am folgenden Morgen zeigte der Himmel ein etwas freundlicheres Gesicht. Die Wolken hatten sich noch mehr gesenkt, und an Stelle des in hohen Luftschichten gebildeten Platzregens rieselte es ganz sein, wie Wasserstaub, hernieder, und auch das hörte mit Tagesanbruch bald auf. Dann und wann blickte die Sonne durch das Gewölk und eine Nordostbrise frischte auf, bei der die Piroguen ihr Segel voll ausnutzen konnten, da der Strom hier und jenseits Buena Vista nach Westen abbiegt, ehe er sich mehr nach Süden wendet.
    Das Bett des jetzt sehr breiten Orinoco bot da einen Anblick, über den Jean von Kermor und der Sergeant Martial als Nanteser wohl stutzen mochten. Das veranlaßte den alten Soldaten auch zu der Bemerkung:
    »He, lieber Neffe, sieh’ Dich doch einmal um, wo wir heute sind…«
    Aus dem Deckhause tretend, begab sich der junge Mann nach dem Vordertheile des Fahrzeugs, dessen Segel sich hinter ihm blähte. Die sehr klare Luft ließ überall den entfernten Horizont der Ilanos erkennen.
    Da vervollständigte der Sergeant Martial noch seine Worte.
    »Sollten wir etwa gar nach unsrer geliebten Bretagne zurück versetzt sein? sagte er.
    – Ich verstehe Dich, antwortete Jean, hier gleicht der Orinoco ganz der Loire…
    – Ja, Jean, unsrer Loire oberhalb wie unterhalb Nantes’. Siehst Du dort die gelben Sandbänke? Wenn hier ein halbes Dutzend Küstenfahrer mit ihrem großen viereckigen Segel einer im Kielwasser des andern dahinzögen, würd’ ich glauben, wir müßten bald in Saint-Florent oder in Mauves ankommen!
    – Du hast recht, mein guter Martial, die Aehnlichkeit ist frappierend. Die weiten Ebenen, die sich längs der beiden Ufer ausdehnen, erinnern mich jedoch eher an die Wiesenflächen der untern Loire, wie bei Pellerin oder bei Paimboeuf…
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