Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der stolze Orinoco

Der stolze Orinoco

Titel: Der stolze Orinoco Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
Vom Netzwerk:
zu Ende bewahrt? Wer weiß denn, ob wir nicht gezwungen sein werden, bis an seine Quellen zu gehen?
    – Ja, wer weiß das, brummte der Sergeant Martial, und wer weiß, was uns da unten passiert!«
    Im Laufe des 20. August verminderte sich, während der Wind mehr nach Norden umlief, die Heftigkeit des Chubasco zusehends. Hielt sich der Wind in dieser Richtung, so konnten ihn die Piroguen mit Vortheil benutzen. Gleichzeitig fiel auch das Wasser – der Strom trat in sein gewöhnliches Bett zurück. Die beiden Schiffer Martos und Valdez erklärten, daß man am nächsten Tage vormittags abfahren könne.
    Das fand denn auch unter den günstigsten Bedingungen statt. Gegen zehn Uhr hatten sich die Bewohner des Orts nach dem Ufer begeben. Die Flagge Venezuelas flatterte an der Mastspitze jeder Pirogue. Auf dem Vordertheile der »Maripare« standen die Herren Miguel, Felipe und Varinas und beantworteten grüßend die Zurufe der Einwohner.
    Dann drehte sich Herr Miguel nach der »Gallinetta« um.
    »Glückliche Reise, Herr Sergeant! rief er heitern Tones.
    – Glückliche Reise, Herr Miguel! erwiderte der Sergeant, denn wenn sie für Sie glücklich verläuft…
    – So wird das auch für uns Alle der Fall sein, fuhr Herr Miguel fort, denn wir machen sie ja zusammen!«
    Die Palancas stemmten sich gegen die Ufer, die Segel wurden gehißt, und, von günstiger Brise getrieben, glitten die beiden Fahrzeuge unter den letzten Vivats vom Land her der Mitte des Stromes zu.
Sechstes Capitel.
Von einer Insel zur andern.
    Die Fahrt auf dem mittleren Orinoco hatte also begonnen. Viele eintönige Stunden und Tage sollten nun an Bord der Piroguen dahingehen. Welche Verzögerungen gab es auf diesem Strome, der sich zu einer schnellen Schifffahrt thatsächlich wenig eignet! Für Herrn Miguel und seine Begleiter gab es diese Eintönigkeit freilich kaum. Schon am Zusammenfluß des Guaviare und des Atabapo sollten sie ja ihre geographischen Arbeiten beginnen, die hydrographischen Verhältnisse eingehender erforschen, die Lage der zahlreichen Zuflüsse und Inseln studieren, die Stellen der vielen Raudals bestimmen und überhaupt die Irrthümer berichtigen, an denen es den bisherigen Karten dieses Landestheiles nicht mangelte. Für Gelehrte, die noch immer mehr zu lernen streben, vergeht die Zeit ja im Fluge.
    Es war vielleicht zu bedauern, daß der Sergeant Martial so heftig dagegen gestimmt hatte, die Reise in einunddemselben Fahrzeuge zu unternehmen, denn dann wären ihnen die Stunden wohl nicht so endlos lang vorgekommen. In diesem Punkte hatte der Onkel aber hartnäckig seinen Kopf aufgesetzt und der Neffe übrigens nicht den geringsten Einwand erhoben, als ob es eben so sein müsse.
    Der junge Mann mußte sich damit begnügen, das Werk seines Landsmannes, das übrigens in Bezug auf alles, was den Orinoco betrifft, höchst zuverlässig ist, immer und immer wieder durchzustudieren, und einen bessern Führer, als jenen französischen Reisenden, hätte er auch gar nicht finden können.
    Als die »Maripare« und die »Gallinetta« die Strommitte erreicht hatten, bemerkte man die Cerros (Hügel), die die benachbarten Ebenen unterbrechen. Gegen elf Uhr wurde am linken Ufer ein Haufen von Hütten sichtbar, der am Fuße granitner Anhöhen lagerte. Es war das Dorf Cabruta, das aus etwa fünfzig Strohhütten bestand, und wenn man deren Zahl mit acht multiplicierte, erhielt man annähernd die seiner Einwohner. Hier verdrängten seiner Zeit Mestizen die jetzt thatsächlich zerstreuten Guamos-Indianer, Eingeborne, deren Haut übrigens weißer ist, als die der Mulatten. Da jetzt grade Regenzeit war, konnten der Sergeant Martial und Jean von Kermor doch einzelne der Guamos, die dann auf ihren Baumrindenbooten dem Fischfange obliegen, zuweilen in großer Nähe beobachten.
    Der Schiffer der »Gallinetta« sprach spanisch. Der junge Mann richtete häufig verschiedene Fragen an ihn, die Valdez willig beantwortete. Am Abend, als die Falca sich mehr dem rechten Ufer näherte, sagte Valdez zu Jean:
     

    Mehrere solcher ungeschlachter Saurier tummelten… (S. 75.)
     
    »Dort sehen Sie Capuchino, eine alte, aber schon längst verlassene Mission.
    – Denken Sie da anzulegen, Valdez? fragte Jean.
    – Das ist nicht zu umgehen, da der Wind in der Nacht ganz abflauen wird. Uebrigens befährt man schon aus Vorsicht den Orinoco nur am Tage, denn viele enge Fahrstellen wechseln zu häufig in ihrer Lage und man braucht unbedingt helle Beleuchtung, um sich zurecht zu

Weitere Kostenlose Bücher