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Der Strand von Falesa

Der Strand von Falesa

Titel: Der Strand von Falesa Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Louis Stevenson
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habe Furcht.«
    »Und es bleibt also dabei, ich bin um nichts und wieder nichts unter Tabu?«
    »Ich sage Ihnen: Sie stehen
nicht
unter Tabu! Die Kanaken werden nicht mit Ihnen verkehren, das ist alles. Und wer kann sie dazu zwingen? Und ich muß sagen: Wir Händler machen viele Ansprüche; wir zwingen diese armen Kanaken, ihre eigenen Gesetze umzustoßen, ihre Tabus aufzuheben und dergleichen, wenn es uns gerade so paßt. Aber Sie können doch nicht im Ernst sagen, daß Sie ein Gesetz erwarten, das die Leute zwingt, in Ihrem Laden Geschäfte zu machen, ob sie's wollen oder nicht. Sie wollen mir nicht im Ernst sagen, daß Sie Ihre Ansprüche so weit treiben? Und wenn Sie das täten, so wäre es etwas schnurrig, grade mir mit so etwas zu kommen. Ich möchte mir erlauben, Sie darauf aufmerksam zu machen, Wiltshire, daß ich selber ein Geschäft habe.«
    »Ich glaube, an Ihrer Stelle würde ich nicht von Ansprüchen reden. So gut ich die Sachlage verstehe, läuft es auf folgendes hinaus: Kein Mensch darf mit mir Geschäfte machen, und so müssen alle mit Ihnen Geschäfte machen. Sie kriegen alle Kopra, und ich kann zum Teufel gehen und mit mir selber Geschäfte machen. Und ich verstehe kein Wort von der Eingeborenensprache, und Sie sind der einzige in Betracht kommende Mensch hier, der englisch spricht. Und Sie haben die Dreistigkeit, mir zu verstehen zu geben, daß ich in Lebensgefahr bin, und alles, was Sie mir darüber zu sagen haben, ist: Sie wissen nicht, warum!«
    »Nun ja – es
ist
alles, was ich Ihnen zu sagen habe. Ich weiß es nicht; ich wollte, ich wüßte es.«
    »Sie drehen mir also den Rücken zu und überlassen mich mir selber! Steht die Sache so?«
    »Wenn es Ihnen beliebt, es auf so schroffe Art auszudrücken. Ich fasse es nicht so auf. Ich sage bloß: Ich werde mich von Ihnen fernhalten; oder, wenn ich das nicht tue, komme ich selber in Gefahr.«
    »Na«, sage ich, »Sie sind mir ein schöner weißer Mann!«
    »Ach so, ich verstehe: Sie sind ärgerlich! Wäre ich an Ihrer Stelle auch; wenn Sie wollen, bitte ich Sie um Entschuldigung.«
    »Ach was, machen Sie Ihre Entschuldigungen anderswo! Hier ist mein Weg, da ist Ihrer!«
    Damit trennten wir uns, und ich ging schnurstracks nach Hause, in voller Wut, und da fand ich Uma, die wie ein kleines Kind einen Haufen Waren anprobierte.
    »So! Laß mal den Unsinn sein! Was machst du mir hier für einen Kuddelmuddel? Wie wenn ich nicht schon sonst Sorgen genug hätte! Und hatte ich dir nicht gesagt, du solltest das Essen kochen?«
    Und dann werde ich ihr wohl ein paar harte Worte gegeben haben, wie sie's verdient hatte. Sie stand sofort stramm wie ein Soldat vor seinem Offizier; denn ich muß sagen: Sie war stets wohlerzogen und hatte einen großen Respekt vor Weißen.
    »Und nun hör mal!« sagte ich. »Du bist hieraus der Gegend, du mußt mit der Geschichte Bescheid wissen; warum in aller Welt bin ich unter Tabu? Oder wenn ich nicht unter Tabu bin, was macht den Leuten Angst vor mir?«
    Sie stand da und sah mich an mit Augen so groß wie Teetassen.
    »Ihr nicht wissen?« stieß sie zuletzt hervor.
    »Nein, wie kannst du denn glauben, daß ich das weiß? Solchen Blödsinn haben wir nicht bei mir zu Hause.«
    »Ese nicht sagen Euch?« fragte sie wieder.
    ›Ese‹ war der Name, den die Eingeborenen Case gaben; er soll ›ausländisch‹ oder ›außergewöhnlich‹ bedeuten, oder auch ›Paradiesapfel‹; höchstwahrscheinlich war es aber nur sein richtiger Name, den die Kanaken falsch gehört und auf ihre Weise wiedergegeben hatten.
    »Keine Ahnung«, sagte ich.
    »Verdammt Ese!« rief sie.
    Es mag Ihnen schnurrig vorkommen, daß so ein Kanakenmädchen einen solchen dicken Fluch ausstieß. Aber sie fluchte gar nicht! Sie dachte gar nicht an fluchen, sie war auch nicht ärgerlich; sie war über jeden Ärger hinaus und meinte das Wort ganz einfach und mit allem Ernst. Hoch aufgerichtet stand sie da, als sie es sagte. Ich muß sagen, ich habe niemals ein Weib so dastehen sehen, weder vorher noch später, und ich war sprachlos. Dann machte sie eine Art von Verbeugung, aber ganz, ganz stolz, reckte ihre offenen Hände vor und sagte:
    »Ich mich schämen! Ich denken, Ihr wissen. Ese er sagen mir Ihr wissen; er sagen mir, Ihr nicht kümmern; sagen mir, Ihr lieben mich
zu
viel. Tabu mich angehen«, sagte sie, und dabei berührte sie ihre Brust, wie sie's an unserm Hochzeitsabend gemacht hatte. »Nun ich weggehen, Tabu auch weggehen. Dann Ihr kriegen
zu
viel Kopra. Ihr

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