Der Strahlenpirat
Ihren Hammer? Ihren Schreibstift? Eine markierte Münze? Oder sonst etwas?«
»Ich würde Ihnen meine Brille geben«, sagte Richter Hamilton, »nur kann ich ohne sie nicht gut sehen.«
»Sie würde weder zerbrechen, noch sonst beschädigt werden.«
»Da habe ich auch keine Bedenken, aber ich möchte das Experiment beobachten, und ohne Brille wäre mir das nicht möglich.«
»Verständlich. Hätten Sie sonst etwas?«
»Meine Uhr. Ich würde sie auf den ersten Blick wiedererkennen.« Er händigte Tinken die Uhr aus. Sie war von beachtlicher Größe.
Tinken betrachtete sie interessiert und lächelte. »Sie ist sehr alt, nicht wahr? Ein Prachtstück für einen Sammler.«
Hamiltons Gesicht leuchtete auf. »Es gibt nur noch neun Stück ihresgleichen im ganzen Sonnensystem. Und ich weiß, wo die anderen acht sind.«
»Gut. Wir legen sie obenauf. Ich muß sie jedoch anhalten, weil die Unruh während der Übermittlung möglicherweise zu einer Unregelmäßigkeit führen könnte.«
»Wie steht es mit der Federspannung?«
»Da brauchen Sie sich keine Sorgen zu machen. Wir haben bereits mehrmals gespannte Federn gesendet. Meine Herrschaften, ich bitte Sie, ein wenig Platz zu machen, wir wollen beginnen.«
Don Channing inspizierte die Geräte selbst noch, um sich zu vergewissern, daß alles in Ordnung war. Dann nickte er Walt Franks am Empfänger zu und begann mit den Vorbereitungen.
»Wir synchronisieren die beiden Maschinen«, erklärte er. »Absolute Synchronisierung ist erforderlich. Fertig, Walt?«
»Fertig.«
Channing drückte auf einen Knopf. Eine Minute lang war ein Summen und das Knistern von Ozon zu hören, und von beiden Kästen ging eine leichte Wärmewelle aus.
»Jetzt ist es soweit!« rief Walt Franks.
Mit siegessicherer Miene öffnete er den Schrank und griff hinein.
Sein Gesicht wurde lang und färbte sich tiefrot. Er öffnete die Lippen, aber brachte keinen Ton heraus. Er bemühte sich, tief Atem zu holen und schüttelte ungläubig den Kopf. Ganz langsam holte er die Uhr des Richters heraus und händigte sie Don aus.
Natürlich wußte Don schon von Walts Gesichtsausdruck, daß etwas sehr, sehr schief gegangen war. Vorsichtig, aber schnell legte er die Finger um die Uhr. Er fürchtete sich davor, sie anzusehen, doch gleichzeitig brannte die Neugier der Besorgnis in ihm.
Die Uhr hatte ihre Form in allen drei Dimensionen verloren. Sie war nicht mehr linsenförmig, sondern hatte eine leichte Wellenstruktur angenommen. Das runde Gehäuse war wellenförmig verzogen und das Zifferblatt machte diese Wellenbewegung getreulich mit. Auch die Zeiger erstreckten sich wellenförmig über den Bergen und Tälern des Zifferblatts. Ohne die Uhr zu öffnen, wußte Channing, daß ihre Eingeweide ebenfalls der gleichen Verformung unterzogen waren. Ohnehin wäre es gar nicht möglich gewesen, das Gehäuse zu öffnen – es besaß ein Gewinde, dessen Gänge konform mit Gehäuse und Deckel auf und ab wanderten. Der Aufzug ließ sich nicht drehen und als Channing die Uhr vorsichtig schüttelte, raffte sie sich nur noch zu einem einzigen letzten Tick auf, der das verbliebene Spiel in der gequälten Unruh verbrauchte.
Er wandte sich dem Richter zu. »Es sieht aus, als hätten wir …«
»Ihr verdammten Narren und Idioten!« brüllte Richter Hamilton aufgebracht. »Nur neun Stück …«
Er drehte sich um und schritt steif zu seinem Stuhl zurück, und Channing zum Zeugenstand.
»Wie erklären Sie sich das?« donnerte der Richter.
»Ich habe nur eine Erklärung«, antwortete Don leise. »Wir haben die Netzteile so aufgebaut, daß sie die übliche Netzfrequenz ausfiltern. Buffalo benutzt aber immer noch die alte Netzfrequenz von fünfundzwanzig Hertz. Dafür reichen unsere Drosselspulen und Kondensatoren nicht aus, da ihr Scheinwiderstand mit der Frequenz …«
»Genug!« wütete Hamilton. »Ich … Nein, ich sage es lieber nicht, schließlich sitze ich auf dem Richterstuhl und möchte mich nicht selbst der Beleidigung schuldig machen. Fahren Sie fort, Anwalt Kingman.«
Schnell nahm Kingman die Chance wahr, und ehe es jemandem bewußt wurde, daß eigentlich noch Tinken an der Reihe war, sagte er: »Dr. Channing, können Sie einen Kanister Benzin durch diesen – äh – sogenannten Materiesender schicken?«
»Selbstverständlich.«
»Dann, Euer Ehren, ist es meine Meinung, daß dieses Instrument, gleichgültig welche Mittel es benutzt, oder was sein Zweck ist, die subelektronischen Effekte benutzt, um Energie zu
Weitere Kostenlose Bücher