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Der stolze Orinoco

Der stolze Orinoco

Titel: Der stolze Orinoco Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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finden.«
    Die Schiffer pflegen in der That jeden Tag an einem der Ufer oder einer Insel anzulegen. Auch die »Maripare« ging jetzt am Strande von Capuchino ans Land. Nach dem Abendessen, bei dem einige von den Fischern von Cabruto erkaufte Fische von der Art der Dorades aufgetragen wurden, verfielen die Passagiere der Piroguen bald in tiefen Schlaf.
    Wie der Schiffer Valdez vorausgesagt hatte, legte sich der Wind schon in den ersten Nachtstunden ganz und gar, sprang aber mit Tagesanbruch wieder auf und wehte stetig aus Nordost. Die Segel wurden also gehißt, und mit dem Winde im Rücken trieben die beiden Falcas ohne Unfall den Strom hinaus.
    Capuchino gegenüber zeigte sich die Mündung des Apurito, eines Armes des Apure. Das eigentliche Delta dieses mächtigen Nebenflusses wurde erst zwei Stunden später sichtbar. Auf diesem Nebenflusse dampft der »Simon Bolivar«, nachdem er Caïcara verlassen hat, weiter nach den im Westen von den Anden begrenzten Gebieten Columbias.
    Mit Bezug hierauf fragte Herr Miguel seine beiden Gefährten, warum denn der Apure nicht weit eher als der Atabapo oder Guaviare der eigentliche Orinoco sein könne.
    »Sapperment! fuhr Herr Felipe auf. Kann denn der Apure überhaupt etwas anderes sein, als der Zufluß eines Stromes, der hier fast dreitausend Meter breit ist?
    – Und ist sein Wasser nicht trüb und weißlich, rief Herr Varinas, während das hier schon von Ciudad-Bolivar an klar und durchsichtig ist?
    – Das geb’ ich zu, sagte Herr Miguel lächelnd, wir wollen den Apure also außer Concurs setzen; unterwegs finden sich schon noch andre Mitbewerber.«
    Herr Miguel hätte hier wenigstens anführen können, daß der Apure unvergleichlich reichere Ilanos als die des Orinoco befruchtet und daß er ihn wirklich nach Westen fortzusetzen scheint, während letzterer, einen scharfen Winkel bildend, von San-Fernando her aus Süden heranströmt. Auf einer Strecke von fünfhundert Kilometern, fast bis nach Palmirito, folgen die Dampfer, die von seiner Mündung nicht weiter (den Orinoco) hinausfahren können, seinem wasserreichen Laufe. Man hat ihn mit Recht den »Strom der Ilanos« genannt, der weiten, für jede Cultur geeigneten Flächen, die vorzüglich zur Aufzucht von Schlachtvieh dienen und die kräftigste und arbeitsamste Bevölkerung des innern Venezuela aufweisen.
    Hier hätte erwähnt werden können – und Jean sollte sich davon mit eignen Augen überzeugen – daß es in dem weniger durchsichtigen Wasser von Kaimans wimmelt, die sich infolge dieser Eigenschaft ihrer Beute weit leichter nähern können. Mehrere solcher ungeschlachter Saurier tummelten sich zuweilen nur wenige Fuß von der »Gallinetta«. Volle sechs Meter lang, kommen diese Riesen vom Krokodilgeschlechte in den Nebenflüssen des Orinoco in großer Menge vor, während die in den Flußläufen, die die Ilanos durchschneiden, von geringerer Größe sind.
    Auf eine bezügliche, von dem jungen Manne gestellte Frage antwortete der Schiffer Valdez:
    »Wirklich gefährlich sind diese Bestien nicht alle, denn es giebt welche – unter andern die Bavas – die nicht einmal einen Badenden angreifen. Die Cebados freilich, das sind die Burschen, die schon Menschenfleisch gekostet haben, würden nicht zaudern, bis in die Boote zu dringen und Einen mit Haut und Haar zu verzehren!
    – Na, sie sollen nur herankommen! rief der Sergeant Martial.
    – Nein, sie mögen uns fern bleiben, lieber Onkel!« antwortete Jean, indem er auf eines der ungeheuern Thiere hinwies, dessen mächtige Kiefern sich geräuschvoll öffneten und schlossen.
    Krokodile sind es übrigens nicht allein, die die Gewässer des Orinoco und seiner Nebenflüsse unsicher machen; man trifft auch Cariben, das sind Fische von solcher Körperkraft daß sie die stärksten Angelhaken mit einem Schlage zerbrechen, und deren, von dem Worte Caraïba abgeleiteter Name sie als Wasser-Cannibalen kennzeichnet. Außerdem hat man alle Ursache, sich vor den Zitterrochen und Zitteraalen zu hüten, vor jenen Gymnoten, die hier Trembladors (Erschütterer) genannt werden. Mit einem sehr sinnreich zusammengesetzten (elektrischen) Organe ausgerüstet, tödten sie andere Fische mit ihren Entladungsschlägen, die auch ein Mensch nicht ungestraft aushalten würde.
    Im Laufe dieses Tages segelten die Falcas an mehreren Inseln vorüber, längs deren Ufer die Strömung sehr stark war, so daß zum Fortkommen wiederholt die an einer dicken Wurzel befestigte Espilla zu Hilfe gezogen werden

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